Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
Vom Netzwerk:
dachte, sie bedauerten mich: und das tat mir weh. Und öfter und öfter flüchtete ich zum Grabe des Vaters,bis es der Mutter gemeldet ward: und ich ward verklagt, daß ich dort weinte und ganz verstört zurückkäme. Zornig verbat mir
     die Mutter, ohne sie das Grab wieder zu besuchen: und sprach von verächtlicher Schwäche. Aber dawider empörte sich mein Herz,
     und ich besuchte das Grab trotz dem Verbot. Da überraschte sie mich einst daselbst: und schlug mich: und ich war doch kein
     Kind mehr: und führte mich in den Palast zurück: und schalt mich schwer: und drohte, mich zu verstoßen für immer: und fragte
     im Scheiden zürnend den Himmel, warum er sie mit einem solchen Kinde gestraft.
    Das war zu viel. Namenlos elend beschloß ich, dieser Mutter zu entrinnen, der ich zur Strafe leben sollte, und davonzugehen,
     wo mich niemand kennte: ich wußte nicht wohin: am liebsten in das Grab zu meinem Vater. Als es Abend geworden, stahl ich mich
     aus dem Palast, ich eilte nochmals an das geliebte Grab zu langem tränenreichem Abschied. Schon gingen die Sterne auf: da
     huschte ich aus dem Garten, aus dem Palast und eilte durch die dunkeln Straßen der Stadt an das faventinische Tor. Glücklich
     schlüpfte ich an der Wache vorbei ins Freie und lief nun eine Strecke auf der Straße fort, gradaus in die Nacht, ins Elend.
    Aber auf der Straße kam mir entgegen ein Mann im Kriegsgewand. Als ich an ihm vorüber wollte, schritt er plötzlich heran,
     sah mir ins Antlitz und legte die Hand leicht auf meine Schulter: ›Wohin, Jungfrau Mataswintha, allein, in so später Nacht?‹
     Ich erbebte unter seiner Hand, Tränen brachen aus meinen Augen, und schluchzend rief ich: ›In die Verzweiflung!‹ Da faßte
     der Mann meine beiden Hände und sah mich an, so freundlich, so mild, so besorgt. Dann trocknete er meine Tränen mit seinem
     Mantel und sprach in weichem Ton der tiefsten Güte: ›Und warum, was quält dich so?‹ Mir ward so weh und wohl ums Herz beim
     Klange dieser Stimme. Und wie ich in sein mildes Auge sah, war ich meiner selbst nicht mehr mächtig. ›Weil mich die eigne
     Mutter haßt, weil’s keine Liebe für mich gibt auf Erden.‹ ›Kind! Kind! Du bist krank‹, sagte er, ›und redest irr. Komm, komm
     mit mir zurück! Du? warte nur! du wirst noch eine Königin der Liebe werden.‹
    Ich verstand ihn nicht. Aber ich liebte ihn unendlich für diese Worte, diese Milde. Fragend, staunend, hilflos sah ich ihm
     ins Auge. Ich bebte und zitterte. Es mußte ihn rühren; oder er dachte, es sei die Kälte. Er nahm seinen warmen Mantel ab,
     schlug ihn um meine Schultern und führte mich langsam zurück durchs Tor, auf unbelebten Straßen, durch die Stadt nach dem
     Palast. Willenlos, hilflos, wankend wie ein krankes Kind folgte ich ihm, das Haupt, das er mir sorglich verhüllte, an seine
     Brust gelehnt. Er schwieg und trocknete mir nur manchmal die Augen. Unbemerkt, wie ich glaubte, gelangten wir an die Türe
     der Palasttreppe: er öffnete sie, schob mich sanft hinein: dann drückte er mir die Hand. ›Gut sein‹, sagte er, ›und ruhig.
     Dein Glück wird dir schon kommen. Und Liebe genug.‹ Und er legte leise die Hand auf mein Haupt, schloß die Türe hinter mir
     und stieg die Treppe hinab.
    Ich aber lehnte an der halbgeschlossenen Tür und konnte nicht fort. Mein Fuß versagte, mein Herz pochte. Da hört’ ich, wie
     eine rauhe Stimme ihn ansprach: ›Wen schmuggelst du da zur Nachtzeit in das Schloß, mein Freund?‹ Er aber antwortete: ›Du
     bist’s, Hildebrand? Du verrätst sie nicht! Es war das Kind Mataswintha: sie hat sich verirrt in der Nacht, in der Stadt, und
     fürchtete den Zorn ihrer Mutter.‹ ›Mataswintha!‹ sprach der andre, ›die wird täglich schöner.‹ Und mein Beschützer sprach«
     – und sie stockte, und flammend Rot schoß über ihre Wangen –
    »Nun«, fragte Aspa, sie groß ansehend, »was sagte er?«
    Aber Mataswintha drückte Aspas Köpfchen nieder an ihre Brust. »Er sagte«, flüsterte sie – »er sagte:– ›die wird das schönste
     Weib auf Erden!‹«
    »Da er hat recht gesagt«, sprach die Kleine, »was brauchst du da rot zu werden? Ist’s doch so! Nun aber weiter! Was tatest
     du?«
    »Ich schlich auf mein Lager und weinte, weinte Tränen der Trauer, der Wonne, der Liebe, alles durcheinander. In jener Nacht
     stieg eine Welt, ein Himmel in mir auf: er war mir gut, das fühlte ich, und er nannte mich schön. Ja, jetzt wußt’ ich es:
     ich war schön, und

Weitere Kostenlose Bücher