Ein Kampf um Rom
die Freiheit. Denn deiner Freiheit droht höchste Gefahr.«
»Von euch allein droht sie.«
»Nicht mehr von mir! Und ich kann dich nicht mehr beschirmen. Solang du mein werden solltest, konnte ich es, konnte grausam
sein gegen mich selbst, deinen Willen zu ehren. Aber nun –«
»Aber nun?« sprach Mataswintha erbleichend.
»Sie haben dich einem andern bestimmt. Mein Bruder, mein Heer und meine Feinde im Königslager und in Ravenna, alle sind darin
einig – Bald werden sie dich tausendstimmig als Opfer zum Brautaltar rufen. Ich kann’s nicht denken! Diese Seele, diese Schönheit
entweiht als Opfer in ungeliebtem Ehebund.«
»Laß sie kommen«, sagte Mataswintha, »laß sehen, ob sie mich zwingen!«
Und sie drückte den Dolch, den sie im Gürtel trug, an sich –
»Wer ist er, der neue Zwingherr, der mir droht.«
»Frage nicht!« rief Arahad, »dein Feind, der dein nicht wert, der dich nicht liebt; der – folge mir – flieh, schon nahen sie!«
Man hörte von draußen nahenden Hufschlag.
»Ich bleibe. Wer zwingt das Enkelkind Theoderichs?«
»Nein! du sollst nicht, sollst nicht in ihre Hände fallen, der Fühllosen, die nicht dich lieben, nicht deine Herrlichkeit,
nur dein Recht auf die Krone! Folge mir –«
Da ward der Türvorhang des Zeltes zur Seite geschoben: Graf Teja trat ein. Zwei Gotenknaben mit ihm, in weißer Seide, festlich
gekleidet. Sie trugen ein mit einem Schleier verhülltes Purpurkissen.Er trat bis an die Mitte des Zeltes und beugte das Knie vor Mataswinthen. Er trug, wie die Knaben, einen grünen Rautenzweig
um den Helm. Aber sein Auge und seine Stirne war düster,– als er sprach:
»Ich grüße dich, der Goten und Italier Königin!«
Mit erstauntem Blick maß sie ihn. Teja erhob sich, trat zurück zu den Knaben, nahm von dem Kissen einen goldenen Reif und
den grünen Rautenkranz und sprach: »Ich reiche dir den Brautkranz und die Krone, Mataswintha, und lade dich zur Hochzeit und
zur Krönung – die Sänfte steht bereit.«
Arahad griff ans Schwert.
»Wer sendet dich?« fragte Mataswintha mit klopfendem Herzen, aber die Hand am Dolch.
»Wer sonst, als Witichis, der Goten König.«
Da leuchtete ein Strahl der Begeisterung aus Mataswinthens wunderbaren Augen: sie erhob beide Arme gen Himmel und sprach:
»Dank, Himmel, deine Sterne lügen nicht: und nicht das treue Herz. Ich wußt’ es wohl.«
Und mit beiden schimmernden Händen ergriff sie das bekränzte Diadem und drückte es fest auf das dunkelrote Haar.
»Ich bin bereit. Geleite mich«, sprach sie, »zu deinem Herrn und meinem.«
Und mit königlicher Wendung reichte sie Graf Teja die Linke, der sie ehrerbietig hinausführte. Arahad aber starrte der Verschwundenen
nach, sprachlos, noch immer die Hand am Schwert. Da trat Eurich, einer seiner Gefolgen, zu ihm heran, und legte ihm die Hand
auf die Schulter:
»Was nun?« fragte er, »die Rosse stehen und harren: wohin?«
»Wohin?« rief Arahad auffahrend – »wohin? Es gibt nur noch
einen
Weg: wir wollen ihn gehen. Wo stehen die Byzantiner und der Tod?«
Zweites Kapitel
Am siebenten Tage nach diesen Ereignissen bereitete sich ein glanzvolles Fest auf den Fora und in dem Königspalast zu Ravenna.
Die Bürger der Stadt und die Goten aller drei Parteien wogten in gemischten Scharen durch die Straßen und fuhren durch die
Lagunenkanäle – denn Ravenna war damals eine Wasserstadt, fast, aber doch nicht ganz, wie heute Venedig –, die riesigen Kränze, Blumenbogen und Fahnen zu bewundern, welche von allen Zinnen und Dächern niederwehten: denn es galt,
die Vermählung des gotischen Königspaares zu feiern.
Am frühen Morgen hatte sich das ganze jetzt vereinigte Heer der Goten vor den Toren der Stadt zu feierlicher Volksversammlung
geschart. Der König und die Königin erschienen auf milchweißen Rossen: abgestiegen, waren sie vor allem Volk unter eine breitschattende
Steineiche getreten: dort hatte Witichis seiner Braut die rechte Hand auf das Haupt gelegt: sie aber trat mit dem entblößten
linken Fuße in den Goldschuh des Königs. Damit war unter dem Zuruf der Tausende die Ehe nach Volksrecht geschlossen.
Darauf bestieg das Paar einen mit grünen Zweigen geschmückten Wagen, der von vier weißen Rindern gezogen ward; der König schwang
die Geißel, und sie fuhren, gefolgt von dem Heere, in die Stadt. Dort schloß sich an die halb heidnische, germanische, eine
zweite, die christliche Feier: der arianische Bischof erteilte
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