Ein Kampf um Rom
Abstimmung enthalten: jetzt stand
er auf und sprach:
»Ich bin gegen den Beschluß. Nicht wegen des Eides. Ich brauche deshalb apostolische Lösungsgewalt nicht in Anspruch zu nehmen.
Denn ich habe nicht geschworen. Aber um der Stadt willen. Das heißt: uns ohne Not dem gerechten Zorn der Goten aussetzen,
die wohl einmal wiederkommen können und dann solch offnen Abfall nicht mit apostolischer Lösung entschuldigen werden. Laßt
uns gebeten oder gezwungen werden von Belisar: wer sich wegwirft, wird mit Füßen getreten.«
Silverius und Scaevola tauschten bedeutsame Blicke.
»Solche Gesinnung«, sprach der Jurist, »wird dem Feldherrn des Kaisers gewiß sehr gefallen, kann aber an dem Beschluß nichts
ändern. Du gehst also nicht mit uns zu Belisar?«
Cethegus stand auf: »Ich gehe zu Belisar. Aber nicht mit euch«, sagte er und ging hinaus.
Als die übrigen die Thermen verlassen, sprach der Papst zu Scaevola:
»Das gibt ihm den Rest. Er hat sich vor Zeugen gegen die Übergabe erklärt!«
»Und er geht selbst in die Höhle des Löwen.«
»Er soll sie nicht mehr verlassen. Du hast doch die Anklageakte aufgesetzt?«
»Schon längst. Ich fürchtete, er würde die Gewalt in der Stadt an sich reißen: und er geht selbst zu Belisar! Er ist verloren,
der Stolze.«
»Amen!« sagte Silverius. »Und so mag jeder untergehen, der in weltlichem Trachten dem heiligen Petrus widerstreitet. Übermorgen
um die vierte Stunde machen wir uns auf.«
Aber er irrte, der heilige Vater: diesmal sollte der Stolze noch nicht untergehen. Cethegus war sofort nach seinem Hause geeilt,
wo der gallische Reisewagen angeschirrt seiner wartete.
»Gleich brechen wir auf«, rief er dem Sklaven zu, der auf dem vordersten Rosse saß, »ich hole nur mein Schwert.«
Im Vestibulum traf er die Licinier, die ihn ungeduldig erwarteten.
»Heut kam der Tag«, rief ihm Lucius entgegen, »auf den du uns so lang vertröstet!«
»Wo ist die Probe deines Vertrauens in unseren Mut, unser Geschick, unsre Treue?« fragte Marcus.
»Geduld!« sprach Cethegus mit erhobenem Zeigefinger und schritt in sein Gemach.
Alsbald kam er wieder, sein Schwert und mehrere Pergamente unterm linken Arm, eine versiegelte Rolle in der Rechten: sein
Auge leuchtete:
»Ist das äußerste Eisentor der Moles Hadriani fertig?« fragte er.
»Fertig«, sprach Lucius Licinius.
»Ist das Getreide aus Sicilien in dem Capitol geborgen?«
»Geborgen.«
»Sind die Waffen verteilt und die Schanzen am Capitol vollendet, wie ich befahl?«
»Vollendet«, antwortete Marcus.
»Gut. Nehmt diese Rolle. Entsiegelt sie morgen, sowie Silverius die Stadt verlassen, und erfüllt jedes ihrer Worte genau.
Esgilt nicht nur mein Leben und das eure –: es gilt Rom! Die Stadt Cäsars wird eure Taten sehen. Geht: auf Wiedersehen!«
Und aus seinen Augen sprühte Feuer in die Herzen der jungen Römer.
»Du sollst zufrieden sein!«
»Du und Cäsar!« riefen sie und eilten hinweg.
Mit einem Lächeln, das selten auf seinem Antlitz mit solcher Freudigkeit spielte, sprang Cethegus in seinen Wagen.
»Heiliger Vater«, sagte er zu sich selbst, »ich bin noch in deiner Schuld für die letzte Versammlung in den Katakomben: ich
will sie zahlen!«
»Die Via Latina hinab!« rief er rasch dem Sklaven zu, »und laß die Rosse jagen, was sie können.«
Der Präfect hatte einen Vorsprung von mehr als einem Tag vor der langsamer reisenden Gesandtschaft. Und er nutzte ihn wohl.
Er hatte in seinem unermüdlichen Geist einen Plan ersonnen, trotz Belisars Landung in Italien, doch in Rom Herr und Meister
zu bleiben. Und er ging jetzt mit all seiner Umsicht an die Ausführung. Kaum konnte er erwarten, bis er auf die Vorposten
der Byzantiner bei Capua traf, deren Führer, Johannes, ihn durch einige Reiter und seinen eignen jüngeren Bruder, Perseus,
nach dem Hauptquartier geleiten ließ.
Im Lager angekommen, fragte Cethegus nicht nach dem Feldherrn, sondern ließ sich sofort nach dem Zelt des Rechtsrats Prokopius
von Cäsarea führen. Prokopius war sein Studiengenosse in Berytus auf der Juristenschule gewesen: und die beiden bedeutenden
Geister hatten sich mächtig angezogen. Aber nicht die Wärme der Freundschaft führte den Präfecten vor allem zu diesem Mann:
dieser Mann war der beste Kenner von Belisars ganzer politischer Vergangenheit, wohl auch der Vertraute seiner Pläne für die
Zukunft.
Mit Freuden empfing den Jugendfreund Prokopius. Er war ein Mann von frischem,
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