Ein Kampf um Rom
unnötige Feinheiten. Aber komm, laß dich eine entdeckte List mehr nicht so niederschlagen.
Ihr beide habt euch also verbunden, die Regentin zu stürzen. Mich wollt ihr gewinnen, euch dabei zu helfen. Dazu muß ich genau
wissen, was ihr weiter vorhabt. Wen wollt ihr auf Amalaswinthens Thron setzen? Denn noch ist der Weg für Justinian nicht frei.«
Beide schwiegen eine Weile. Es überraschte sie sein klares Durchschauen der Lage. Endlich sprach Gothelindis:
»Theodahad, meinen Gemahl, den letzten der Amelungen.« »Theodahad, den letzten der Amelungen«, wiederholte Cethegus langsam.
Indessen überlegte er alle Gründe für und wider. Er bedachte, daß Theodahad, unbeliebt bei den Goten, durch Petros erhoben,
bald ganz in der Hand der Byzantiner stehen und die Katastrophe durch Herbeirufung des Kaisers anders, früher als
er
wollte, herbeiführen würde. Er bedachte, daß er jedesfalls die Heere der Oströmer möglichst lange fernhalten müßte, und er
beschloß bei sich, die gegenwärtige Lage und Amalaswintha aufrechtzuhalten, da sie ihm Zeit zu seinen Vorbereitungen ließen.
All das hatte er im Augenblick gedacht, erwogen, beschlossen.
»Und wie wollt ihr nun eure Sache angehn?« fragte er ruhig.
»Wir werden das Weib auffordern, zugunsten meines Gatten abzudanken, unter Androhung, sie des Mordes anzuklagen.«
»Und wenn sie’s darauf wagt?«
»So vollführen wir die Drohung«, sagte Petros, »und erregen unter den Goten einen Sturm, der ihr –«
»Das Leben kostet«, rief Gothelindis.
»Vielleicht die Krone kostet«, sagte Cethegus.
»Aber gewiß sie nicht Theodahad zuwendet. Nein, wenn die Goten einen König wählen, heißt er nicht Theodahad.«
»Nur zu wahr!« knirschte Gothelindis.
»Dann könnte leicht ein König kommen, der uns allen viel unerfreulicher wäre als Amalaswintha. Und deshalb sag’ ich euch offen:
›ich bin nicht für euch, ich halte die Regentin.‹«
»Wohlan«, rief Gothelindis grimmig, sich zur Türe wendend, »also Kampf zwischen uns, komm, Petros.«
»Gemach, ihr Freunde«, sprach der Byzantiner. »Vielleicht ändert Cethegus seinen Sinn, wenn er dies Blatt gelesen.« Und er
reichte dem Präfecten jenen Brief, welchen Alexandros von Amalaswintha an Justinian überbracht.
Cethegus las: seine Züge verfinsterten sich.
»Nun«, meinte Petros höhnisch, »willst du noch die Königin stützen, die dich dem Untergang geweiht? Wo warst du, wenn sie
ihren Plan durchführte und deine Freunde nicht für dich wachten.«
Cethegus hörte ihn kaum.
»Armseliger«, dachte er, »als ob es das wäre! Als ob die Regentin daran nicht ganz recht hätte. Als ob ich ihr das verargen
könnte! Aber die Unvorsichtige hat bereits getan, was ich von Theodahad erst fürchtete: sie hat sich selbst vernichtet und
all meine Pläne bedroht: sie hat die Byzantiner schon ins Land gerufen, und sie werden jetzt kommen, ob sie noch will oder
nicht. Solange Amalaswintha Königin, wird Justinian ihren Beschützer spielen.«
Und nun wandte er sich, scheinbar in großer Bestürzung, an den Gesandten, den Brief zurückgebend:
»Und wenn sie ihren Entschluß durchführte, wenn sie auf dem Thron bliebe – bis wann können euere Heere landen?«
»Belisar ist schon auf dem Wege nach Sicilien«, sagte Petros, stolz darauf, den Hochmütigen eingeschüchtert zu haben, »in
einer Woche kann er vor Rom liegen.«
»Unerhört«, rief Cethegus in unverstellter Bewegung.
»Du siehst«, sprach Gothelindis, welcher Petros inzwischen den Brief gereicht, »die du halten wolltest, will dich verderben.
Komm ihr zuvor.«
»Und im Namen des Kaisers, meines Herrn, fordre ich dich auf, mir beizustehn, dies Gotenreich zu vernichten und Italien seiner
Freiheit wiederzugeben. Man weiß am Kaiserhof dich und deinen Geist zu schätzen, und nach dem Siege verheißt dir Justinian:–
die Würde eines Senators zu Byzanz.«
»Ist’s möglich!« rief Cethegus. »Aber nicht einmal diese höchste Ehre treibt mich dringender in euren Bund als die Entrüstung
über die Undankbare, die zum Lohn für meine Dienste mein Leben bedroht.– Du bist doch gewiß«, fragte er ängstlich, »daß Belisar
noch nicht so bald landen wird?«
»Beruhige dich«, lächelte Petros, »diese meine Hand ist’s, die ihn herbeiwinkt, wann es Zeit. Erst muß Amalaswintha durch
Theodahad ersetzt sein.«
»Gut«, dachte Cethegus, »Zeit gewonnen, alles gewonnen. Und nicht eher soll der Byzantiner landen, bis ich ihn
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