Ein kalter Strom
dich gewonnen. Wenn ich dich jetzt anschaue, sehe ich Caroline, nicht Katerina. Das musst du mir glauben.«
»Ich will es ja glauben, Tadzio. Aber ich meine, ich brauche noch ein bisschen Zeit.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich verstehe. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Wir haben es ja nicht eilig. Es tut mir Leid, dass ich zu stürmisch war.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wenigstens hat es die Lage zwischen uns geklärt. Jetzt wissen wir, woran wir sind.«
Es gelang ihm, leicht zu lächeln. »Ich habe ein gutes Gefühl dabei, Caroline.«
»Ich auch, Tadzio. Aber ich will sichergehen.« Sie strich ihr Kleid zurecht und stand auf. »Und jetzt sollte ich, glaube ich, nach Hause fahren.«
Sein Licht war noch an, und die Vorhänge standen offen. Das sah Carol als Erstes, als sie aus Tadeusz’ Mercedes ausstieg und seinem Fahrer Gute Nacht gesagt hatte. Sie fühlte sich zerrauft und leicht beschmutzt nach ihrem Handgemenge auf der Couch, aber es war ihr egal. Das Bedürfnis, Tony zu sehen, war so stark, dass sie keine Zeit verschwenden wollte, um sich wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Die Tür ging so schnell auf, dass es sie fast glauben machte, er hätte auf ihr Klopfen gewartet. Tony lächelte bewundernd, als er sie sah. »Du siehst umwerfend aus«, sagte er und führte sie zur Wohnzimmertür. »Wie ist es gelaufen?«, fragte er und ging hinter ihr hinein. Sie standen nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt. Er fand sie atemberaubend mit ihrem schimmernden Haar vor dem dunklen Fenster und den leicht geöffneten Lippen, die zögernd lächelten. Die Erregung, die er an ihr wahrnahm, machte ihn plötzlich bedrückt. Er wünschte, sie fühlte sich seinetwegen so und nicht wegen eines Fieslings wie Radecki, der schließlich nichts weiter als ein Gangster mit raffinierter Fassade war.
»Es hätte heute früh gar nicht besser gehen können. Er ist mit mir aufs Land gefahren und hat mir gezeigt, wie er seine Schmuggeltransporte auf dem Wasser abwickelt. Und heute Nachmittag haben wir uns mit seinem Spezi Darko Krasic getroffen. Mein Gott, er sieht wie ein totales Scheusal aus. Also das ist einer, bei dem würde eine Frau es sich zweimal überlegen, ob sie ihre Tarnung aufgeben soll. Und er hasst mich. Er würde mir schon das Genick brechen, wenn ein Blick auf mich ihn glauben ließe, ich würde irgendetwas zum Schaden seines teuren Tadzio tun.«
»Gott steh uns gegen eine solche Männerfreundschaft bei. Das muss ja unheimlich gewesen sein«, sagte Tony.
»War es auch. Aber es hat mir geholfen, mich auf die Rolle als Caroline zu konzentrieren. Und es hat funktioniert, Tony, es hat echt funktioniert. Wir haben uns auf ein Geschäft verständigt. Am Wochenende fahren wir nach Rotterdam, um uns die illegalen Einwanderer anzusehen, die er mir schicken wird, und dabei können wir ihn dann festnehmen. Morgan wird sich freuen wie ein Schneekönig, wenn er meinen Bericht bekommt!«
Tony nickte. »Das hast du wirklich gut hingekriegt.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ohne deine Hilfe hätte ich es nicht geschafft.«
»Ach sei nicht albern, natürlich hättest du es gekonnt. Wie ist der Abend also verlaufen? Habt ihr eure neue Business-Partnerschaft gefeiert?« Er konnte nicht verhindern, dass er leicht gereizt und verbittert klang.
»Er hat versucht, eine Nummer mit mir abzuziehen«, sagte sie mit widerwillig verzogenem Mund. »Aber ich habe ihn abwehren können. Es ist schwierig, ihm genug freie Bahn zu geben, dass er sich ans Messer liefert, ohne dabei selbst zu Schaden zu kommen.«
»Leicht ist das bestimmt nicht«, sagte Tony schleppend.
Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Er ist attraktiv. Körperlich ist es schwerer für mich, ihm zu widerstehen, als verstandesmäßig. Und das ist sehr verwirrend.«
Tony starrte zu Boden. Er hatte Angst davor, sie anzusehen. »Gut, dass du durch und durch Profi bist«, murmelte er.
Carol legte ihm eine Hand auf den Arm. »Es war nicht meine Professionalität, die mich gerettet hat. Es war, weil ich immer an dich gedacht habe.«
»Du hättest meine Missbilligung nicht ertragen, hm?« Sein vertrautes schiefes Lächeln kam wieder hervor.
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Es hatte mehr damit zu tun, dass ich daran erinnert wurde, was ich wirklich will.« Sie trat näher an ihn heran. Er fühlte ihre Körperwärme und breitete ohne nachzudenken die Arme aus, und sie ließ sich
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