Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
gerissen.
Sein Knie schoß hoch und traf mich im Schritt; seine Hand war an meinem Arm und drückte mich zu Boden. Ich rang mich los und holte zum Schlag aus. In dem Moment warf mich Jackie in einem klassischen Football-Tackle auf die Erde.
»Alex, um Gottes willen!« schrie er, während er sich auf mich setzte. Er trug immer noch seine weiße Schürze.
»Runter von mir!« schrie ich.
»Du mußt jetzt Fulton suchen«, sagte er. »Da ist es völlig überflüssig, daß du dich verhaften läßt!«
»Zu spät«, sagte Maven und rieb sich den Nacken. »Das hätten Sie ihm sagen sollen, bevor er mich tätlich angegriffen hat.«
Jackie stieg von mir und zog mich auf die Füße. »Maven, ich war Zeuge bei allem, was hier passiert ist. Sie haben ihn zuerst geschlagen, und er hat nur zurückgeschlagen. Ich hätte selbst nicht anders gehandelt. Könnt ihr zwei jetzt diese Scheißkindereien lassen und statt dessen den Typen finden? Vielleicht lebt er ja noch. Ist euch die Idee schon mal gekommen?«
Maven ging zu seinem Wagen und griff zum Funkgerät. Ich ging zu meinem Kleinlaster. »McKnight«, hörte ich ihn sagen, »was glauben Sie, wo Sie jetzt hingehen?«
»Ich gehe Edwin suchen.«
»Den Teufel werden Sie. Kommen Sie sofort zurück!«
Ich wandte mich nicht einmal zu ihm um, als ich in den Wagen stieg und beim Durchstarten den Kies in die Luft schleuderte. Im Rückspiegel sah ich ihn mit hocherhobenen Händen.
Ich raste über die Hauptstraße zum Highway. Ich wußte, daß ich zur Reservation zurückmußte, um am Bay Mills Casino von vorne anzufangen. Da war Edwin zum letzten Mal gesehen worden. Ich griff zum Handy und rief im Haus der Fultons an. Bitte geh dran, Uttley. Laß nicht Edwins Mutter abnehmen.
Uttley war dran. »Alex«, sagte er. »Gerade habe ich in Ihrer Hütte angerufen.«
»Lane, hören Sie ganz genau zu«, sagte ich. »Ich habe einen weiteren Brief bekommen, von … ihm. Rose. Wer auch immer es ist.«
»O Gott!«
»Er hat Edwin, Lane. Wenigstens steht das in dem Brief.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Lane, Sie müssen vor Mrs. Fulton die Fassade wahren. Bis wir Genaueres wissen.«
»Wo sind Sie?«
»Auf dem Weg zum Casino«, erklärte ich.
»Sie haben die Polizei verständigt?«
Ich sah in meinen Rückspiegel, weil ich fast damit rechnete, daß Mavens Wagen hinter mir herraste, um mich abzufangen. »Ja, die wissen Bescheid.«
»Ich komme raus, Alex.«
»Nein, Lane, ich glaube, es ist besser, wenn Sie bei Mrs. Fulton und Sylvia bleiben.«
»Das bringe ich nicht, Alex. Ich möchte Ihnen helfen. Außerdem, wenn ich hierbleibe, weiß Mrs. Fulton sofort, daß etwas nicht stimmt. Manchmal denke ich, sie kann meine Gedanken lesen.«
»In Ordnung«, sagte ich. »Wir treffen uns am Casino. Beeilen Sie sich.«
Ich schaltete ab und fuhr weiter. Ich mußte darüber nachdenken, was Maven gesagt hatte. Wieso hatte ich ihm nichts von Edwin gesagt, als ich ihn anrief? Er hatte recht, sie hätten dann sofort mit der Suche beginnen können. Wieso hatte ich nur einfach dagestanden und hatte dem Wind und den Wellen gelauscht?
Genau wie damals in der Wohnung. Als Rose die Maschinenpistole zog. Ich war erstarrt wie damals. Was für ein beschissener Jammerlappen!
Ich krampfte meine Hände um das Lenkrad, bis die Knöchel weiß wurden. Aus unerfindlichen Gründen mußte ich plötzlich an Sylvia denken. Wie ihre Haut sich angefühlt hatte, als wir das letzte Mal zusammengewesen waren. Der Blick ihrer Augen, als sie beobachtete, wie ich beobachtete, wie ihr Kleid zu Boden glitt.
Gott steh mir bei! Warum muß ich daran denken? Sicher werde ich wahnsinnig.
Als ich das Casino erreichte, sah ich die Streifenwagen vom Soo. Maven mußte sie von seinem Wagen aus alarmiert haben. Die Stammespolizei war auch da und wunderte sich wohl, was die Soo-Polizei in der Reservation zu suchen hatte. Es war nur ein paar Stunden her, daß ich hier gewesen war, aber da hatte ich mir noch vorgestellt, wie Edwin am Kartentisch saß und sein Geld mit vollen Händen wegwarf. Jetzt ließ das Morgenlicht, vom Regen gedämpft, das Casino sinister und fehl am Platze wirken, wie ein Irrenhaus.
Ich parkte vor dem Haupteingang und ging hinein. Selbst an einem schäbigen Morgen wie heute war der Schuppen halb voll. Sobald ich durch die Tür war, stand ein Polizist vom Soo vor mir: »Mr. McKnight, Sie dürfen hier nicht rein.«
Ich erkannte den Beamten. Es war derselbe, den ich am Motel und dann wieder hinter dem
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