Ein Kampf um Rom
und betete ruhig
mit geschlossnen Augen, während die Wasser stiegen und stiegen: schon rauschten sie an den Stufen der Galerie.
»Beten willst du, Mörderin? Hinweg von dem Kreuz!« rief Gothelindis grimmig, »denk an die drei Herzöge!«
Und plötzlich begannen alle die Delphine und Tritonen auf der rechten Seite des Achtecks Ströme heißen Wassers auszuspeien:
weißer Dampf quoll aus den Röhren. Amalaswintha sprang auf und eilte auf die linke Seite der Galerie: »Gothelindis, ich vergebe
dir! töte mich, aber verzeih auch du meiner Seele.«
Und das Wasser stieg und stieg: schon schwoll es über die oberste Stufe und drang langsam auf den Boden der Galerie.
»Ich dir vergeben? Niemals! Denk an Eutharich!«–
Und zischend schossen jetzt von links die dampfenden Wasserstrahlen auf Amalaswintha. Sie flüchtete nun in die Mitte, gerade
dem Medusenhaupt gegenüber, die einzige Stelle, wohin kein Strahl der Wasserröhren reichte. Wenn sie die hier angebrachte
Sprungbrücke erstieg, konnte sie noch einige Zeit ihr Leben fristen: Gothelindis schien dies zu erwarten und sich an der verlängerten
Qual weiden zu wollen: schon brauste das Wasser auf dem Marmorboden der Galerie und bespülte die Füße der Gefangenen; rasch
flog sie die braunglänzenden Staffeln hinan und lehnte sich an die Brüstung der Brücke:
»Höre mich, Gothelindis! meine letzte Bitte! nicht für mich,– für mein Volk, für unser Volk – Petros will es verderben und Theodahad –«
»Ja, ich wußte, dieses Reich ist die letzte Sorge deiner Seele! Verzweifle! Es ist verloren! Diese törichten Goten, welche
jahrhundertelang den Balten die Amaler vorgezogen, sie sind verkauft und verraten von dem Haus der Amaler: Belisarius naht,
und niemand ist, der sie warnt.«
»Du irrst, Teufelin, sie
sind
gewarnt. Ich, ihre Königin, habe sie gewarnt. Heil meinem Volk! Verderben seinen Feinden und Gnade meiner Seele!«
Und mit raschem Sprung stürzte sie sich hoch von der Brüstung in die Fluten, welche sich brausend über ihr schlossen. Gothelindis
blickte starr auf die Stelle, wo ihr Opfer gestanden.
»Sie ist verschwunden«, sagte sie.
Dann blickte sie in die Flut: obenauf schwamm das Brusttuch Amalaswinthens.
»Noch im Tode überwindet mich dieses Weib«, sagte sie langsam: »wie lang war der Haß und wie kurz die Rache.«
Siebentes Kapitel
Wenige Tage nach diesen Ereignissen finden wir zu Ravenna in dem Gemach des Gesandten von Byzanz eine Anzahl von vornehmen
Römern geistlichen und weltlichen Standes versammelt: auch die Bischöfe Hypatius und Demetrius aus dem Ostreich weilten bei
ihm. Große Aufregung, aus Zorn und Furcht gemischt, sprach aus allen Gesichtern, als der gewandte Rhetor seine Ansprache mit
folgenden Worten schloß:
»Deshalb, ihr ehrwürdigen Bischöfe des Westreichs und des Ostreichs und ihr edeln Römer, hab’ ich euch hierherbeschieden.
Laut und feierlich lege ich vor euch im Namen meines Kaisers Verwahrung ein gegen alle Akte der Arglist und Gewalt, welche
im geheimen gegen die hohe Frau verübt werden mögen. Seit neun Tagen ist sie verschwunden aus Ravenna: wohl mit Gewalt hinweggeführt
aus eurer Mitte: sie, die von jeher die Freundin, die Beschützerin der Italier gewesen. Verschwunden ist am gleichen Tage
die Königin, ihre grimme Feindin. Ich habe Eilboten ausgesandt nach allen Richtungen, noch bin ich ohne Nachricht! aber wehe,
wenn –«
Er konnte nicht vollenden. Dumpfes Geräusch scholl von dem Forum des Hercules herauf, bald hörte man hastige Schritte im Vestibulum,
der Vorhang ward zurückgeschlagen, und ins Gemach eilte staubbedeckt einer der byzantinischen Sklaven des Gesandten:
»Herr«, rief er, »sie ist tot! sie ist ermordet!«
»Ermordet!« scholl es in der Runde.
»Durch wen?« fragte Petros.
»Von Gothelindis, auf der Villa im Bolsenersee.«
»Wo ist die Leiche? Wo die Mörderin?«
»Gothelindis gibt vor, die Fürstin sei im Bad ertrunken,unkundig mit den Wasserkünsten spielend. Aber man weiß, daß sie ihrem Opfer von hier auf dem Fuße nachgefolgt. Römer und Goten
eilen zu Hunderten nach der Villa, die Leiche in feierlichem Zuge hierherzugeleiten. Die Königin floh vor der Rache des Volks
in das feste Schloß von Feretri.«
»Genug«, rief Petros entrüstet, »ich eile zum König und fordre euch auf, ihr edeln Männer, mir zu folgen. Auf euer Zeugnis
will ich mich berufen vor Kaiser Justinian.«
Und sofort eilte er an der Spitze der
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