Ein kalter Strom
für Feinschmecker, eine Auswahl beachtlicher Weine und eine Umgebung, die den Chefredakteur einer Lifestyle-Zeitschrift vor Neid erblassen ließe. Nicht zu reden von der Unterhaltung, bei der es um Politik, Musik und Reisen ins Ausland ging, bevor man zum intimeren Thema früherer persönlicher Beziehungen überwechselte.
Aber all dies half Carol nicht über ihr unterschwelliges Unbehagen weg. Sie konnte es sich nie leisten, einen einzigen Moment nicht auf der Hut zu sein, durfte nie vergessen, dass sie statt ihrer eigenen die Vergangenheit einer anderen Frau angenommen hatte, durfte nie auf eine Bemerkung von Tadeusz reagieren, ohne ihre Antwort abzuwägen und zu prüfen. Sie war dem Ziel so nah, aber ein einziger Schnitzer konnte alles zerstören.
Und dabei hatte sie ständig den Aufruhr im Kopf, den Tonys neuerliches Auftauchen in ihr Leben gebracht hatte. Dadurch empfand sie diesen eleganten, berechnenden Flirt mit Tadeusz als doppelt hinterhältig. Weil sie wusste, dass sie den Abend mit Tony und nicht mit dem Mann beschließen würde, der sie so heftig umwarb, bekam alles einen merkwürdigen Unterton und eine vielschichtige Bedeutung.
Jetzt kam er noch einmal mit einem beladenen Tablett aus der Küche. Er stand an der Tür zum Esszimmer und lächelte ihr zu. »Ich dachte, wir könnten den Kaffee im Wohnzimmer nehmen. Es ist bequemer und die Aussicht schöner.«
Gute Masche
, dachte sie. Was er meinte, war natürlich, dass es dort leichter sein würde, sich ihr zu nähern, als an einem Tisch mit den Überresten eines Fünf-Gänge-Menüs. »Hört sich gut an«, sagte sie, stand auf und folgte ihm.
Carol überblickte den Raum, als sie eintrat. Eine Couchgarnitur stand, offensichtlich zum Unterhalten geeignet, über Eck und ein Sessel etwas weiter weg. Wenn sie den Sessel nahm, würde das ausdrücklich Abstand zwischen ihnen schaffen. Zwar wollte sie ihn nicht zu sehr ermutigen, aber sie war mit dieser Aktion noch eine ganze Strecke vom sicher erreichten Ziel entfernt. Bis sie Radecki und Krasic in der Tasche hatte, musste sie ihm ein Gefühl der Nähe geben. Tadeusz hatte ein Tablett auf den niedrigen Tisch aus Stahl und Glas gestellt, der in der Ecke zwischen den beiden Sofas stand. Er sah zu ihr auf, und sein Blick verweilte auf dem engen Cocktailkleid. »Mach es dir bequem«, sagte er und beugte sich vor, um den Kaffee in hauchdünne Porzellantassen zu gießen.
Carol setzte sich auf die Couch in die Nähe des Kaffees und schlug die Beine übereinander in der Hoffnung, dass sie so die richtigen Signale aussenden würde, war sich aber nicht bewusst, dass dies die geschmeidige Linie ihrer Fessel und ihren grazilen Knöchel betonte. Tadeusz lehnte sich über den Tisch und stützte sich mit einer Hand ab, um ihr die Tasse zu reichen. »Cognac?«, fragte er. »Jetzt kann es ja nicht mehr zu früh sein.«
Mit einem leichten Nicken und einem Lächeln ging sie auf seine Anspielung auf ihr früheres Treffen ein; es war das erste Mal, dass er an diesem Abend überhaupt Geschäftliches erwähnte. »Ich hätte lieber einen Grand Marnier, wenn du welchen hast.«
»Dein Wunsch sei mir Befehl.« Er ging zum Tablett mit den Flaschen hinüber und kam mit einem Glas Cognac für sich und einem großzügigen Grand Marnier für sie zurück. Wie sie befürchtet hatte, nahm er die Gelegenheit wahr, sich neben sie zu setzen. So war sie tatsächlich zwischen ihm und der Lehne der Couch eingekeilt.
Sie sind so berechenbar
, dachte sie gelangweilt.
Sie behielt ihren Kaffee in der Hand. Niemand würde so verrückt sein, sich auf eine Frau zu stürzen, die einen heißen Kaffee hielt. »Das war ein wunderbares Essen«, sagte sie. »Ich habe das Gefühl, sehr verwöhnt zu werden. Danke, dass du dir so viel Mühe gemacht hast.«
Er setzte sein Glas ab, damit er die Hände frei hatte. »Es war wirklich keine Mühe. Ein Anruf, und dann musste ich mich einfach an die Anweisungen halten. Den Ofen auf eine bestimmte Temperatur vorheizen. Gericht A reinstellen. Zehn Minuten warten. Gericht B reinstellen, so ungefähr.«
Carol schüttelte den Kopf. »Ach, weißt du, ich wäre mit einer Pizza vom Pizzaservice genauso zufrieden gewesen.«
»Dieses Kleid hat mehr verdient als eine angelieferte Pizza.« Seine Hand wanderte zu ihrem Oberschenkel, und die Fingerspitzen glitten über den feinen Stoff aus Leinen und Seide.
Ach du Scheiße, jetzt geht’s los
, dachte sie. »Kleid und Besitzerin fühlen sich geehrt«, sagte sie.
Er wandte sich
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