Ein Kampf um Rom
sich in einer Schwenkung rechts vom Thronsitz
des Königs, zu welchem dieser zurückgewichen war: und Witichis, auf sein langes Schwert gestützt, trat hart vor den Griechen
hin und sah ihm scharf ins Auge. Eine erwartungsvolle Pause trat ein.
»Wer wagt es«, fragte Witichis ruhig, »hier den Herrn und Meister zu spielen im Königshaus der Goten?«
Von seiner Überraschung sich erholend, entgegnete Petros:
»Es steht dir übel an, Graf Witichis, Mörder zu beschützen. Ich hab’ ihn nach Byzanz geladen vor Gericht.«
»Und darauf hast du keine Antwort, Amelunge?« rief der alte Hildebrand zornig.
Aber das böse Gewissen band dem Könige die Stimme.
»So müssen wir statt seiner sprechen«, sagte Witichis. »Wisse, Grieche, vernehmt es wohl, ihr falschen und undankbaren Ravennaten,
das Volk der Goten ist frei und erkennt auf Erden keinen Herrn und Richter über sich.«
»Auch nicht für Mord und Blutschuld?«
»Wenn schwere Taten unter uns geschehn, richten und strafen wir sie selbst. Den Fremdling geht das nichts an, am wenigsten
unsern Feind, den Kaiser in Byzanz.«
»Mein Kaiser wird diese Frau rächen, die er nicht retten konnte. Liefert die Mörder aus nach Byzanz.«
»Wir liefern keinen Gotenknecht nach Byzanz, geschweige unsern König.«
»So teilt ihr seine Strafe wie seine Schuld, und Krieg erklär’ ich euch, im Namen meines Herrn. Erbebt vor Justinian und Belisar.«
Eine freudige Bewegung der gotischen Krieger war die Antwort. Der alte Hildebrand trat ans Fenster und rief zu den unten stehenden
Goten hinab:
»Hört, ihr Goten, frohe Kunde: Krieg, Krieg mit Byzanz.«
Da brach unten ein Getöse los, wie wenn das Meer entfesselt über seine Dämme bricht, die Waffen klirrten, und tausend Stimmen
jubelten:
»Krieg, Krieg mit Byzanz!«
Dieser Widerhall seines Wortes blieb nicht ohne Eindruck auf Petros und die Italier: das Ungestüm dieser Begeisterung erschreckte
sie: schweigend sahen sie vor sich nieder.
Während die Goten sich glückwünschend die Hände schüttelten, trat Witichis ernst, gesenkten Hauptes, in die Mitte, hart neben
Petros, und sprach feierlich: »Also Krieg! Wir scheuen ihn nicht – du hast es gehört. Besser offner Kampf als die langjährige,
lauernde, wühlende Feindschaft. Der Krieg ist gut: aber wehe dem Frevler, der ohne Recht und ohne Grund den Krieg beginnt.
Ich sehe Jahre voraus, viele Jahre von Blut und Mord und Brand, ich sehe zerstampfte Saaten, rauchende Städte, zahllose Leichen
die Ströme hinabschwimmen. Hört unser Wort: auf euer Haupt dies Blut, dies Elend. Ihr habt geschürt und gereizt jahrelang
– wir haben’s ruhig getragen. Und jetzt habt
ihr
den Krieg hereingeschleudert, richtend, wo ihr nicht zu richten habt, ohne Grund euch mischend in das Leben eines Volkes,
das so frei wie ihr: auf euer Haupt die Schuld. Dies unsre Antwort nach Byzanz.«
Schweigend hörte Petros diese Worte an, schweigend wandte er sich und schritt mit seinen italischen Freunden hinaus. Einige
von diesen gaben ihm das Geleit bis in seine Wohnung, unter ihnen der Bischof von Florentia.
»Ehrwürdiger Freund«, sagte er zu diesem beim Abschied, »die Briefe Theodahads in der bewußten Sache, die ihr mir zur Einsicht
anvertraut, mußt du mir ganz belassen. Ich bedarf ihrer, und für deine Kirche sind sie nicht mehr nötig.«
»Der Prozeß ist längst entschieden«, erwiderte der Bischof, »und die Güter unwiderruflich erworben. Die Dokumente sind dein.«
–
Darauf verabschiedete der Gesandte seine Freunde, welche ihn bald mit dem kaiserlichen Heere in Ravenna wiederzusehen hofften,
und eilte in sein Gemach, wo er zuerst einen Boten an Belisar abfertigte, ihn zum sofortigen Angriff aufzufordern. Darauf
schrieb er einen ausführlichen Bericht an den Kaiser, der mit folgenden Worten schloß:
»Und so scheinst du, o Herr, wohl Grund zu haben, mit den Diensten deines getreuesten Knechts zufrieden zu sein und mit der
Lage der Dinge. Das Volk der Barbaren in Parteien zerspalten: auf dem Thron ein verhaßter Fürst, unfähig und treulos: die
Feinde sonder Rüstung überrascht: die italische Bevölkerung überall für dich gewonnen:– es kann nicht fehlen, wenn keine Wunder
geschehen, müssen die Barbaren fast ohne Widerstand erliegen. Und wie so oft tritt auch hier mein erhabener Kaiser, dessen
Stolz das Recht, als Schirmherr und Rächer der Gerechtigkeit auf – es ist ein geistvoller Zufall, daß die Trireme, welche
mich trägt, den
Weitere Kostenlose Bücher