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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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grünem Laubwerk. An allen vier Seiten desselben liefen kühle Bogengänge hin, mit Apostelstatuen und Mosaik und mit
     Fresken auf goldnem Grund geschmückt. All dies Bildwerk hatte den freudlosen byzantinischen Ernst: es waren symbolische Darstellungen
     aus der heiligen Schrift, zumal aus der Offenbarung Johannis, dem Lieblingsbuch jener Zeit.
    Feierliche Stille waltete rings. Das Leben schien weithin ausgeschlossen von diesen hohen und starken Mauern. Cypressen und
     Thujen walteten vor in den Baumgruppen des Gartens, in welchem nie eines Vogels Gesang vernommen ward. Die strenge Klosterordnung
     duldete die Vöglein nicht, auf daß nicht der Nachtigall süßes Rufen die frommen Seelen in ihren Gebeten störe.
    Cassiodor war es, welcher, schon als Minister Theoderichs einer streng kirchlichen Richtung ergeben und biblischer Gelehrsamkeit
     voll, seinem Freunde Valerius den ganzen Plan der äußeren und inneren Einrichtung seiner Stiftung entworfen – ähnlich der
     Regel des Männerklosters, welches er selbst zu Squillacium in Unteritalien gegründet – und dessen Ausführung überwacht hatte.
     Und sein frommer, aber strenger, der Welt und dem Fleisch feindlich abgewendeter Geist drücktesich denn im größten wie im kleinsten dieser Schöpfung aus. Die zwanzig Jungfrauen und Witwen, welche hier als Religiosä lebten,
     verbrachten in Beten und Psalmensingen, in Buße und Kasteiung ihre Tage. Doch auch in werktätiger, christlicher Liebe, indem
     sie die Armen und Kranken der Umgegend in ihren Hütten aufsuchten und ihnen Seele und Leib trösteten und pflegten.
    Es machte einen feierlichen, poesievollen, aber sehr ernsten Eindruck, wenn durch die dunkeln Cypressengänge hin eine dieser
     frommen Beterinnen wandelte, in dem faltenreichen, dunkelgrauen Schleppgewand, auf dem Haupt die weiße, enganschließende Calantika,
     eine Tracht, welche das Christentum von den ägyptischen Isispriestern übernommen. Vor den oft in Kreuzesform geschnittnen
     Buchsgebüschen blieben sie stehen und kreuzten die Arme auf der Brust. Immer gingen sie allein und stumm, wie Schatten glitten
     sie bei jeder Begegnung aneinander vorüber. Denn das Gespräch war auf das Unerläßliche beschränkt.
    In der Mitte des Gartens floß ein Quell aus dunklem Gestein, von Cypressen überragt. Marmorsitze waren in den Stein gehauen.
     Es war ein stilles, schönes Plätzchen: wilde Rosen bildeten dort eine Art Laube und verbargen beinahe völlig ein finsteres,
     rohes Steinrelief, welches die Steinigung des heiligen Stephanus darstellte. An diesem Quell saß, eifrig lesend in aufgerollten
     Papyrosrollen, eine schöne, jungfräuliche Gestalt in schneeweißem Gewand, das eine goldne Spange über der linken Schulter
     zusammenhielt; das dunkelbraune Haar, in weichen Wellen zurückgelegt, umflocht eine feingeschlungene Efeuranke: – Valeria
     war’s, die Römerin.
    Hier, in diesen entlegenen, festen Mauern hatte sie Zuflucht gefunden, seit die Säulen ihres Vaterhauses zu Neapolis niedergestürzt.
     Sie war bleicher und ernster geworden in diesen einsamen Räumen. Aber ihr Auge leuchtete noch in seiner ganzen stolzen Schönheit.
     Sie las mit großem Eifer; der Inhalt schien sie lebhaft fortzureißen, die feingeschnittenen Lippen bewegten sich unwillkürlich,
     und zuletzt ward die Stimme der Lesenden leise vernehmlich:
    – – »Und er vermählte die Tochter dem erzumpanzerten
    Hektor –
    Die kam jetzt ihm entgegen, die Dienerin folgte zugleich
    ihr,
    Tragend am Busen das zarte, noch ganz unmündige
    Knäblein,
    Hektors einzigen Sohn, holdleuchtendem Sterne
    vergleichbar.
    Schweigend betrachtete Hektor mit lächelndem Blicke den
    Knaben.
    Aber Andromache trat mit tränenden Augen ihm näher,
    Drückt’ ihm zärtlich die Hand und begann die geflügelten
    Worte:
    ›Böser, dich wird noch verderben dein Mut! Und des
    lallenden Knäbleins
    Jammert dich nicht, noch meiner, die bald, ach! Witwe von
    Hektor
    Sein wird. Bald ja werden die grimmigen Feinde dich töten,
    Alle mit Macht einstürmend auf dich. Dann wär’ mir das
    beste,
    Daß mich die Erde bedeckt, wenn du stirbst: bleibt doch
    mir in Zukunft
    Nie ein anderer Trost, wenn dich wegraffte das Schicksal:
    Nein, nur Trauer: lang ist mein Vater dahin und die
    Mutter:
    Du nur allein bist Vater mir jetzt und Mutter und alles –‹«
    Sie las nicht weiter: die großen runden Augen wurden feucht, ihre Stimme versagte; sie neigte das bleiche Haupt.
    »Valeria«, sprach eine milde Stimme, und

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