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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wahrscheinlich, dass sie eine leichte Strafe erwartet, wenn sie auf die Tränendrüsen drückt. Frau, die vor Kummer ganz außer sich ist, rächt sich an gemeinem Drogenhändler, der ihren Geliebten erledigt hat. Wenn wir sie überzeugen können, dass das nicht so laufen wird …«
    »Vielleicht sagt sie uns etwas, was wir nutzen können, um gegen Krasic und Radecki genug Erkenntnisse zusammenzubekommen.« Petra nippte am Kaffee und zuckte zurück, weil er so heiß war.
    »Genau.«
    »Überlassen Sie es mir«, sagte sie. »Ich schätze, sobald sie herausfindet, wer ich bin und was ich über sie weiß, wird ihr klar werden, dass sie nicht die geringste Chance hat, die Nummer mit der verwirrten Geliebten bei der Verteidigung durchzukriegen. Können Sie mir alles geben, was wir über sie haben?«
    »Liegt schon auf Ihrem Tisch.« Plesch ging weiter.
    »Oh, und Hanna …«
    Sie hielt inne und sah über die Schulter zurück. »Wir brauchen noch was. Noch
jemand
. Wir sollen jemanden losschicken, der in Berlin Mitte herumfragt. Wir müssen nachweisen, dass der Tote gar nicht Marlenes Typ war.«
    »Dürfte schwer sein, das zu belegen.«
    »Vielleicht, ja. Aber wenn wir feststellen, mit wem Marlene sich wirklich abgegeben hat, könnte das eine Verbindung zu dem Erschossenen ausschließen. Und wenn wir andererseits herausfinden können, ob er mit jemandem eine längere Beziehung hatte …«
    Plesch zuckte mit den Schultern. »Ist wahrscheinlich einen Versuch wert. Der Hai hat im Moment nichts Dringendes zu tun. Schicken Sie ihn raus auf die Jagd.«
    Petra war ernüchtert, als sie zu ihrem Schreibtisch zurückging. »Hai« war der ironische Spitzname für den unerfahrensten Ermittler der Gruppe, den er sich erworben hatte, weil er mit gruseligen, blutigen Fällen nichts anzufangen wusste und auch nicht in der Lage war, vorliegenden Fakten nachzugehen, um sie mit Hilfe neuer Daten zu beurteilen. Niemand glaubte, dass er lange bei der Gruppe sein würde. Ihn hätte sie wirklich nicht ausgewählt, um die Bars und Cafés in Berlin Mitte durchzukämmen, ihre Kontaktleute auszuquetschen und alles über Marlene Krebs in Erfahrung zu bringen. Das zeigte, dass Plesch das Ganze für Zeitverschwendung hielt. Aber trotzdem war es besser als nichts. Und sie konnte ja auch selbst noch am Abend losgehen, sollte es ihr nicht gelingen, im Austausch für einen Deal beim Urteilsspruch etwas Brauchbares von Krebs herauszukriegen.
    Sie hatte ja nichts Besseres vor.
     
    Es war ein rauer, nasser Tag, aber Carol schwitzte trotzdem. Sie hatte den ersten Teil ihres Auftrags reibungslos ausgeführt, wusste aber, es war noch ein ganzes Ende, bis sie sicher am Ziel sein würde. Die ausführlichen Anweisungen waren per Kurier gleich nach sieben Uhr morgens gekommen. Sie hatte das dünne Kuvert so hastig aufgemacht, dass sie fast den Inhalt mit zerrissen hätte. Es war nur ein einzelnes Blatt Papier, auf dem ihr mitgeteilt wurde, sie solle vormittags um zehn zu der Adresse gehen, die ihr früher schon genannt worden war. Dort werde sie den Rest ihrer Anweisungen erhalten.
    Ihr erster Impuls war, genau pünktlich am Treffpunkt, irgendeinem Reihenhaus in Stoke Newington, zu erscheinen. Ob das wohl schon der erste Test war? Vielleicht sollte sie nicht genau das tun, was von ihr erwartet wurde. Schnell duschte sie und zog etwas an, das ihrer Meinung nach Janine Jerrold bei einem solchen Auftrag wohl getragen hätte. Einen kurzen Lycra-Rock, ein weißes T-Shirt mit langen Ärmeln und U-Ausschnitt unter einer taillierten Kunstlederjacke. In ihrer Tasche mit Schulterriemen war alles, was sie brauchte, um ihr Äußeres zu verändern. Eine Baseballmütze, Fliegerbrille mit Klarsichtglas, ein Paar Jeans-Leggings und eine leichte Regenjacke in einem widerlichen, blassen Blauton. Ebenfalls in der Tasche befand sich ein nicht erlaubtes Tränengasspray und ein Metallkamm mit einem angespitzten Ende. Beide stammten noch aus ihren Tagen bei der Kripo im Hafen von Seaford, Gegenstände, die sie jemandem abgenommen und dann abzuliefern vergessen hatte. Sie war nicht sicher, wie ihre Beobachter darauf reagieren würden, falls sie sie benutzen musste, aber sie sollte ja Initiative zeigen und sich benehmen wie ein richtiger Drogenkurier. Dies konnte sie immer noch hinterher vorbringen.
    Nachdem Carol sich entschlossen hatte, früher aufzutauchen, verließ sie ihre Wohnung kurz nach acht und machte einen Umweg. Sie war sicher, dass ihr jemand folgen würde, hatte aber nicht

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