Ein Kampf um Rom
ergriffen. Schon der Bericht seines todesmutigen Widerstandes,
dann die Entdeckung seines Namens, endlich jetzt seine Jugend und Schönheit sprachen mächtig für ihn. Er ließ sein Auge flammend
die Reihen durchfliegen und mit Stolz auf dem Alten haften.
»Ich verwerfe dies Gericht! Euer Gesetz trift mich nicht! Ich bin Römer, kein Gote! Mein Vater starb vor meiner Geburt, meine
Mutter war eine Römerin, die edle Cloelia. Diesen barbarischen Alten hab’ ich nie als mir verwandt empfunden. Seine Strenge
hab’ ich verachtet wie seine Liebe. Seinen Namen hat er mir, dem Kinde, aufgezwungen, mich meiner Mutter entrissen. Ich aber
entlief ihm, sobald ich konnte: nicht Hildebrand, Flavus Cloelius habe ich mich von je genannt. Römisch waren meine Freunde,
römisch von jeher meine Gedanken, römisch mein Leben. All meine Freunde gingen zu Belisar und Cethegus: sollt’ ich zurückbleiben?
Tötet mich, ihr könnt es und ihr werdet’s. Aber gesteht, daß es Mord ist, nicht Rechtsvollzug. Ihr richtet keinen Goten, ihr
ermordet einen gefangenen Römer. Denn römisch ist meine Seele.«
Schweigend, mit gemischten Empfindungen, hörte die Menge diese Verteidigung. Da erhob sich ingrimmig der Alte, sein Auge sprühte
Blitze, seine Hand zitterte, vor Zorn, an dem Stabe.
»Elender!« schrie er, »du bist eines gotischen Mannes Sohn, das räumst du ein. So bist du denn ein Gote: und wenn du dich
als Römer fühlst, verdienst du, schon dafür zu sterben. Sajonen, fort mit ihm, an den Galgen.«
Da trat der Gefangne noch mal an die Schranken der Stufe.
»So sei verflucht«, schrie er, »du tierisch rohes Volk! Verflucht, ihr Barbaren allesamt, und zumeist du, Greis, mit dem Wolfsherzen!
Glaubt nicht, daß all eure Wildheit euch frommt und eure Grausamkeit! Hinweggetilgt sollt ihr werden aus diesem schönen Land,
und keine Spur soll von euch künden.«
Auf einen Wink des Alten warfen ihm die Bannboten wieder eine Hülle ums Haupt und führten ihn ab nach einem Hügel, wo ein
starker Eibenbaum aller seiner Zweige und Blätter beraubt war.
Da wurden die Augen der Menge von ihm nach dem Lager abgelenkt, aus welchem Lärm und Hufschlag eilender Rosse nahte. Es war
ein Zug Reiter mit dem königlichen Banner, Witichis und Hildebad an der Spitze.
»Haltet ein«, rief der König von weitem, »schont den Enkel Hildebrands: Gnade, Gnade.«
Aber der Alte wies nach dem Hügel. »Zu spät, Herr König«, rief er laut, »es ist aus mit dem Verräter. So geh’ es jedem, der
seines Volks vergißt. Erst kommt das Reich, König Witichis, und dann kommt Weib und Kind und Kindeskind.«
Groß war der Eindruck dieser Tat Hildebrands auf das Heer, größer noch auf den König. Witichis fühlte das Gewicht, welches
durch dieses Opfer jede Forderung des Alten gewonnen hatte. Und mit dem Gefühl, daß jetzt jeder Widerstand viel schwerer geworden,
kehrte er in sein Zelt zurück.
Und Hildebrand benützte seinen Vorteil, die Stimmung. Er trat am Abend mit Teja in das Zelt des Königs. Schweigend, Hand in
Hand saßen die Gatten auf dem Feldbett; auf dem Tisch vor ihnen stand die schwarze Urne, daneben lag eine Goldkapsel nach
Art der Amulette an blauem Bande: die kleinerömische Bronzelampe verbreitete nur trübes Licht. Als Hildebrand dem König die Hand reichte, sah ihm dieser ins Antlitz:
ein Blick sagte ihm, daß Hildebrand mit dem festen Entschluß eingetreten sei, jetzt seinen Gedanken durchzusetzen um jeden
Preis. Alle Anwesenden schienen stillschweigend von dem Eindruck des bevorstehenden Seelenringens durchschauert.
»Frau Rauthgundis«, hob der Alte an, »ich habe Hartes mit dem König zu reden. Es wird euch kränken, es zu hören.«
Die Frau erhob sich, aber nicht, um zu gehen. Der Ausdruck tiefen Schmerzes und tiefer Liebe zu ihrem Gatten gab den regelmäßigen,
festen Zügen eine edle Weihe. Sie legte, ohne die Rechte aus der Hand des Gatten zu ziehen, leise die Linke auf seine Schulter.
»Sprich nur fort, Hildebrand, ich bin sein Weib und fordre die Hälfte dieser Härte.«
»Frau«,– sagte der Alte noch mal.
»Laß sie bleiben«, sprach der König, »fürchtest du, ihr ins Angesicht deine Gedanken zu sagen?«
»Fürchten? nein! und sollt’ ich einem Gott ins Antlitz sagen, das Volk der Goten ist mir mehr als du – ich tät’s ohne Furcht:
Wisse denn –«
»Wie? du willst? Schone, schone sie«, sprach Witichis, den Arm um seine Frau schlingend.
Aber Rauthgundis sah ihn groß
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