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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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das Bad, aus welchem bereits
     warme und köstliche Düfte aufstiegen. Das Licht fiel von oben herein durch eine achteckige Kuppel von kunstvoll geschliffnem
     Glas: grade am Eingang erhob sich eine Treppe von Zedernholz, die auf zwölf Staffeln zu einer Sprungbrücke führte: rings an
     den Marmorwänden der Galerie wie des Beckens verkleideten zahllose Reliefs die Mündungen der Röhren, welche den Wasserkünsten
     und der Luftheizung dienten. Ohne ein Wort legte das Weib das Badegerät auf die weichen Kissen und Teppiche, welche den Boden
     der Galerie bedeckten, und wandte sich zur Türe.
    »Woher bist du mir bekannt?« fragte die Fürstin, sie nachdenklich betrachtend, »wie lange bist du hier?«
    »Seit acht Tagen.«
    Und sie ergriff die Türe.
    »Wie lange dienst du Cassiodor?«
    »Ich diene von jeher der Fürstin Gothelindis.«
    Mit einem Angstschrei sprang Amalaswintha bei diesem Namen auf und wandte sich und griff nach dem Gewand des Weibes – zu spät:
     sie war hinaus, die Türe war zugefallen, und Amalaswintha hörte, wie der Schlüssel von außen abgezogen ward. Umsonst suchte
     ihr Auge nach einem anderen Ausgang. Da überkam ein ungeheures, unbekanntes Grauen die Königin: sie fühlte, daß sie furchtbar
     getäuscht, daß hier ein verderbliches Geheimnis verborgen sei: Angst, unsägliche Angst fiel auf ihr Herz: Flucht, Flucht aus
     diesem Raum war ihr einziger Gedanke.
    Aber keine Flucht schien möglich: die Türe war von innen jetzt nur eine dicke Marmortafel, wie die zur Rechten und Linken:
     nicht mit einer Nadel war in ihre Fugen zu dringen: verzweifelnd ließ sie die Blicke rings an der Wand der Galerie kreisen:
     nur die Tritonen und Delphine starrten ihr entgegen: endlich ruhte ihr Auge auf dem schlangenstarrenden Medusenhaupt ihr gerade
     gegenüber – und sie stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Das Gesicht der Meduse war zur Seite geschoben, und die ovale Öffnung
     unter dem Schlangenhaar war von einem lebenden Antlitz ausgefüllt. War es ein menschlich Antlitz?
    Die Zitternde klammerte sich an die Marmorbrüstung der Galerie und spähte vorgebeugt hinüber: ja, es waren Gothelindens verzerrte
     Züge: und eine Hölle von Haß und Hohn sprühte aus ihrem Blick. Amalaswintha brach in die Knie und verhüllte ihr Gesicht.
    »Du – du hier!«
    Ein heiseres Lachen war die Antwort.
    »Ja, Amelungenweib, ich bin hier und dein Verderben! Mein ist dies Eiland, mein das Haus – es wird dein Grab   –, mein Dolios und alle Sklaven Cassiodors, an mich verkauft seit acht Tagen. Ich habe dich hierhergelockt: ich bin dir hierher
     nachgeschlichen wie dein Schatten: lange Tage, lange Nächte hab’ ich den brennenden Haß getragen, endlich hier die volle Rachezu kosten. Stundenlang will ich mich weiden an deiner Todesangst, will es schauen, wie die erbärmliche, winselnde Furcht diese
     stolze Gestalt wie Fieber schüttelt und durch diese hochmütigen Züge zuckt – o ein Meer von Rache will ich trinken.«
    Händeringend erhob sich Amalaswintha: »Rache! Wofür? Woher dieser tödliche Haß?«
    »Ha, du fragst noch? Freilich sind Jahrzehnte darüber hingegangen, und das Herz des Glücklichen vergißt so leicht. Aber der
     Haß hat ein treues Gedächtnis. Hast du vergessen, wie dereinst zwei junge Mädchen spielten unter dem Schatten der Platanen
     auf der Wiese vor Ravenna? Sie waren die ersten unter ihren Gespielinnen: beide jung, schön und lieblich: Königskind die eine,
     die andere die Tochter der Balten. Und die Mädchen sollten eine Königin des Spieles wählen: und sie wählten Gothelindis, denn
     sie war noch schöner als du und nicht so herrisch: und sie wählten sie einmal, zweimal nacheinander. Die Königstochter aber
     stand dabei, von wildem, unbändigem Stolz und Neid verzehrt: und als man mich zum dritten wiedergewählt, faßte sie die scharfe,
     spitzige Gartenschere   –«
    »Halt ein, o schweig, Gothelindis.«
    – »Und schleuderte sie gegen mich. Und sie traf, und aufschreiend, blutend stürzte ich zu Boden, meine ganze Wange eine klaffende
     Wunde, und mein Auge, mein Auge durchbohrt. Ha, wie das schmerzt, noch heute.«
    »Verzeih, vergib, Gothelindis!« jammerte die Gefangene. »Du hattest mir ja längst verziehn.«
    »Verzeihen? ich dir verzeihen? Daß du mir das Auge aus dem Antlitz und die Schönheit aus dem Leben geraubt, das soll ich verzeihen?
     Du hattest gesiegt fürs Leben: Gothelindis war nicht mehr gefährlich: sie trauerte im stillen, die Entstellte floh das

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