Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
man sehen.«
»Wo? Wo ist der Wagen genau?«
»Direkt da draußen«, sagte sie. Sie wollte zum Fenster.
»Bloß nicht!« Ich packte sie. »Bleib vom Fenster weg!«
»Was ist denn mit dir los?«
»Das ist kein Polizist, Sylvia.« Ich hielt sie jetzt so, daß ich ihr in die Augen sehen konnte. »Das ist kein Polizist da draußen.«
In ihr ging eine Veränderung vor. Ich spürte, wie die Wut sie verließ. »Wer ist es?« fragte sie.
»Es könnte Rose sein«, sagte ich.
»Das ist der Mann, der dich niedergeschossen hat?«
»Ja.«
»Das ist der Mann, der …« Sie vollendete den Satz nicht.
»Ich denke ja«, sagte ich.
»Warum ist er hier?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie blickte zum Fenster. »Was wirst du jetzt machen?«
»Ich werde die Polizei anrufen«, sagte ich. »Setz dich auf den Boden.«
»Warum soll ich da runter?« fragte sie. Die Furcht hatte jetzt auch sie ergriffen. Ich hörte sie in ihrer Stimme.
Ich zog sie hinter das Sofa. »Setz dich einfach hierhin.«
»Alex, das wird jetzt aber unheimlich.«
»Ich rufe auf der Stelle die Polizei an«, sagte ich. Ich hob den Hörer ab.
Nichts. Das Telefon war tot. Ich stand da und sah es an. »Ich kann es nicht glauben.«
»Was ist los?«
»Er hat die Leitung durchgeschnitten. Er hat wirklich die verfluchte Telefonleitung durchgeschnitten.«
»Alex, jetzt wird es aber verdammt unheimlich.«
Ich sagte nichts.
»Alex …«
Ich nahm die Pistole vom Tisch und knipste das Licht in der Küche aus. Eine Taschenlampe hing an der Wand. Ich nahm sie und löschte dann die Nachttischlampe. Die Hütte war jetzt dunkel bis auf einen schwachen Schimmer, der vom Außenlicht über der Tür durchs Vorderfenster fiel.
»Alex, was sollen wir jetzt machen?«
Ich kniete nieder. »Wir warten ein paar Minuten, damit unsere Augen sich an das Dunkel gewöhnen.«
Sie legte die Arme um ihre Knie.
»Moment«, sagte ich. »Ich bin sofort wieder hier.«
»Wo willst du hin?« Sie packte mich am Arm.
»Ich sehe nur mal aus dem Fenster.«
Ich kroch zum vorderen Fenster und schielte über die Fensterbank. Die Außenlampe erhellte die Lichtung vor der Hütte und die erste Reihe Kiefern. Auf der rechten Seite der Lichtung, direkt an der Straße, konnte ich die vordere Hälfte seines Wagens sehen. Er war überhaupt nicht versteckt. Jeder konnte ihn sehen. Aber man konnte nicht erkennen, ob jemand im Wagen saß. Auf der linken Seite der Lichtung sah ich den Holzstapel, meinen Kleinlaster und Sylvias schwarzen Jaguar.
Bei beiden war die Motorhaube hochgeklappt.
Ich kroch zu Sylvia zurück. »Als du vorgefahren bist, war da an meinem Laster die Motorhaube oben?«
»Ich kann mich nicht erinnern«, sagte sie. »Ich glaube nicht.«
»Du hast deinen Wagen nicht abgeschlossen?«
»Nein, hab ich nicht. Alex, wovon sprichst du?«
»Er hat beide Motorhauben hochgestellt«, sagte ich. »Vermutlich hat er die Verteilerkappen rausgenommen oder so was. Offensichtlich will er nicht, daß wir irgendwohin fahren.«
»Und jetzt?«
Ich dachte nach. Irgendwo da draußen war er. Er wußte, daß Sylvia bei mir in der Hütte war. Kein Telefon. Kein Fahrzeug. Meine anderen Hütten lagen fünfhundert Meter weiter am Holzweg. Aber sie hatten sowieso kein Telefon. Das nächste Telefon war in Vinnies Hütte. Die lag fast einen Kilometer in der anderen Richtung, an der Hauptstraße.Wenn ich mich aus der Hintertür schlich, konnte ich sie erreichen, aber ich wollte Sylvia nicht alleine lassen. Und nach draußen mitnehmen wollte ich sie auch nicht. »Ich denke, wir sollten uns eine Weile still verhalten«, sagte ich. »Sehen, was er macht.«
»Und wenn er hier reinkommen will?«
»Dann erschieße ich ihn.«
»Mir gefällt das nicht.«
»Ich bin auch nicht gerade hingerissen.«
Sie lehnte ihren Rücken gegen die rohen Stämme der Wand. Eine lange Minute verging, dann eine weitere, und dann verlor ich völlig das Zeitgefühl. Es gab nur noch uns zwei, wir saßen auf dem Boden hinter meiner Couch und lauschten der Stille.
Endlich ein Geräusch. Ein Motor wurde angelassen, Röhren und Rattern. Der Wagen brauchte einen neuen Auspuff. Dann hörte man den Wagen auf dem Holzweg. Das Geräusch wurde leiser und leiser und war dann gar nicht mehr zu hören.
»Ich glaube, er ist weg«, sagte ich. »Er ist gerade losgefahren.«
»Warum sollte er das machen?«
»Wer weiß? Der Kerl ist verrückt.«
»Aber wieso sollte er einfach wegfahren?«
»Sylvia, er ist absolut knatschverrückt. Es gibt niemals
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