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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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man den mitzählt, der auf der Intensivstation gestorben ist.« Krasic knöpfte seinen Mantel auf und nahm ein Zigarrenetui aus der Innentasche.
    »Ich weiß.« Tadeusz schüttete die Kaffeebohnen in eine Mühle und machte dadurch ein Gespräch für ein paar Sekunden unmöglich. »Zählen kann ich selbst, Darko.«
    »Die Medien können das auch. Sie machen ein Mordstheater, Tadzio. Das wird nicht einfach so vorbeigehen. Die Bullen stehen mächtig unter Druck.«
    »Dafür werden sie ja von uns bezahlt, oder? Um den Druck auszuhalten und unsere Leute in Ruhe zu lassen.« Er gab den gemahlenen Kaffee in den Kaffeebereiter und schüttete heißes Wasser darüber.
    »Manches können sie nicht einfach ignorieren. Sieben Tote zum Beispiel.«
    Tadeusz runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen, Darko?«
    »Der Punkt ist überschritten, wo unser normaler Schutz die Sache regeln kann. Sie werden heute Nacht Kamal verhaften. Wir sind vorgewarnt, weiter kann sich unser Mann im Moment nicht aus dem Fenster lehnen.« Er zündete seine Zigarre an und paffte genüsslich.
    »Scheiße. Können wir Einfluss auf das nehmen, was passieren wird?«
    Krasic zuckte die Schultern. »Es kommt darauf an. Wenn Kamal siebenfacher Mord vorgeworfen wird, findet er vielleicht, dass sich das Risiko lohnt, mich hochgehen zu lassen. Oder sogar dich. Wenn sie ihm Straffreiheit zusichern, sieht er vielleicht seine beste Chance darin, dass wir nicht mehr frei herumlaufen. Das würde ihm eine Verschnaufpause verschaffen, und er könnte den Zeugenschutz in Anspruch nehmen.«
    Tadeusz drückte behutsam das Sieb im Kaffeebereiter hinunter, während er schnell die Möglichkeiten erwog. »So weit lassen wir es nicht kommen«, sagte er. »Es ist Zeit für ein Bauernopfer, Darko.«
    Darko lächelte schwach. Wenigstens hatte Tadzio die Sache noch im Griff. »Soll ich dafür sorgen, dass er überhaupt nicht bis zur Polizeiwache kommt?«
    »Ich will, dass du tust, was nötig ist. Aber so, dass es gut aussieht, Darko. Gib der Presse etwas zu tun, damit sie all die toten Penner vergisst.« Er goss zwei Tassen Kaffee ein und schob dem Serben eine hin.
    »Ich hab schon die eine oder andere Idee dafür.« Er hob die Tasse, als trinke er Tadeusz zu. »Überlass das nur mir. Du wirst nicht enttäuscht sein.«
    »Nein«, sagte Tadeusz bestimmt. »Das werde ich nicht. Aber wenn wir Kamal verlieren, haben wir eine Lücke. Wer füllt die aus, Darko? Wer hat das Zeug, in die Fußstapfen eines Toten zu treten?«
     
    Es war ein langer Tag gewesen, aber Brigadier Marijke van Hasselt war zu aufgekratzt, um zu schlafen. Sie hatte bei einem Treffen mit ihrem Chef, Maartens, und ihrem Kollegen, Tom Brucke, die Obduktionsergebnisse übermittelt: Tod durch Ertrinken, wie de Vries schon vorläufig vorausgesagt hatte. Obwohl keiner es ausdrücklich aussprach, war klar, dass sie keine einzige Spur hatten.
    Die dadurch entstandene unvermeidliche Unsicherheit hatten sie mit Hilfe der vertrauten polizeilichen Maßnahmen verdeckt, die ihnen alle in Fleisch und Blut übergegangen waren. Schnell hatte Maartens die wichtigsten Richtlinien für die Ermittlung festgelegt, dieser oder jener Gruppe Aufgaben übertragen und so getan, als sei dies eine zielgerichtete Untersuchung, deren Eckpunkte schon klar feststanden. Aber alle wussten, dass sie auf der Suche nach Pieter de Groots Mörder im Dunkeln tappten.
    Die meisten Morde waren einfach zu lösen. Es gab drei große Kategorien: häusliche Streitigkeiten, die sich einen Tick zu stark aufheizten, Krach im Suff, der über die anfängliche Absicht hinausging, oder kriminelle Vorfälle, die gewöhnlich etwas mit Drogen oder Raubüberfällen zu tun hatten. Der Mord in Leiden passte in keine dieser Kategorien. Niemand im unmittelbaren Umkreis des Opfers hatte ein erkennbares Motiv, noch war dies die Art von Mord, die sich aus den dumpfen, verbitterten Leidenschaften familiärer Beziehungen ergab. Außerdem hatten die Exfrau und die jetzige Freundin beide Alibis, die eine war bei ihren Kindern zu Hause und die andere bei einem Besuch ihrer Schwester in Maastricht gewesen.
    Maartens hatte betont, dass sie sich das berufliche Umfeld des Opfers ansehen müssten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand an der Universität sich eines Mordes bedient hatte, um einen wissenschaftlichen Streit zu entscheiden. Aber da es so wenige Fährten gab, die man verfolgen konnte, mussten sie sicher sein, dass sie nicht etwas Wichtiges übersahen. Er hatte gehört,

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