Ein Kampf um Rom
ich war selig darüber: ich wollte schönsein: für ihn! O wie glücklich war ich! seine Begegnung brachte Glanz in mein Dunkel, Segen in mein Leben. Ich wußte jetzt,
man konnte mir gut sein, man konnte mich lieben! Sorglich pflegte ich des Leibes, den er gelobt. Die süße Macht in meinem
Herzen breitete eine milde Wärme über mein ganzes Wesen: ich ward weicher und inniger: und selbst der Mutter strenger Sinn
ward jetzt liebevoller gegen mich, seit ich nur sanfte Liebe ihrer Härte entgegengab: und täglich wurden alle Herzen gütiger
gegen mich, wie ich weicher gegen alle. Und all das dankte ich ihm: er hatte mir die Flucht in Schmach und Elend erspart und
mir eine ganze Welt von Liebe gewonnen. Seitdem lebte und lebe ich nur für ihn.«
Und sie hielt inne und legte die Linke auf die wogende Brust.
»Aber, Herrin, wann hast du ihn wiedergesehen? gesprochen? Lebt deine Liebe von so karger Kost?«
»Gesprochen nie mehr: gesehen nur einmal noch: am Todestage Theoderichs befehligte er die Palastwache, da sagte mir Athalarich
seinen Namen: denn nie hätte ich gewagt, nach ihm zu forschen, aus Furcht, meine Flucht, ach, mein Geheimnis zu verraten.
Er war nicht am Hof: und wenn er dort erscheinen mochte, war ich auf den Villen.«
»So weißt du weiter gar nichts von ihm, von seinem Leben, von seiner Vergangenheit.«
»Wie hätt’ ich forschen können! glühende Scham hätte mich verraten! Lieb’ ist des Schweigens Tochter und der Sehnsucht. Aber
von seiner, von unsrer Zukunft weiß ich.«
»Von seiner Zukunft?« lächelte Aspa.
»An den Hof kam alle Sonnenwende die alte Radrun und erhielt von König Theoderich fremde Kräuter und Wurzeln, die er ihr aus
Asien bringen ließ und vom Nil. Das hatte sie sich ausbedungen zum einzigen Lohn dafür, daß sie ihm als Knaben sein ganzes
Schicksal prophezeit hatte: und war alles eingetroffen aufs Haar: sie braute Salben und mischte Tränke: ›das Waldweib‹ nannte
man sie laut: aber leise: ›die Wala, das Zauberweib‹. Und wir alle am Hof wußten – außer den Priestern, die hätten es gewehrt
– daß jede Sommersonnenwende, wennsie kam, der König sich das Jahr vorhersagen ließ. Und kam sie von ihm heraus, so riefen sie, das wußte ich, meine Mutter
und Theodahad und Gothelindis und fragten sie aus: und nie blieb noch aus, was sie verkündet.
Da, in der nächsten Sonnenwende, faßte auch ich mir ein Herz, lauerte der Alten auf und lockte sie, wie ich sie allein fand,
in mein Gemach und bot ihr Gold und lichte Steine, wenn sie mir weissagen wollte. Aber sie lachte und zog ein Fläschchen von
Bernstein hervor und sprach: ›Nicht um Gold! Aber um Blut! Um mächtig Blut von einem reinen Königskind.‹
Und sie ritzte mir eine Ader im linken Arm und fing den Strahl in ihrem Bernstein. Dann sah sie forschend in meine beiden
Hände und sang endlich tonlos:
›Den du hältst im Herzen hoch,
Der gibt dir größten Glanz und größtes Glück,
Schaft dir allerschärfsten Schmerz,
Wird dein Gemahl, dein Gatte nicht.‹
Und damit war sie hinaus.«
»Das ist wenig tröstlich – soviel ich’s fasse.«
»Du kennst der Alten Sprüche nicht: sie sind alle so dämmerdunkel: sie fügt jeder Verheißung eine Drohung bei, für alle Fälle:
ich aber halte mich an das Helle, nicht an das Dunkle. Weissagung erfüllt sich, wie man sie faßt: ich weiß: er wird mein und
bringt mir Glanz und Glück: den Schmerz daneben will ich tragen: Schmerz um ihn ist Wonne.«
»Ich bewundre dich, Herrin, und deinen Glauben. Und auf den Spruch der Hexe hin hast du ausgeschlagen all die Könige und Fürsten,
vom Vandalen- und Westgoten-, Franken- und Burgunderland, die um dich freiten? selbst Germanus, den edeln, den kaiserlichen
Prinzen von Byzanz? und harrst auf ihn?«
»Und harr’ auf ihn! Aber nicht des Spruches allein wegen. In meinem Herzen lebt ein Vögelein, das singt mir alle Tage: ›Er
wird dein, er muß dein werden.‹ Ich weiß es sternengewiß«, schloß sie, das Auge zum Himmel aufschlagend und in die frühere
Träumerei versinkend. Aber Schritte tönten von der Villa her.
»Ah«, rief Aspa, »dein schmucker Freier! Armer Arahad, du verlierst deine Mühe!«
»Ich will dem Spiel ein Ende machen heut!« sprach Mataswintha, sich erhebend: und auf ihrer Stirn, in ihren Augen lag jetzt
eine zornige Strenge, welche das Blut der Amaler in ihren Adern bekundete: es lebte eine seltsame Mischung von lodernder Leidenschaft
und
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