Ein kalter Strom
Man kann die Havel und die Oder zur Ostsee nehmen oder bis mitten nach Polen hinein und in die Tschechische Republik. In der anderen Richtung erreicht man Rotterdam, Antwerpen, Ostende, Paris, Le Havre. Oder man kann den Rhein und die Donau bis zum Schwarzen Meer hinunterfahren. Und niemand achtet besonders darauf. Wenn man ordnungsgemäße Siegel an seinen Containern und die richtigen Dokumente hat, braucht man sich keine Sorgen zu machen.«
»So transportierst du deine Ware?«, fragte Carol verwirrt.
Er nickte. »Die Rumänen lassen sich sehr leicht bestechen. Die Drogen kommen über das Schwarze Meer oder von den Chinesen als Bezahlung für ihre Reise. Die Waffen stammen von der Krim. Die Illegalen kommen mit Touristenvisa nach Budapest oder Bukarest. Und alle werden in Container mit offiziellen Zollsiegeln gepackt und kommen hierher, wo ich sie haben will.«
»Du packst Menschen in Container? Wochenlang?«
Er lächelte. »Es ist nicht so schlimm. Wir haben Container mit besonderen Luftfiltern. Es gibt Chemie-Toiletten. Genug Wasser und Essen, damit sie nicht verhungern. Ehrlich gesagt, es ist ihnen egal, wie schlimm die Bedingungen sind, wenn sie nur in irgendeinem netten EU -Land mit Sozialsystem landen können, wo es das Asylverfahren fast unmöglich macht, sie wieder loszuwerden. Das ist einer der Gründe, warum sie dein Land so lieben«, fügte er hinzu und drückte leicht ihre Finger.
»Du lädst sie also alle in den Häfen am Schwarzen Meer ein? Und alle sehen einfach weg?« Selbst in Anbetracht bestechlicher Beamter, fand Carol, wäre eine solche Operation ziemlich riskant.
Er lachte. »Wohl kaum. Nein, wenn die Container Agigea verlassen, sind sie mit ganz legalen Gütern beladen. Aber ich habe eine kleine Werft etwa fünfzig Kilometer entfernt von Bukarest. In der Nähe von Giurgiu. Die Schiffe fahren da hinein, und die Ladungen werden – wie soll ich sagen? – korrigiert. Die legalen Waren werden auf Lastwagen umgeladen. Und unsere zahmen Zollbeamten ersetzen die Siegel, so dass alles genau so ist, wie es sein sollte.« Er ließ ihre Hand los und legte ihr den Arm um die Schultern. »Du siehst, wie groß mein Vertrauen in dich ist, dass ich dir all dies sage.«
»Ich weiß es zu schätzen«, sagte Carol und versuchte, ihre Freude darüber zu verbergen, dass sie diese kostbaren Informationen gewonnen hatte. »Wie viele Container hast du denn normalerweise laufen?«, fragte sie. Es war etwas, was Caroline als Geschäftsfrau würde wissen wollen.
»Zwischen dreißig und vierzig«, sagte er. »Manchmal ist nur eine kleine Menge Heroin an Bord, aber trotzdem heißt das, dass man den ganzen Container braucht.«
»Das ist eine hohe Investition«, sagte Carol.
»Glaub mir, Caroline, jeder Container bringt jedes Jahr ein Vielfaches seines Wertes. Es ist eine lukrative Sache. Wenn das Geschäft mit den Illegalen zwischen uns beiden klappt, könnten wir dann vielleicht auch andere Ware umschlagen?«
»Ich glaube nicht«, sagte sie bestimmt. »Mit Drogen will ich nichts zu tun haben. Es ist zu riskant. Zu viele Dummköpfe glauben, dass man damit leicht Geld macht. Man muss sich mit beschissenen, unzuverlässigen Pennern abgeben, Leute, die man nicht in seiner Stadt und schon gar nicht in seinem Haus haben wollte. Außerdem kümmert sich die Polizei viel zu intensiv um Drogen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das ist deine Entscheidung. Darko gibt sich für mich mit dem Abschaum ab. Ich rede nur mit den Leuten an der Spitze der Pyramide. Wie steht’s mit Waffen? Was meinst du dazu?«
»Ich benutze keine und mag sie nicht.«
Tadeusz lachte entzückt. »So geht es mir mit Drogen. Aber es sind ja nur Geschäfte, Caroline. Du kannst es dir nicht leisten, in Geschäftsdingen sentimental zu sein.«
»Ich bin nicht sentimental. Ich habe einen guten, sehr profitablen Betrieb und will nichts mit Gangstern zu tun haben.«
»Jeder braucht ein zweites profitables Standbein.«
»Deshalb habe ich die Anlagen auf der Airbase gekauft. Deshalb bin ich jetzt hier. Du lieferst mir die Arbeitskräfte, sonst brauche ich nichts.«
Er zog sie etwas näher zu sich heran. »Du wirst sie kriegen.« Er wandte sich ihr zu und küsste sie auf den Mund. »Mit einem Kuss besiegelt.«
Carol lehnte sich leicht an ihn, schließlich war ihr bewusst, dass sie den Widerwillen nicht zeigen durfte, den seine Bekenntnisse in ihr hervorgerufen hatten. »Wir werden gute Partner sein«, sagte sie leise.
»Ich freue mich darauf«,
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