Ein Kampf um Rom
Namen ›Nemesis‹ führt.
Nur das Eine betrübt mich unendlich, daß es meinem treuen Eifer nicht gelungen, die unselige Tochter Theoderichs zu retten.
Ich flehe dich an, meiner hohen Herrin, der Kaiserin, welche mir niemals gnädig gesinnt war, wenigstens zu versichern, daß
ich allen ihren Aufträgen bezüglich der Fürstin, deren Schicksal sie mir noch in der letzten Unterredung als Hauptsorge ans
Herz legte, aufs treueste nachzukommen suchte.
Auf die Anfrage bezüglich Theodahads und Gothelindens, deren Hilfe uns das Gotenreich in die Hände liefert, wage ich es, der
hohen Kaiserin mit der ersten Regel der Klugheit zu antworten: es ist zu gefährlich, die Mitwisser unsrer tiefsten Geheimnisse
am Hof zu haben.«
Diesen Brief sandte Petros eilig durch die beiden Bischöfe Hypatius und Demetrius voraus. Sie sollten nach Brundusium und
von da über Epidamnus auf dem Landweg nach Byzanz eilen. Er selbst wollte erst nach einigen Tagen folgen, langsam die gotische
Küste des ionischen Meerbusens entlangfahrend,überall die Stimmung der Bevölkerung in den Hafenstädten zu prüfen und zu schüren. Dann sollte er um den Peloponnes und Euböa
her nach Byzanz segeln: denn die Kaiserin hatte ihm den Seeweg vorgeschrieben und ihm Aufträge für Athen und Lampsakos erteilt.
Er überrechnete schon vor der Abreise von Ravenna mit vergnügten Sinnen immer wieder seine Wirksamkeit in Italien und den
Lohn, den er dafür in Byzanz erwartete. Er kehrte zurück, noch einmal so reich, als er gekommen. Denn er hatte der Königin
Gothelindis nie eingestanden, daß er mit dem Auftrag, Amalaswintha zu verderben, ins Land gekommen. Er hatte ihr vielmehr
lange die Gefahr der Ungnade bei Kaiser und Kaiserin entgegengehalten und sich nur mit Widerstreben durch sehr hohe Summen
von ihr für den Plan gewinnen lassen, in welchem er sie doch nur als Werkzeug brauchte. Er erwartete in Byzanz mit Sicherheit
die versprochne Würde des Patriciats und freute sich schon, seinem hochmütigen Vetter Narses, der ihn nie befördert hatte,
nun bald in gleichem Range gegenüberzutreten.
»So ist denn alles nach Wunsch gelungen«, sagte er selbstzufrieden, während er seine Briefschaften ordnete: »und diesmal,
du stolzer Freund Cethegus, hat sich die Verschmitztheit doch trefflich bewährt. Und der kleine Rhetor aus Thessalonike hat
es doch weiter gebracht mit seinen kleinen, leisen Schritten, denn du mit deinem stolzen, herausfordernden Gang. Nur muß noch
dafür gesorgt werden, daß Theodahad und Gothelindis nicht nach Byzanz an den Hof entrinnen: wie gesagt, das wäre zu gefährlich:
vielleicht hat die Frage der klugen Kaiserin eine Warnung sein sollen. Nein, dieses Königspaar muß verschwinden aus unsern
Wegen.«
Und er ließ den Gastfreund rufen, bei dem er gewohnt, und nahm Abschied von ihm. Dabei übergab er ihm eine dunkle, schmale
Vase von der Form derer, welche zur Aufbewahrung von Urkunden dienten: er versiegelte den Deckel mit seinem Ring, der einen
feingeschnittenen Skorpion zeigte, und schrieb einen Namen auf die daran hangende Wachstafel.
»Diesen Mann«, sagte er dem Gastfreund, »suche auf bei der nächsten Versammlung der Goten zu Regeta und übergib ihmdie Vase: was sie enthält, ist sein. Leb wohl, auf baldig Wiedersehen hier in Ravenna.«
Und er verließ mit seinen Sklaven das Haus und bestieg alsbald das Gesandtenschiff: von stolzen Erwartungen hochgehoben trug
ihn die »Nemesis« dahin.–
Und als sich nun sein Schiff dem Hafen von Byzanz näherte, von Lampsakos aus hatte er – auch dies hatte die Kaiserin gewünscht
– seine baldige Ankunft durch einen kaiserlichen Schnellsegler, der eben abging, melden lassen, überflog des Gesandten Auge
erwartungsvoll die schönen Landhäuser, welche marmorweiß aus den Schatten immergrüner Gärten blinkten.
»Hier wirst du künftig wohnen, unter den Senatoren des Reichs«, sprach wohlgefällig Petros.
Vor dem Einlaufen in den Hafen flog die »Thetis«, das prachtvolle Lustboot der Kaiserin, ihnen entgegen, sowie es des Gesandten
Galeere erkannte, die Purpurwimpel entrollend, und sie zum Halten anrufend. Alsbald stieg an Bord der Galeere ein Bote der
Kaiserin: es war Alexandros, der frühere Gesandte am Hof von Ravenna. Er wies dem Trierarchen ein Schreiben des Kaisers, in
das dieser einen erschrockenen Blick warf: dann wandte er sich zu Petros.
»Im Namen des Kaisers Justinian! Du bist wegen jahrelang fortgesetzter
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