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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Vergnügen, das ihm die gemeinsame Vorbereitung gemacht hatte, war wie eine erfrischende Dusche für sein Inneres gewesen. Es hatte seine Synapsen auf eine Art und Weise aktiviert, die bei der Arbeit mit seinen Studenten nie vorkam. Es hatte ihn daran erinnert, dass er hier an der Universität seine Kapazität nur halb nutzte. Und wenn es auch vernünftig und eine Art Erholung von dem Schrecken sein mochte, den er wegen Jacko Vance erlebt hatte, konnte er so doch nicht den Rest seines Lebens verbringen. Hätte er eine weitere Bestätigung gebraucht, so war sie ihm gerade in den Schoß gefallen.
    Er hatte immer Angst vor diesem Moment gehabt. Tief im Innern hatte er wieder den flüsternden Lockruf vernommen, er solle aus dem gemächlichen Leben, für das er sich entschieden hatte, erwachen und das tun, was er am besten konnte. Dabei hatte er alles getan, was in seiner Macht stand, um sich vor diesem Augenblick zu hüten. Aber das Zusammentreffen der Nachricht von Jacko Vances Berufung und von Carol Jordans Auftauchen war zu stark für seine Gegenwehr.
    Die Dinge hatten sich geändert, seit er letztes Mal in der Kampfzone gestanden hatte, das wusste er. Das Innenministerium war heimlich, still und leise davon abgekommen, sich bei komplizierten Ermittlungen gegen Serienmörder von professionellen Psychologen beraten zu lassen. Die Publicity, die man dort aufgrund der früheren Politik bekommen hatte, brachte so viele nervenaufreibende Krisen mit sich, dass man diesen Kurs nicht unbegrenzt beibehalten wollte. Nicht alle hatten ein so großes Talent wie Tony, und wenige hielten so gut dicht. Obwohl es immer noch eine Hand voll Experten gab, die man bei Bedarf zu Hilfe rief, hatte die Polizei insgeheim ihre eigene Spezialisten-Abteilung bei der National Crime Faculty in Bramshill aufgebaut. Jetzt gab es eine neue Sorte von Fallanalytikern: Polizeibeamte, die eine eindrucksvolle Kombination von psychologischen Fähigkeiten und Computer-Fachwissen hatten. Wie der FBI und die Royal Canadian Mounted Police war das Innenministerium zu der Ansicht gekommen, dass es besser wäre, sich auf Polizeibeamte verlassen zu können, die in diesen Fachgebieten ausgebildet waren, als auf die manchmal fragwürdigen Fähigkeiten der klinischen Psychologen und Akademiker zu bauen, die schließlich keine konkrete Erfahrung damit hatten, was nötig war, um einen Kriminellen zu fassen. In gewisser Hinsicht gab es also keinen Platz mehr für Tony, um das zu tun, für das er ein einzigartiges Talent zu haben glaubte. Und nach dem letzten Desaster würde gewiss kein Politiker seine Zustimmung geben, ihn bei der Ausbildung oder der Entwicklung der Einsatzgruppe einzusetzen.
    Aber vielleicht konnte er etwas anderes bieten. Vielleicht konnte er eine Nische finden, die es ihm erlaubte, gelegentlich sein analytisches Können einzubringen, wenn man hinter den hochgradig gestörten Individuen her war, die die rätselhaftesten Verbrechen begingen.
    Und vielleicht konnte er diesmal, da Carol mit ziemlicher Sicherheit bald eine neue Rolle bei der Europol einnehmen würde, dem Chaos entgehen, in das seine letzten beiden Fälle von Serienmördern und die Arbeit an den Täterprofilen ihn gestürzt hatten. Es war jedenfalls eine Überlegung wert.
    Die Frage war jetzt nur, wen er versuchsweise in dieser Sache ansprechen konnte. Vances Berufung hatte die Leute wieder an ihn erinnert. Vielleicht war dies der perfekte Zeitpunkt, ihrer Erinnerung noch etwas nachzuhelfen und sie zu überzeugen, dass er etwas zu bieten hatte, was sonst niemand besaß. Denn er verstand nicht nur, wie das Innenleben von Serientätern funktionierte, sondern er war auch einer der wenigen Menschen auf dieser Erde, die tatsächlich wesentlich dazu beigetragen hatten, einige von ihnen dorthin zu bringen, wo sie keinen Schaden mehr anrichten konnten.
     
    Auch Petra Becker in Berlin dachte an diesem Montagmorgen über Serientäter nach. Es würde ihrer Karriere phantastischen Auftrieb geben, wenn es ihr gelänge, die Zusammenhänge aufzuzeigen und zu beweisen, dass ein Serienkiller über die europäischen Grenzen hinweg am Werk war.
    Aber vorher musste sie den Fall finden, an den sie sich erinnert fühlte. Petra saß stirnrunzelnd vor ihrem Computer, und ihr ernster Gesichtsausdruck stand in scharfem Gegensatz zu ihrem frechen Schopf kurz geschnittener, dunkler Haare. Querfalten auf ihrer breiten Stirn ließen ihre blauen Augen im Schatten der Brauen dunkler erscheinen. Sie wusste, sie hatte

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