Ein Kampf um Rom
gotischer Tracht
reichgekleidete Frau; sie schlug bei seinem Eintritt die Kapuze des braunen Mantels zurück.
»Fürstin Gothelindis«, fragte der Präfect überrascht, »was führt dich zu mir?«
»Die Rache!« erwiderte eine heisere, unschöne Stimme, und die Gotin trat dicht an ihn heran.
Sie zeigte scharfe, aber nicht häßliche Züge: und man hätte sie sogar schön nennen müssen, wenn nicht das linke Auge ausgeflossen
und die ganze linke Wange durch eine große Narbe entstellt gewesen wäre: diese Wunde schien jetzt frisch zu bluten, da dem
leidenschaftlichen Weibe die Röte in die Wangen schoß, wie sie bei jenem Wort die Faust ballte. So tödlicher Haß loderte aus
dem einen grauen Auge, daß Cethegus unwillkürlich von ihr zurücktrat.
»Rache?« fragte er, »an wem?«
»An – davon später. Vergib«, sagte sie, sich fassend, »daß ich euch störe. Dein Freund Petros, der Rhetor von Byzanz, ist
bei dir, nicht wahr?«
»Ja. Woher weißt du –«
»Oh, ich sah ihn vor der Coena durch deine Porticus eintreten«, sagte sie gleichgültig.
»Das ist nicht wahr«, sprach Cethegus im Geiste: »ich hab’ ihn ja zur Gartentür hereinführen lassen. Also haben sich die beiden
hier zusammenbestellt. Ich soll das nicht ahnen. Aber was haben sie mit mir vor?«
»Ich will dich nicht lange hier festhalten«, fuhr Gothelindis fort. »Ich habe nur Eine Frage an dich. Antworte kurz ja oder
nein. Ich kann das Weib – die Tochter Theoderichs – stürzen, und ich will’s: bist du darin für mich oder gegen mich?«
»Oh, Freund Petros«, dachte der Präfect, »jetzt weiß ich bereits, was du mit Amalaswinthen vorhast. Aber wir wollen sehen,
wie weit ihr schon seid.«
»Gothelindis«, hob er ausholend an, »du willst die Regentin stürzen – das glaub’ ich dir gern –, aber daß du’s kannst, bezweifle ich.«
»Höre, dann entscheide, ob ich’s kann. Das Weib hat die drei Herzöge ermorden lassen.«
Cethegus zuckte die Achseln: »Das glauben manche Leute.«
»Aber ich kann es beweisen.«
»Das wäre«, meinte Cethegus ungläubig.
»Herzog Thulun, wie du weißt, starb nicht sofort. Er ward auf der ämilischen Straße überfallen, nahe bei meiner Villa zu Tannetum:
meine Colonen fanden ihn und brachten ihn in mein Haus. Du weißt, er war mein Vetter – ich bin aus dem Hause der Balten –, er verschied in meinen Armen.«
»Nun, und was sagte der Kranke im Wundfieber?«
»Nichts Wundfieber! Herzog Thulun traf noch im Stürzen den Mörder mit dem Schwert: er entkam nicht weit; meine Colonen suchten
ihn und fanden ihn sterbend im nächsten Walde: er hat mir alles gestanden.«
Cethegus drückte nur unmerklich die Lippen zusammen. »Nun, was war er? was hat er ausgesagt.«
»Er war«, sprach Gothelindis scharf, »ein isaurischer Söldner, ein Aufseher der Schanzarbeiten zu Rom, und sagte aus: Cethegus,
der Präfect, hat mich zur Regentin, die Regentin zu Herzog Thulun gesendet.«
»Wer hörte dies Geständnis außer dir?« fragte Cethegus lauernd.
»Niemand. Und niemand soll davon hören, wenn du zu mir stehest. Wenn aber nicht, dann –«
»Gothelindis«, unterbrach der Präfect, »keine Drohung: sie nützt dir nichts. Du solltest einseh’n, daß du mich dadurch nur
erbittern, nicht zwingen kannst. Ich lasse es im Notfall zur offnen Anklage kommen: du bist als grimmige Feindin Amalaswinthens
bekannt: dein Zeugnis allein – du warst unvorsichtig genug, zu gestehen, daß niemand sonst das Geständnis gehört – wird weder
sie noch mich verderben. Zwingen kannst du mich zum Kampfe gegen die Regentin nicht: höchstens überreden, wenn du mir’s als
meinen eignen Vorteil darstellen kannst. Und dazu will ich selbst dir einen Verbündeten schaffen. Du kennst doch Petros, meinen
Freund?«
»Genau, seit lange.«
»Erlaube, daß ich ihn zu dieser Unterredung herbeihole.«
Er ging in das Studierzimmer zurück.
»Petros, mein Besuch ist die Fürstin Gothelindis, Theodahads Gemahlin. Sie wünscht, uns beide zu sprechen. Kennst du sie?«
»Ich? o nein; ich habe sie nie gesehen!« sagte der Rhetor rasch.
»Gut; folge mir.«
Sowie sie in den Saal des Zeus traten, rief Gothelindis ihm entgegen: »Gegrüßt, alter Freund, welch überraschend Wiedersehn.«
Petros verstummte. Cethegus, die Hände auf den Rücken gelegt, weidete sich an der Bestürzung des Diplomaten von Byzanz. Nach
einer peinlichen Pause hob er an:
»Du siehst, Petros, immer zu pfiffig, immer
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