Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Kugel neben dem Herzen haben.«
»Ja, Ma’am, die habe ich.« Ich fragte mich, ob es noch irgend jemanden im Staate Michigan gebe, der das inzwischen nicht wußte.
»Wußten Sie, daß Andrew Jackson während seiner ganzen Präsidentschaft eine Kugel neben dem Herzen hatte?«
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Es passierte in einem Duell. Der andere schoß ihm in die Brust. Aber Jackson fiel nicht. Er hatte seinen Schuß noch, und so zielte er ruhig und erschoß den anderen. Was hätten Sie getan, Mr. McKnight?«
»Sie meinen in einem Duell?«
»Ja, wenn Sie ein Duell hätten, und der andere hätte Sie getroffen und Sie ständen noch.«
»Ich nehme an, ich müßte ihn dann erschießen. Ich denke, ich hätte einen guten Grund dafür. Sonst würde es ja wohl kaum ein Duell gegeben haben.«
»So ist es wohl«, sagte sie. »Jedenfalls konnte man die Kugel aus Jacksons Brust nicht entfernen. Er mußte einfach den Rest seines Lebens damit leben. Offensichtlich hat er viele Beschwerden damit gehabt. Macht Ihre Kugel Ihnen Beschwerden?«
»Nein, eigentlich nicht«, sagte ich.
»Schön, das zu hören.«
»Mrs. Fulton«, sagte ich. »Was kann ich für Sie tun?«
Sie starrte in ihren Kaffee. »Tut mir leid, ich gebe mir offenbar alle Mühe, dieses Thema zu vermeiden. Ich gehe davon aus, daß Mr. Uttley Ihnen von meiner Unterredung mit ihm erzählt hat?«
»Keine Einzelheiten.«
Sie nickte. »Nun, Sie werden sicherlich wissen, daß ich mir große Sorgen um meinen Sohn Edwin mache. Sein Vater ist vor vielen Jahren gestorben, und ich glaube, das war sehr schwer für ihn. Er hatte niemanden, zu dem er aufblicken konnte. Deshalb bin ich so froh, daß Sie sein Freund sind, Mr. McKnight.«
»Oh, da bin ich mir nicht so sicher, Mrs. Fulton. Ich meine, so oft waren wir in der letzten Zeit nicht zusammen.« Mit seiner Frau war das schon erheblich anders.
»Ja, aber ich glaube, daß Sie trotzdem der beste Freund sind, den er im Augenblick hat.«
Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich war schon ein feiner bester Freund.
»Mr. McKnight«, sagte sie. »Ich bin keineswegs naiv, was die … Probleme meines Sohnes angeht. Ich weiß, daß das Glücksspiel ihn magisch anzieht. Warum sonst würde er das ganze Jahr hier verbringen? Zunächst dachte ich, er wolle nur fort von mir. Das denkt eine Mutter wohl als erstes. Oder daß ihn die gesellschaftlichen Verpflichtungen in der Stadt nervten. Oder daß er das einfache Leben hier in den Wäldern ohne Dienstpersonal liebte. Das klingt alles dumm, das ist mir klar. Natürlich weiß ich, daß es die indianischen Kasinos sind, die ihn hier festhalten. Wenn sie geschlossen würden, wäre er den nächsten Tag weg. Aber das erinnert mich an eine Frage, die ich Ihnen stellen wollte. Wenn Kasinos hier legal sind, wieso plazierte er dann Wetten bei einem Buchmacher?«
»Diese Kasinos haben nur Spieltische und Spielautomaten. Es gibt dort keine Sportwetten. Wenn Sie die wollen, müssen Sie zu einem Buchmacher gehen.«
»Ah, ich verstehe«, sagte sie. »Sehen Sie, allein deshalb bin ich froh, daß Sie hierhergekommen sind, um mich zu besuchen. Edwin weigert sich, mit mir über diese Dinge zu sprechen.«
»Mr. Uttley erwähnte einen Traum, den Sie hatten …«
»Ja«, sagte sie. »Der Traum. Ich hoffe, Sie finden das nicht allzu absurd, wenn ich Ihnen davon erzähle.«
»Natürlich nicht«, sagte ich.
»Samstag nacht«, sagte sie. Sie sah aus dem Fenster, während sie begann, mit ruhiger und fester Stimme ihren Traum zu erzählen. »Es war die Nacht, in der er diesen Mann gefunden hat, wie sich herausstellte, aber natürlich habe ich das da noch nicht gewußt. Im Traum habe ich Blut gesehen. Ich habe gewaltige Mengen von Blut gesehen. Ich war zu Tode erschrocken, ich muß Ihnen nämlich sagen, daß ich mit Blut einfach verrückt bin. Ich kann den bloßen Anblick einfach nicht ertragen, selbst wenn es mein eigenes ist, wenn ich mir bei der Gartenarbeit in den Finger steche. Und im Traum war so viel davon. Es schien mehr Blut zu sein, als in einem einzigen Körper enthalten ist. Ich schwebte darüber hin, Sie wissen, wie das im Traum ist. Und dann bin ich plötzlich von dem Blut weggeflogen und war im Wald. Ich bewegte mich auf einer Straße mit Bäumen auf beiden Seiten. Besser gesagt, ich sah etwas, was sich auf der Straße bewegte. Es war ein Auto, das die Straße langsam entlangfuhr. Ich habe niemals in einem Traum etwas deutlicher gesehen als diesen Wagen, wie
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