Ein Kampf um Rom
riß ihn aus der Sänfte und drückte ihm sein eigenes Schwert in die Faust: er aber fiel nieder, bat um sein Leben und führtezugleich einen heimtückischen Stoß nach mir. Da schlug ich ihn, wie ein Opfertier: mit drei Streichen. Einen für das Reich:
und zwei für meine Eltern. Und ich hing ihn an seinem goldenen Gürtel auf, an der offnen Heerstraße, an einem dürren Eibenbaum:
da mag er hangen, ein Fraß für die Vögel des Himmels, eine Warnung für die Könige der Erde.«
»Und was ward aus ihr?«
»Sie fand ein schrecklich Ende!« sprach Teja schaudernd.
»Als ich von hier nach Rom kam, wußte man nur, daß sie verschmäht, den Feigling zu begleiten: er floh allein. Gothelindis
aber rief seine kappadokische Leibwache zusammen und verhieß den Männern goldne Berge, wenn sie sich zu ihr halten und mit
ihr nach Dalmatien und in das feste Salona sich werfen wollten. Die Söldner schwankten und wollten erst das verheißne Gold
sehen. Da verhieß Gothelindis, es zu bringen, und ging. Seitdem war sie verschwunden. Wie ich wieder durch Rom kam, war sie
freilich gefunden.«
»Nun?«
»Sie hatte sich in die Katakomben gewagt, allein, ohne Führer, einen dort vergrabnen Schatz zu holen. Sie muß sich in diesem
Labyrinth verirrt haben, sie fand den Ausgang nicht mehr. Suchende Söldner fanden sie lebend: ihre Fackel war nicht herabgebrannt,
sondern fast völlig erhalten: sie mußte alsbald erloschen sein, nachdem sie die Höhlung beschritten. Wahnsinn sprach aus ihrem
Blick: lange Todesangst, Verzweiflung haben dieses böse Weib zermürbt: sie starb, sowie sie an Tageslicht gebracht war.«
»Schrecklich!« rief Witichis.
»Gerecht!« sagte Teja. »Aber höre weiter.«
Eh’ er beginnen konnte, eilten Totila, Hildebad, Hildebrand und andre gotische Führer ins Zelt: »Weiß er’s?« fragte Totila.
»Noch nicht«, sagte Teja.
»Rebellion!« rief Hildebad! »Rebellion! Auf, König Witichis, wehre dich deiner Krone! Lege dem Knaben das Haupt vor die Füße.«
»Was ist geschehn?« fragte Witichis ruhig.
»Graf Arahad von Asta, der eitle Laffe, hat sich empört. Erist gleich nach deiner Wahl davongeritten gegen Florentia, wo sein älterer Bruder, der stolze Herzog von Tuscien, Guntharis,
haust und herrscht. Da haben die Wölsungen viel Anhang gefunden, haben die Goten überall aufgerufen gegen dich zum Schutz
der ›Königslilie‹, wie sie sie nennen: Mataswintha sei die Erbin der Krone. Sie haben sie als Königin ausgerufen. Sie weilte
in Florentia, fiel also gleich in ihre Gewalt. Man weiß nicht, ist sie Guntharis’ Gefangene oder Arahads Weib. Nur das weiß
man, daß sie avarische und gepidische Söldner geworben, den ganzen Anhang der Amaler und ihre ganze Sippe und Gefolgschaft,
zu all dem großen Anhang der Wölsungen, bewaffnet haben. Dich schelten sie den Bauernkönig: sie wollen Ravenna gewinnen!«
»O schicke mich nach Florentia mit nur drei Tausendschaften!« rief Hildebad zornig. »Ich will dir diese Königin der Goten
samt ihrem adeligen Buhlen in einem Vogelkäfig gefangen bringen.«
Aber die andern machten besorgte Gesichter.
»Es sieht finster her!« sprach Hildebrand.
»Belisar mit seinen Hunderttausenden vor uns:– im Rücken das schlangenhafte Rom,– all unsre Macht noch fünfzig Meilen fern
– und jetzt noch Bruderkrieg und Aufruhr im Herzen des Reiches! der Donner schlag’ in dieses Land.«
Aber Witichis blieb ruhig und gefaßt wie immer. Er strich mit der Hand über die Stirn. »Es ist vielleicht gut so«, sagte er
dann. »Jetzt bleibt uns keine Wahl. Jetzt
müssen
wir zurück.«
»Zurück?« fragte Hildebad zürnend.
»Ja! Wir dürfen keinen Feind im Rücken lassen. Morgen brechen wir das Lager ab und gehn –«
»Gegen Neapolis vor?« sagte Hildebad.
»Nein! Zurück nach Rom! Und weiter, nach Florentia, nach Ravenna! Der Brand der Empörung muß zertreten sein, eh’ er noch recht
entglommen.«
»Wie? du weichst vor Belisar zurück?«
»Ja, um desto stärker vorzugehen, Hildebad! Auch die Bogensehne spannt die Kraft zurück, den tödlichen Pfeil zu schnellen.«
»Nimmermehr!« sprach Hildebad, »das kannst – das darfst du nicht.«
Aber ruhig trat Witichis auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter: »Ich bin dein König. Du hast mich selbst gewählt.
Hell klang vor andern
dein
Ruf: ›Heil König Witichis!‹ Du weißt es, Gott weiß es: nicht ich habe die Hand ausgestreckt nach dieser Krone! Ihr habt sie
mir auf
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