Ein Kampf um Rom
mit den Bösen, Liuta. Alles Gut, dessen ich hier walte, ist meines Herrn Eigen und meines Knaben
Erbe. Da heißt es, streng sein.«
Da wurden der Alte und Athalwin in der Tür sichtbar: der Knabe wollte rufen, aber sein Begleiter verhielt ihm den Mund und
sah eine Weile unbemerkt dem Schalten und Walten Rauthgundens zu, wie sie der Mägde Arbeit prüfte, lobte und schalt und neue
Aufträge gab.
»Ja«, sprach der Alte endlich zu sich selbst, »stattlich sieht sie aus, und sie scheint wohl die Herrin im Hause – doch! wer
weiß alles!«
Da war Athalwin nicht mehr zu halten:
»Mutter«, rief er, »ein fremder Mann, der Thursa behext und über den Zaun gestiegen und zu dir will. Ich kann’s nicht begreifen.«
Da wandte sich die stattliche Frauengestalt würdevoll dem Eingang zu, die Hand vor die Augen haltend, die blendende Abendsonne,
die in die offne Türe brach, abzuwehren.
»Was führst du den Gast hierher? Du weißt, der Vater ist nicht hier. Führ ihn in die große Halle. Sein Platz ist nicht bei
mir.«
»Doch, Rauthgundis! hier, bei dir, ist mein Platz«, sprach der Alte vortretend.
»Vater!« – rief die Frau und lag an der Brust des Fremden.
Verdutzt und nicht ohne Mißbehagen sah Athalwin auf die Gruppe.
»Du bist also der Großvater, der da oben in den Nordbergen haust? Nun grüß Gott, Großvater! Aber warum sagst du denn das nicht
gleich? Und warum kommst du nicht durchs Tor wie andre ehrliche Leute?«
Der Alte hielt seine Tochter bei beiden Händen und sah ihr scharf ins Auge.
»Sie sieht glücklich aus und gedeihend«, brummte er vor sich hin.
Da faßte sich Rauthgundis: rasch warf sie einen Blick durchdie Halle. Alle Spindeln ruhten,– außer Liutas – aller Augen ruhten neugierig auf dem Alten.
»Ob ihr wohl spinnen wollt, fürwitzige Elstern?« rief sie streng.
»Du, Marcia, hast vor lauter Gaffen den Flachs herabfallen lassen,– du kennst den Brauch, du spinnst eine Spule mehr,– ihr
andern macht Feierabend. Komm, Vater! Liuta, rüst ein laues Bad und Fleisch und Wein. –«
»Nein!« sprach der Vater, »der alte Bauer hat am Berg auch nur Bad und Trunk am Wasserfall. Und was das Essen anlangt – draußen,
vorm Hinterzaun, am Grenzpfahl, liegt mein Rucksack, den holt mir: da hab’ ich mein Speltbrot und meinen Schafkäse, den bringt
mir. – Wieviel habt ihr Rinder im Stall und Rosse auf der Weide?« Es war seine erste Frage.
Eine Stunde darauf – schon war es dunkel geworden, und der kleine Athalwin war kopfschüttelnd über den Großvater zu Bett gegangen,–
da wandelten Vater und Tochter beim Licht des aufgehenden Mondes ins Freie.
»Ich hab’ nicht Luft genug da drinnen«, hatte der Alte gesagt.
Sie sprachen viel und ernst, wie sie durch den Hof und durch den Garten schritten. Mittendrein warf der Alte immer wieder
Fragen nach ihrer Wirtschaft auf, wie sie ihm Gerät oder Gebäude nahelegten: und in seinem Ton lag keine Zärtlichkeit: nur
manchmal in dem Blick, der verstohlen sein Kind musterte.
»Laß doch endlich Roggen und Rosse«, lächelte Rauthgundis, »und sage mir, wie’s dir gegangen ist die langen Jahre? Und was
dich endlich einmal herabgeführt hat von den Bergen zu deinen Kindern?«
»Wie’s mir gegangen? Nun: halt einsam, einsam! Und kalte Winter! Ja, bei uns ist’s nicht so hübsch warm, wie hier im Welschtale.«
Und er sagte das wie einen Vorwurf.
»Und warum ich herunter bin? Ja sieh, letztes Jahr hat sich der Zuchtstier zerfallen auf dem Firnjoch. Und da wollt’ ich mir
einen andern kaufen hier unten.«
Da hielt sich Rauthgundis nicht länger: mit warmer Liebe warf sie sich an des Alten Brust und rief:
»Und den Zuchtstier hast du nicht näher gefunden als hier? Lüge doch nicht, Steinbauer, gegen dein eigen Herz und dein eigen
Kind. Du bist gekommen, weil du gemußt, weil du’s doch endlich nicht mehr ausgehalten vor Heimweh nach deinem Kinde.«
Der Alte blieb stehen und streichelte ihr Haar:
»Woher du’s nur weißt! Nun ja! ich mußte doch mal selbst sehen, wie’s um dich steht, und wie er dich hält, der Gotengraf.«
»Wie seinen Augapfel«, sprach das Weib selig.
»So? und warum ist er denn nicht daheim bei Hof und Haus und Weib und Kind?«
»Er steht beim Heer in des Königs Dienst.«
»Ja, das ist’s ja eben. Was braucht er einen Dienst und einen König? Doch – sage: warum trägst du keinen goldnen Armreif?
Ein Gotenweib aus dem Welschtal kam einmal des Wegs bei uns vorbei, vor fünf
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