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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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selbst Rom vorübergehend preiszugeben.
    Tag für Tag kamen Nachrichten, wie Belisars Heer anwachse: aus Neapolis allein führte er zehntausend Mann – als Geiseln zugleich
     und Kampfgenossen,– von allen Seiten strömten die Welschen zu seinen Fahnen: von Neapolis bis Rom war kein Waffenplatz fest
     genug, Schutz gegen solche Übermacht zu gewähren,und die kleineren Städte an der Küste öffneten dem Feind mit Jubel die Tore. Die gotischen Familien aus diesen Gegenden flüchteten
     in das Lager des Königs und berichteten, wie gleich am Tage nach dem Falle von Neapolis Cumä und Atella sich ergeben, darauf
     folgten Capua, Cajeta und selbst das starke Benevent.
    Schon standen die Vorposten Belisars, hunnische, saracenische und maurische Reiter, bei Formiä. Das Gotenheer erwartete und
     verlangte eine Schlacht vor den Toren Roms. Aber längst hatte Witichis die Unmöglichkeit erkannt, mit zwanzigtausend Mann
     einem Belisar, der bis dahin hunderttausend zählen konnte, im offnen Feld entgegenzutreten. Eine Zeitlang hegte er die Hoffnung,
     die mächtigen Befestigungen Roms, das stolze Werk des Cethegus, gegen die byzantinische Überflutung halten zu können: aber
     bald mußte er auch diesen Gedanken aufgeben. Die Bevölkerung Roms zählte, dank dem Präfecten, mehr waffenfähige und waffengeübte
     Männer denn seit manchem Jahrhundert: und stündlich überzeugte sich der König, von welcher Gesinnung diese beseelt waren.
     Schon jetzt hielten die Römer kaum noch ihren Haß wider die Barbaren zurück: es blieb nicht bei feindlichen und höhnischen
     Blicken: schon konnten sich Goten in den Straßen nur in guter Bewaffnung und großen Scharen blicken lassen: und täglich fand
     man vereinzelte gotische Wachen von hinten erdolcht.
    Und Witichis konnte sich nicht verhehlen, daß diese Elemente des Volksgeistes organisiert und geleitet waren von schlauen
     und mächtigen Häuptern: den Spitzen des römischen Adels und des römischen Klerus. Er mußte sich sagen, daß, sowie Belisar
     vor den Mauern erscheinen werde, das Volk von Rom sich erheben und mit dem Belagerer vereint die kleine gotische Besatzung
     erdrücken würde. So hatte Witichis den schweren Entschluß gefaßt, Rom, ja ganz Mittelitalien aufzugeben, sich nach dem festen
     und verlässigen Ravenna zu werfen, hier die mangelhaften Rüstungen zu vollenden, alle gotischen Streitkräfte an sich zu ziehen
     und dann mit einem gleichstarken Heere den Feind aufzusuchen.
    Er war ein Opfer, dieser Entschluß. Denn auch Witichishatte sein redlich Teil der germanischen Rauflust, und es war seinem Mut eine herbe Zumutung, anstatt frisch draufloszuschlagen,
     zurückweichend seine Verteidigung zu suchen. Aber noch mehr. Nicht rühmlich war es für den König, der um seiner Tapferkeit
     willen auf den Thron des feigen Theodahad gehoben worden, wenn er sein Regiment mit schimpflicher Flucht begann: er hatte
     Neapolis verloren in den ersten Tagen seiner Herrschaft: sollte er jetzt freiwillig Rom, die Stadt der Herrlichkeiten, sollte
     er mehr als die Hälfte von Italien preisgeben? Und wenn er seinen Stolz bezwang um des Volkes willen,– wie mußte das Volk
     von ihm denken? Diese Goten mit ihrem Ungestüm, ihrer Verachtung der Feinde! Konnte er nur daran denken, ihren Gehorsam zu
     erzwingen? Denn ein germanischer König hatte mehr zu raten, vorzuschlagen, denn zu befehlen und zu gebieten. Schon mancher
     germanische König war von seinem Volksheer wider seinen Willen zu Kampf und Niederlage gezwungen worden. Er fürchtete ein
     Gleiches: und schweren Herzens wandelte er einst des Nachts im Lager zu Regeta in seinem Zelte auf und ab.
    Da nahten hastige Schritte, und der Vorhang des Zeltes ward aufgerissen: »Auf, König der Goten«, rief eine leidenschaftliche
     Stimme, »jetzt ist nicht Zeit zu schlafen!«
    »Ich schlafe nicht, Teja«, sprach Witichis, »seit wann bist du zurück? Was bringst du?«
    »Eben schritt ich ins Lager, der Tau der Nacht ist noch auf mir. Wisse zuerst: sie sind tot.«
    »Wer?«
    »Der Verräter und die Mörderin!«
    »Wie? du hast sie beide erschlagen?«
    »Ich schlage keine Weiber. Theodahad, dem Schandkönig, folgte ich zwei Tage und zwei Nächte. Er war auf dem Weg nach Ravenna,
     er hatte starken Vorsprung. Aber mein Haß war noch rascher als seine Todesangst. Schon bei Narnia holte ich ihn ein: zwölf
     Sklaven begleiteten seine Sänfte: sie hatten nicht Lust, für den Elenden zu sterben: sie warfen die Fackeln weg und flohn.
     Ich

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