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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Mann, und meine Zweifel an ihm kamen dicht und dichter. Und ich sah
     ins Feuer, drin der Stamm verkohlte. So schlief ich ein, und im Traum sah ich dich und Witichis. Er tafelte im Goldsaal unter
     stolzen Männern und schönen Frauen, in Glanz und Pracht gekleidet. Du aber standest vor der Tür, im Bettlerkleid, und weintest
     bittre Tränen und riefst ihn beim Namen. Er aber sprach: ›Wer ist das Weib? ich kenne sie nicht.‹ – Und es ließ mich nicht
     mehr droben in den Bergen. Herab zog’s mich: ich mußte sehen, wie mein Kind gehalten ist im Tal und überraschen wollt’ ich
     ihn,– deshalb wollt’ ich nicht durchs Tor ins Haus.«
    »Vater«, sprach Rauthgundis zornig, »dergleichen soll man selbst im Traume nicht denken. Dein Mißtrauen   –«
    »Mißtrauen! ich traue niemand als mir selbst. Und in demBlitzschlag und in dem Traumgesicht hat sich mir deutlich gemeldet: dir droht ein Unglück! Weich ihm aus! Nimm deinen Knaben,
     und geh mit mir in die Berge! Nur auf kurze Zeit. Glaub’ mir, du wirst es bald wieder schön finden in der freien Luft, wo
     man über aller Herren Länder hinwegsieht.«
    »Ich soll meinen Mann verlassen? Niemals.«
    »Hat er nicht dich verlassen? Ihm ist Hof und Königsdienst mehr als Weib und Kind. So laß ihm seinen Willen.«
    »Vater«, sprach jetzt Rauthgundis, seine Hand heftig fassend, »kein Wort mehr! Hast du denn meine Mutter nicht geliebt, daß
     du so reden kannst von Ehegatten? Mein Witichis ist mir alles, Luft und Licht des Lebens. Und er liebt mich mit seiner ganzen
     treuen Seele. Und wir sind eins. Und wenn er für recht hält, fern von mir zu schaffen – zu wirken, so
ist
es recht. Er führt seines Volkes Sache. Und zwischen mich und ihn soll kein Wort, kein Hauch, kein Schatten treten. Und auch
     ein Vater nicht.«
    Der Alte schwieg. Aber sein Mißtrauen schwieg nicht.
    »Warum«, hob er nach einer Pause wieder an, »wenn er am Hof so wichtige Geschäfte hat, warum nimmt er dich nicht mit? Schämt
     er sich der Bauerntochter?«, und zornig stieß er seinen Stock auf die Erde.
    »Der Zorn verwirrt dich! Du grollst, daß er mich vom Berg ins Tal der Welschen geführt – und grollst ebenso, weil er mich
     nicht nach Rom mitten unter sie führt!«
    »Du sollst’s auch nicht tun! Aber er soll’s wollen. Er soll dich nicht entbehren können. Aber des Königs Feldherr wird sich
     des Bauernkindes schämen.«
    Da, ehe Rauthgundis antworten konnte, sprengte ein Reiter an das jetzt verschlossne Hoftor, vor dem sie eben standen.
    »Auf, aufgemacht!« rief er, mit der Keule an die Pfosten schlagend.
    »Wer ist da draußen?« fragte der Alte vorsichtig.
    »Aufgemacht! so lang läßt man einen Königsboten nicht warten!«
    »Es ist Wachis«, sprach Rauthgundis, den schweren Riegelbalken im Ring zurückschiebend, »was bringt dich so plötzlich zurück?«
    »Du bist es selbst, die mir öffnet!« rief der treue Mann, »o Gruß und Heil, Frau Königin der Goten! Der Herr ist zum König
     des Volks gewählt. Diese meine Augen sahen ihn hoch auf den Heerschild gehoben: er läßt dich grüßen: und entbietet dich und
     Athalwin nach Rom. In zehn Tagen sollst du aufbrechen.«
    In allem Schrecken und in aller Freude und zwischen allen Fragen durch konnte sich Rauthgundis nicht enthalten eines freudig
     stolzen Blicks auf ihren Vater: dann warf sie sich an seine Brust und weinte.
    »Nun«, fragte sie, endlich sich losmachend, »Vater, was sagst du nun?«
    »Was ich sage? Jetzt ist das Unglück da, das mir geahnt! Ich gehe noch heute nacht zurück auf meinen Berg.«

Zweites Kapitel
    Während die Goten bei Regeta tagten, umklammerte in weitgeschwungenem Halbkreis das mächtige Heerlager Belisars die hart bedrängte
     Stadt Neapolis. Rasch, unaufhaltsam wie ein Brand in getrocknetem Heidegras, hatte sich das Heer der Byzantiner von der äußersten
     Südostspitze Italiens bis vor die Mauern der parthenopeischen Stadt gewälzt, ohne Widerstand zu finden. Denn dank den Befehlen
     Theodahads waren nicht hundert Gotenkrieger in jenen Gegenden zu finden.
    Das kurze Vorpostengefecht am Passe Jugum war der einzige Aufenthalt, auf den die Griechen stießen: die römische Bevölkerung
     von Bruttien mit den Städten Regium, Vibo und Squillacium, Tempsa und Croton, Ruscia und Thurii, von Calabrien mit den Städten
     Gallipolis, Tarentum und Brundusium, von Lucanien mit den Städten Velia und Buxentum, von Apulien mit den Städten Acheruntia
     und Canusium, Salernum, Nuceria und Campsä,

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