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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Leiter, schaffte es, einen Fuß auf eine Sprosse zu stellen, und zog die noch unbeschädigte Hand in der letzten Sekunde weg. Er würde nie wissen, wie er das geschafft hatte, aber irgendwie kletterte er die Leiter so schnell hinunter, dass er keine weiteren Angriffe von oben mehr abbekam.
    Seine zitternden Beine hatten gerade den Boden erreicht, als Krasic schon da war und ihm einen Schlag in den Magen versetzte. Der heftige Schmerz zwang ihn, sich nach vorn zu beugen, seine Lunge lechzte nach Luft, und seine Muskeln verkrampften sich. Tony lag zusammengekrümmt auf dem kalten Stahlboden des Frachtraums, aus seinem Mund floss ein dünner Strahl Erbrochenes. Als er beim nächsten Mal wieder etwas außer seinem eigenen Körper wahrnahm, sah er Radecki. Er stand in verzerrter Perspektive riesig und erschreckend über ihm.
    Krasic riss Tony mit einem Ruck hoch, erdrosselte ihn fast mit dem Kragen seines Jacketts und warf ihn auf einen Haufen zusammengefalteter Planen. »Setz dich, du mieses Arschloch«, knurrte er. Tony gelang es, sich an der kalten Wand abzustützen. »Jetzt zieh dich aus«, rief Krasic.
    Starr vor Angst versuchte Tony, sich auszuziehen. Es war schwierig wegen der Schmerzen in der linken Hand. Er glaubte, dass zumindest zwei seiner Finger gebrochen waren. Die beiden Männer gingen um ihn herum wie Wölfe, die ihre Beute umkreisen, als er mit ungeschickten Fingern die Kleider abzustreifen versuchte. Schließlich saß er nackt auf den Planen und atmete so schwer, als sei er gerade kilometerweit gerannt.
Sie tun das, um dich zu demütigen, um dir zu zeigen, wie verwundbar du bist. Lass nicht zu, dass sie die Kontrolle über deinen Kopf bekommen. Du musst weiterdenken, musst dein Gehirn nutzen.
Die Stimme in seinem Kopf schien lächerlich beruhigend in Anbetracht dieser extremen Situation. Aber das war alles, was er hatte.
    »Sie arbeiten mit dieser Schlampe gegen uns, stimmt’s?«, fragte Tadeusz.
    »Nein, Sie irren sich. Ich arbeite für Europol an dem Fall eines Serienmörders. Das ist mein Beruf, ich erstelle Täterprofile von Serientätern«, sagte Tony und wappnete sich für das, was als Nächstes kommen würde. Krasic trat ihm brutal ans Schienbein, und er wimmerte gegen seinen Willen.
    »Falsche Antwort.« Tadeusz packte die Pistole am Lauf. »Sie ist Polizistin, und Sie arbeiten mit ihr zusammen, um mich zu ruinieren.«
    Tony wischte Speichel von seinem Kinn und schüttelte den Kopf. »Bitte hören Sie mich an. Ich sage Ihnen die Wahrheit. Carol war früher bei der Polizei, das stimmt. Aber jetzt nicht mehr. Sie ist zu den Gaunern übergelaufen, hat die Seiten gewechselt. Ich habe sie gekannt, als sie Polizistin war, und habe versucht, ihr auszureden, was sie jetzt tut.«
    Er sah den Kolben der Pistole kommen, konnte aber nur hilflos versuchen, auszuweichen. Es erwischte ihn doch, und er hörte und spürte das Krachen, als sein Backenknochen zersplitterte. Diesmal musste er sich richtig übergeben, und ein Strom von heißem Erbrochenen ergoss sich über seine Schenkel.
    »Hören Sie auf zu lügen«, sagte Tadeusz mit sanfter, trauriger Stimme. »Ich kenne die Wahrheit. Wie nennen Sie so was? Eine verdeckte Operation. Diese krummen Touren, die nie bekannt werden. Ich weiß, was ihr getan habt. Ihr habt die Frau getötet, die ich liebte, weil sie wie Carol Jordan aussah. Und dann hat sich Carol Jordan an mich rangemacht. Sicherlich mit Ihrer fachmännischen psychologischen Beratung.«
    Verdammt
, dachte Tony.
Wenn sie das glauben, gibt es keinen Ausweg.
Aber er musste es trotzdem weiter versuchen. »Nein, bitte. So war es nicht. Sehen Sie, Carol ist doch keine Polizistin mehr, aber sie hat noch Freunde, die bei der Polizei sind. Einer von ihnen zeigte ihr ein Foto von Katerina, nach ihrem Tod, nicht vorher. Weil er dachte, wie erstaunlich ähnlich sie sich sehen.« Er hielt inne, um Luft zu holen. Die Tatsache, dass keiner auf ihn einschlug, gab ihm Hoffnung. »Sie hat beschlossen, das auf eigene Faust zu nutzen. Sie wollte mit Ihnen ins Bett gehen. Wörtlich und im metaphorischen Sinn.«
Große Worte für einen zusammengeschlagenen Mann
, musste er unwillkürlich denken, obwohl das nichts zur Sache tat. »Ich musste wegen dieser Ermittlung nach Deutschland kommen. Der Mörder, der es auf Psychologen abgesehen hat. Sie müssen es doch in der Zeitung gelesen haben?«
    Tadeusz und Krasic tauschten einen schnellen Blick. Tony meinte, eine Spur Unsicherheit in ihren Augen gesehen zu haben. »Ich sage

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