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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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»Miriam!«
    »Neapolis,– wir sehen uns wieder.«
    Und er winkte zum Aufbruch gen Rom. Aber von Stund an war ein Schatten gefallen in des jungen Goten Seele: mit dem heiligen
     Recht des Schmerzes hatte sich Miriam in sein Herz gegraben für immerdar. Als Johannes mit den Reitern von seiner fruchtlosen
     Verfolgung heimkehrte, rief er, vom Pferde springend, mit wütiger Stimme: »Wo ist die Dirne, die ihn gewarnt? Werft sie vor
     die Hunde.«
    Und er eilte zu Belisar, das Mißgeschick zu melden. Aber niemand wußte zu sagen, wohin der schöne Leichnam geraten. Die Rosse
     hätten sie zertreten, meinte die Menge.
    Aber Einer wußte es besser: Garizo, der Bajuvare. Der hatte sie im Tumult sachte, wie ein schlafend Kind, auf seinen starken
     Armen davongetragen in das nahe Gärtchen, hatte die Steinplatte von dem kaum geschlossnen Grabe gewälzt und die Tochter sorglich
     an des Vaters Seite gelegt: dann hatte er sie still betrachtet. Aus der Ferne scholl das Getöse der geplünderten Stadt, in
     welcher die Massageten Belisars, trotz seines Verbots, brannten und mordeten und sogar die Kirchen nicht verschonten, bis
     der Feldherr selbst, mit dem Schwert unter sie fahrend, Einhalt schuf.–
    Es lag ein edler Schimmer auf ihrem Antlitz, daß er nicht wagte, wie er so gern gewollt, sie zu küssen. So legte er denn ihr
     Gesicht gegen Osten und brach eine Rose, die neben dem Grabe blühte, und legte sie ihr auf die Brust. Dann wollte er fort,
     seinen Teil an der Plünderung zu nehmen. Aber es ließ ihn nicht fort: er wandte sich wieder um. Und er hielt die Nacht über,
     an seinen Speer gelehnt, Totenwacht am Grabe des schönen Mädchens. Er sah auf zu den Sternen und betete einen uralten heidnischen
     Totensegen, den ihn die Mutter daheim an der Liusacha gelehrt. Aber es war ihm nicht genug: andächtig betete er noch dazu
     ein christlich Vaterunser. Und als die Sonne emporstieg, schob er sorgfältig den Stein über das Grab und ging.
    So war Miriam spurlos verschwunden. Aber das Volk in Neapolis, das im stillen warm an Totila hing, erzählte, schönheitstrahlend
     sei sein Schutzengel herabgestiegen, ihn zu retten, und wiederaufgefahren gen Himmel.

Sechstes Kapitel
    Der Fall von Neapolis war erfolgt wenige Tage nach der Versammlung zu Regeta. Und Totila stieß schon bei Formiä auf seinen
     Bruder Hildebad, welchen König Witichis mit einigen Tausendschaften schleunig abgesandt hatte, die Besatzung der Stadt zu
     verstärken, bis er selbst mit einem größeren Heere zum Entsatz herbeieilen könne. Wie jetzt die Dinge standen, konnten die
     Brüder nichts andres tun, als sich auf die Hauptmacht,nach Regeta, zurückziehen, wo Totila seinen traurigen Bericht von den letzten Stunden von Neapolis erstattete. Der Verlust
     der dritten Stadt des Reiches, des dritten Hauptbollwerks Italiens, mußte den ganzen Kriegsplan der Goten verändern.
    Witichis hatte die zu Regeta versammelten Scharen gemustert: es waren gegen zwanzigtausend Mann. Diese, mit der kleinen Schar,
     welche Graf Teja eigenmächtig zurückgeführt, waren im Augenblick die ganze verfügbare Macht: bis die starken Heere, welche
     Theodahad weit weg nach Südgallien und Noricum, nach Istrien und Dalmatien entsendet, wiewohl sofort zur schnellen Rückkehr
     aufgefordert, einzutreffen vermochten, konnte ganz Italien verloren sein. Gleichwohl hatte der König beschlossen, sich mit
     diesen zwanzig Tausendschaften in die Werke von Neapolis zu werfen und hier dem durch den Zufluß der Italier auf mehr als
     die dreifache Übermacht angeschwollnen Heere der Feinde bis zum Eintreffen der Verstärkungen Widerstand zu leisten.
    Aber jetzt, da jene feste Stadt in Belisars Hand gefallen, gab Witichis den Plan, sich ihm entgegenzuwerfen, auf. Sein ruhiger
     Mut war ebensoweit von Tollkühnheit wie von Zagheit entfernt. Ja, der König mußte seiner Seele noch einen andern, schmerzlicheren
     Entschluß abringen. Während in den Tagen nach dem Eintreffen Totilas in dem Lager vor Rom sich der Schmerz und der Grimm der
     Goten in Verwünschungen über den Verräter Theodahad, über Belisar, über die Italier Luft machte, während schon die kecke Jugend
     hie und da anhob, auf das Zaudern des Königs zu schelten, welcher sie nicht gegen diese Griechlein führen wolle, deren je
     vier auf einen Goten gingen, während der Ungestüm des Heeres schon über den Stillstand grollte, gestand sich der König mit
     schwerem Herzen die Notwendigkeit, noch weiter zurückzuweichen und

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