Ein Kampf um Rom
durchrieselt mich heiß.–
Es ist schwül.– Nehmt mir den schweren Prunk ab.«
Und sie nahm die goldne Krone aus dem Haar. Aspa strich ihr die vollen, dunkelroten Flechten hinter das feine Ohr und zog
die goldne Nadel heraus, welche sie am Hinterkopf zusammenhielt: frei wallte das Haar in den Nacken. Die andern Sklavinnen
lösten die Spange, welche in Gestalt einer geringelten Schlange den schweren Purpurmantel mit seinen reichen Goldstreifen
auf der linken Schulter zusammenhielt. Der Mantel fiel und zeigte die edle, hochschlanke Gestalt der Jungfrau in dem ärmellosen,
wallenden Unterkleid von weißer, persischer Seide. Ihre schimmernden Arme umzirkten zwei breite, goldne Armreife – Erbstücke aus dem alten Schatz der Amelungen: grüne Schlangen von Smaragden waren darin eingelegt. Mit Entzücken schaute
Aspa auf die Gebieterin, wie diese vor den in den Marmor eingelassnen Metallspiegel trat, das lose Haar mit goldnem Kamm zu
schlichten.
»Wie schön du bist! wie zauberschön! – wie Astarot, die Liebesgöttin:– nie warst du so schön, wie in dieser Stunde.«
Mataswintha warf einen raschen Blick in den Spiegel. Sie sah, noch mehr, sie fühlte, daß Aspa recht hatte: und sie errötete.
»Geht«, sagte sie, »laßt mich allein mit meinem Glück.«
Die Sklavinnen gehorchten. Mataswintha eilte ans Fenster, das sie rasch öffnete, wie um ihren Gedanken zu entfliehen. Ihr
erster Blick fiel auf Witichis, der unten vom Schein der Hängelampen im Garten voll beleuchtet war.
»Er! Wieder er. – Wohin entflieh’ ich vor ihm, dem süßen Tod?«
Sie wandte sich rasch: da an der Wand, grade dem Fenster gegenüber, glänzte im Ampellicht eine weiße Marmorbüste. Sie kannte
sie wohl: Aspa hatte den Areskopf nicht vergessen, den treuen Begleiter langharrender Sehnsucht. Heute aber schlang sich ein
Kranz von weißen und roten Rosen um sein Haar.
»Und wieder du!« flüsterte die Braut, süß erschrocken, und legte die weiße Hand vor die Augen.
»Und schließ’ ich die Augen und wend’ ich sie nach innen, so seh’ ich wieder sein Bild, sein Bild allein im tiefsten Herzen.
Ich werde noch untergehn in diesem Bilde! Ach, und ich will’s!« rief sie, die Hand fallen lassend und dicht vor die Büste
tretend:»ich will’s! Wie oft, mein Ares, wenn der Abend kam, hab’ ich zu dir aufgeblickt, wie zu meinem Stern, bis Frieden und Ruhe
aus deinen klaren, großen Zügen drang in die schwanke Seele. Wie wunderbar hat dieses Ahnen, dieses Sehnen, dieses Hoffen
sich erfüllt. Wie er einst dem weinenden Kinde die Tränen getrocknet und die Ratlose nach Hause geführt, so wird er auch jetzt
all mein Klagen stillen und mir die wahre Heimat bauen in seinem Herzen. Und durch all diese öden Jahre, durch all die letzten
Monate voll Gefahr und Angst trug ich in mir das sichre Gefühl: ›Es wird! Dir wird geschehen, wie du glaubst! Dein Retter
kommt und birgt dich sicher an der starken Brust.‹ Und, o Gnade, unaussprechliche reiche Gnade des Himmels – es ward. Ich
bin sein! Dank, glühenden, seligen Dank, wer immer du bist, beglückende Macht, die über den Sternen die Bahn der Menschen
lenkt mit weiser, mit liebender, mit wunderbar segnender Hand. O ich will’s verdienen, dieses Glück. Er soll im Himmel wandeln.
Sie sagen, ich bin schön: ich weiß es, daß ich’s bin: ich weiß es ja durch ihn – ich will’s für ihn sein. Laß mir, Himmel,
diese Schöne. Sie sagen: ich habe einen mächtigen, schwungvollen Geist. O gib ihm Flügel, Gott, daß ich seiner Heldenseele
folgen kann in alle Sonnenhöhen. Aber, o Gott, laß mich auch abtun meine Fehler, den spröden, stolzen, leicht gereizten Sinn,
den Trotz des zornigen Eigenwillens, den unbändigen Drang nach Freiheit –
O fort damit: beuge dich, beuge dich, hochmütiger Geist: ihm sich zu beugen ist edelster Ruhm. Gib dich gebunden, Herz, und
verloren auf ewig an ihn, deinen starken und herrlichen Herrn. O Witichis«, rief sie und sank, fortgerissen vom Gefühl, halb
aufs Knie, sich an das Lager lehnend und zu der Büste aufblickend mit schwimmenden Augen – »ich bin dein. Tu, wie du willst
mit meiner Seele! Vernichte sie! nur gesteh, daß du glücklich bist, glücklich durch mich.«
Und sie beugte das schöne Haupt vor, nach den gefaltnen Händen. Doch plötzlich fuhr sie empor. Licht, helles Licht floß ins
Gemach. An der offnen Türe stand der König: draußen auf dem Gang zeigten sich zahlreiche Goten und
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