Ein Kampf um Rom
Rom in dem uns wohl erinnerlichen Schreibgemach mit der Cäsarstatue Cethegus, den Präfecten,
und unsern neuen Bekannten, Petros, des Kaisers oder vielmehr der Kaiserin Gesandten. Die beiden Männer hatten unter lebhaftem
Gespräch und wechselseitigem Erinnern an frühere Zeiten,– sie waren Studiengenossen, wie wir erfuhren,– zu einfachem Mahl
einen Krug alten Massikers geleert und waren soeben aus dem Speisesaal in das abgelegne Arbeitszimmer getreten, um jetzt ungestört
von den bedienenden Sklaven Geheimeres zu bereden.
»Sobald ich mich überzeugt hatte«, schloß Cethegus seinen Bericht über die letzten Ereignisse, »daß die Schreckensnachrichten
aus Ravenna nur erst Gerüchte waren, vielleicht erdichtet, jedenfalls übertrieben, setzte ich der Aufregung und dem Eifer
meiner Freunde die größte Ruhe entgegen. Der Feuerkopf Lucius Licinius mit seiner törichten Begeisterung für mich hätte bald
alles verdorben. Unablässig forderte er meine Dictatur, buchstäblich setzte er mir das Schwert auf die Brust und schrie, man
müsse mich zwingen, das Vaterland zu retten. Er schwatzte so viel aus der Schule, daß es nur ein Glück war, der schwarze Corse
– der es mit den Barbaren zu halten scheint, niemand weiß recht, warum – nahm ihn für mehr berauscht, als er war. Endlich
kam die Nachricht, Amalaswintha sei zurückgekehrt, und so beruhigte sich allmählich Volk und Senat.«
»Du aber«, sagte Petros,»hattest zum zweiten Mal Rom vor derRache der Barbaren gerettet – ein unvergeßliches Verdienst, das dir die ganze Welt, zunächst aber die Regentin, danken muß.«
»Die Regentin – arme Frau!« meinte Cethegus achselzuckend, »wer weiß, wie lange die Goten oder deine Gebieter zu Byzanz sie
noch werden auf dem Throne lassen.«
»Wie? da irrst du sehr!« fiel Petros eifrig ein. »Meine Sendung hat vor allem den Zweck, ihren Thron zu stützen; und bei dir
wollte ich eben anfragen, wie man das am besten könne«, setzte er pfiffig hinzu.
Aber der Präfect lehnte sein Haupt zurück an die Marmorwand und sah den Gesandten lächelnd an: »O Petros, o Petre«, sagte
er, »warum so verdeckt? Ich dächte doch, wir kennten uns besser.«
»Was meinst du?« fragte der Byzantiner befangen.
»Ich meine, daß wir nicht umsonst Recht und Geschichte miteinander studiert haben zu Berytus und Athen. Ich meine, daß wir
damals schon unzählige Male als Jünglinge, lustwandelnd und Weisheit austauschend, zu dem Ergebnis gelangten: der Kaiser müsse
diese Barbaren austreiben aus Italien und wieder zu Rom herrschen wie zu Byzanz. Und da nun ich noch denke wie dazumal, wirst
wohl auch du nicht ein andrer geworden sein.«
»Ich habe meine Ansicht der meines Herrn zu unterwerfen, und Justinian –«
»Erglüht natürlich für die Herrschaft der Barbaren in Italien.« »Freilich«, sagte der Rhetor verlegen, »es könnten Fälle eintreten –«
»Petre«, rief jetzt Cethegus, sich unwillig aufrichtend, »keine Phrasen mit mir und keine Lügen. Sie sind nicht angewandt
bei mir. Sieh, Petros, es ist wieder dein alter Fehler: du bist immer zu pfiffig, um klug zu sein: du meinst, es muß immer
gelogen sein, und hast nie den Mut zur Wahrheit. Man muß aber nur dann lügen, wenn man in seiner Lüge ganz sicher ist. Wie
kannst du mich darüber täuschen wollen, daß der Kaiser Italien wiederhaben will? Ob er die Regentin stürzen oder halten will,
hängt davon ab, ob er glaubt, ohne oder mit ihr leichter ans Ziel zu kommen. Wie er hierüber denkt, das soll ich nichterfahren. Aber sieh, trotz all deiner Verschmitztheit, wenn wir noch einmal zusammengewesen, sag’ ich dir ins Gesicht, was
dein Kaiser hierin vorhat.«
Ein boshaftes und bittres Lächeln spielte um des Gesandten Mund: »Noch immer so stolz, wie in der Dialektik zu Athen«, sagte
er giftig.
»Jawohl, und du weißt, zu Athen war ich immer der erste, Prokopius der zweite, und erst der dritte warst du.«
Da trat Syphax ein: »Eine verhüllte Frau, o Herr«, meldete er, »sie wartet dein im Zeussaal.«
Sehr froh, diese Unterredung abgebrochen zu sehen, denn er fühlte sich dem Präfecten nicht gewachsen, grinste Petros:
»Nun, ich wünsche Glück zu solcher Störung.«
»Ja, dir!« lächelte Cethegus und ging hinaus.
»Hochmütiger, du sollst noch deinen Spott bereuen«, dachte der Byzantiner.
Cethegus fand in dem Saale, welcher von einer schönen Zeusstatue des Glykon von Athen den Namen trug, eine in
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