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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Jahren, die trug Gold handbreit: da dacht’ ich:
     so trägt’s deine Tochter, und freute mich, und nun   –«
    Rauthgundis lächelte: »Soll ich Gold tragen für meiner Mägde Augen? Ich schmücke mich nur, wenn Witichis es sieht.«
    »So? mög’ er’s verdienen! Aber du
hast
doch Goldspangen und Goldreife wie andre Gotenfrauen hier unten?«
    »Mehr als andre, truhenvoll. Witichis brachte große Beute vom Gepidenkrieg.«
    »So bist du ganz glücklich?«
    »Ganz, Vater, aber nicht wegen der Goldspangen.«
    »Hast du über nichts zu klagen? Sag’s mir nur, Kind! Was es auch sei, sag’s deinem alten Vater, und er schaft dir dein Recht.«
    Da blieb Rauthgundis stehen.
    »Vater, sprich nicht so! Das ist nicht recht von dir zu sprechen, nicht von mir zu hören. Wirf ihn doch weg, den unglückseligen
     Irrwahn, als müßte ich elend werden, weil ich zu Tal gezogen. Ich glaube fast, nur diese Furcht hat dich hier herabgeführt.«
    »Nur sie!« rief der Alte hastig, mit dem Stock aufstoßend.
    »Und du nennst einen Wahn, was deines Vaters tiefstes innres Wesen? Ein Wahn! Ah, ist’s ein Wahn, daß sich’s schwer atme hier
     unten? Ein Wahn, daß unsre hochgewachsenen, weißen Goten klein und braun geworden hier unten im Tal? Ist es ein Wahn, daß
     alles Unheil von jeher von Süden hergekommen, von diesem weichen, falschen Tal? Woher kamen die Bergstürze über unsre Hütten?
     von Süden her. Von wo kommt der giftige Wind, der Mensch und Vieh verdirbt? Von Süden. Warum stürzt’ mir Kuh und Schaf, wenn
     sie am Südhang grasen? Warum starb deine Mutter, wie sie das erstemal von unserm Berge nach Bolsanum herabkam, in der schwülen
     Stadt? Ein Bruder von dir stieg auch herab, trat in des Königs Theoderich Waffenschar zu Ravenna: erstochen haben ihn die
     Welschen beim Wein. Warum taugt kein Knecht mehr was, der je hier in den Süden herabstieg, auch nur auf einen Winter? Wo hat
     unser großer Held Theoderich das verfluchte Regieren gelernt, mit Steuern und Folter und Kerker und Schreiben? Was haben unsre
     Väter von all dem gewußt? Von woher kommt aller Trug, alle Unfreiheit, alle Üppigkeit, alle Unkraft, alle List? Von hier:
     aus dem Welschtal, aus dem Süden, wo die Menschen zu Tausenden beisammennisten, wie unsauber Gewürm, und einer dem andern
     die Luft vergiftet. Und da kommt mir so Einer auf meinen Fels und holt mein frisches Kind herab in dieses Land des Unsegens!
     Dein Eheherr hat was Gutes und Klares, ich leugn’ es nicht; und hätte er sich droben bei mir ein Gehöft gebaut, ich hätte
     ihm gern mein Kind und das Joch der besten Ochsen dazu gegeben. Aber nein! Da herunter mußte er sie führen ins heiße Sumpftal.
     Und er selbst bückt den Kopf in goldnen Sälen zu Rom und in der Rabenstadt. Wohl hab’ ich mich lang gewehrt   –«
    »Aber endlich gabst du nach   –«
    »Was wollt’ ich machen? War doch mein kernfrisches Mädel ganz herzenssiech geworden nach dem Unglücksmann.«
    »Und zehn Jahre hat der Unglücksmann dein Kind beglückt.«
    »Wenn’s nur auch wahr ist!«
    »Vater!«
    »Und wahr bleibt. Es wäre das erste Mal, daß Glück von Süden käme. Sieh, mein Abscheu ist so groß vor der Ebne, daß ich die
     sieben Jahr nicht niederstieg, gar mein Enkelkind nie gesehn habe. Wenn ich es jetzt doch getan, hat’s schweren Grund.«
    »Also nicht die Liebe? nicht dein Herz?«
    »Freilich! doch mein banges Herz! Ein böses Zeichen ist geschehen. Du denkst doch noch der lustigen Buche, die am Felsbache
     stand, rechts vorm Hause? Ich pflanzte sie, nach altem Brauch, an dem Tag, da du geboren wardst. Und prächtig, wie du selbst,
     gedieh der Baum. In dem Jahr, da du fortzogst freilich, fand ich, er sehe krank und traurig aus. Aber die andern sahen es
     nicht und lachten mich aus. Nun, sie erholte sich wieder und war frisch und grün. Doch in der letzten Woche kam des Nachts
     ein Hochgewitter, so wütig, wie ich’s selten gehört da droben in den Felsen, und als wir am Morgen vor das Tor treten – ist
     der Stamm vom Blitz zerspalten, und die Krone hat der Gießbach mit sich fortgerissen – nach Süden.«
    »Schad’um den lieben Baum! Doch kann dich das ängstigen?«
    »Es ist nicht alles. Traurig grub ich am Abend, nach dem Tagewerk, den armen Stamm aus der Erde und warf ihn ins Herdfeuer,
     daß er nicht verunehrt und elend am Wege stehe, der meines Kindes ein Bild und Zeichen war. Und ich nahm mir’s sehr zu Herzen,
     und ich sann und sann mit schweren Sorgen über deinen

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