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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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schimmernder Rüstung, vom weißen Mantel umwallt, waffenklirrend,
     heranschritt.
    »O du bringst Luft und Leben!«
    »Und neues Hoffen und die alte Liebe«, rief Totila.
    Und sie hielten sich umschlungen.
    »Wo kommst du her? Wie lang bist du mir fern geblieben!«
    »Ich komme graden Weges von Paris und Aurelianum, von den Höfen der Frankenkönige. O Cassiodor, wie gut sind jene daran jenseits
     der Berge! Wie leicht haben sie’s. Da kämpft nicht Himmel und Boden und Erinnerung gegen ihre Germanenart. Nahe ist der Rhenus
     und Danubius, und ungezählte Germanenstämme wohnen dort in alter, ungebrochner Kraft – wir dagegen sind wie ein vorgeschobner,
     verlorner Posten, ein einzelner Felsblock, den rings feindliches Element benagt. Doch desto größer«, sprach er, sich aufrichtend,
     »ist der Ruhm, hier, mitten im Römerland, Germanen ein Reich zu bauen und zu erhalten. Und welcher Zauber liegt auf deinem
     Vaterland, Valeria. Es ist das unsre auch geworden! Wie frohlockte mein Herz, als mich wieder Oliven und Lorbeer begrüßten
     und des Himmels tiefes, tiefes Blau. Und ich fühlte klar: wenn mein edles Volk sich siegreich erhält in diesem edlen Land,
     dann wird die Menschheit ihr edelstes Gebilde hier erstehen sehn.«
    Valeria drückte dem Begeisterten die Hand.
    »Und was hast du ausgerichtet?« fragte Cassiodorius.
    »Viel! – Alles! Ich traf am Hofe des Merowingen Childebert Gesandte von Byzanz, die ihn schon halb gewonnen, als sein Bundesgenosse
     in Italien einzufallen. Die Götter – vergib mir, frommer Vater   –, der Himmel war mit mir und meinen Worten. Es gelang, ihn umzustimmen. Schlimmstenfalls ruhen seine Waffen ganz. Hoffentlich
     sendet er uns ein Heer zu Hilfe.«
    »Wo ließest du Julius?«
    »Ich geleitete ihn bis in seine schöne Heimatstadt Avenio. Dort ließ ich ihn unter blühenden Mandelbäumen und Oleandern. Dort
     wandelt er, fast nie mehr den Platon, meist den Augustinus in der Hand, und träumt und träumt vom ewigen Völkerfrieden, vom
     höchsten Gut und von dem Staate Gottes! Wohl ist es schön in jenen grünen Tälern – doch neid’ ich ihm die Muße nicht. Das
     Höchste ist das Volk, das Vaterland! Und mich verlangt’s, für dieses Volk der Goten zu kämpfen und zu ringen. Überall, wo
     ich des Rückwegs kam, trieb ich die Männer zu den Waffen an. Schon drei starke Scharen traf ich auf demWege nach Ravenna. Ich selber führe eine vierte dem wackern König zu. Dann geht es endlich vorwärts gegen diese Griechen,
     und dann: Rache für Neapolis!«
    Und mit blitzenden Augen hob er den Speer – er war sehr schön zu schauen. Entzückt warf sich Valeria an seine Brust.
    »O sieh, Cassiodorius, das ist
meine
Welt!
meine
Freude!
mein
Himmel! Mannesmut und Waffenglanz und Volkesliebe, und die Seele in Lieb’ und Haß bewegt – füllt das die Menschenbrust nicht
     aus?«
    »Jawohl: im Glück und in der Jugend! Es ist der Schmerz, der uns zum Himmel führt.«
    »Mein frommer Vater«, sagte Totila, mit der Linken Valeria an sich drückend, mit der Rechten an seine Schulter rührend, »schlecht
     steht mir an, mit dir, dem Ältern, Weisern, Besseren zu streiten. Aber anders ist mein Herz geartet. Wenn ich je zweifeln
     könnte an eines gütigen Gottes Walten, so ist es, wann ich Schmerz und unverschuldet Leiden sehe. Als ich der edeln Miriam
     Auge brechen sah, da fragte mein verzweifelnd Herz: ›lebt denn kein Gott?‹ Im Glück, im Sonnenschein fühl’ ich den Gott, und
     seine Gnade wird mir offenbar. Er will gewiß der Menschen Glück und Freude – der Schmerz ist sein heiliges Geheimnis – ich
     vertraue: dereinst wird uns auch dies Rätsel klar. Einstweilen aber laß uns auf der Erde freudig das Unsre tun und keinen
     Schatten uns allzulang verdunkeln. In diesem Glauben, Valeria, laß uns scheiden. Denn ich muß fort zu König Witichis mit meinen
     Reitern.«
    »Du gehst von mir? schon wieder? Wann, wo werd’ ich dich wiedersehn?«
    »Ich seh’ dich wieder, nimm mein Wort zum Pfand! Ich weiß, es kommt der Tag, da ich mit vollem Recht dich aus diesen ernsten
     Mauern führen darf ins sonnige Leben. Laß dich indes nicht allzusehr verdüstern. Es kommt der Tag des Sieges und des Glücks:
     und mich erhebt’s, daß ich zugleich das Schwert für mein Volk und meine Liebe führe.«
    Inzwischen war der Pförtner mit einem Schreiben an Cassiodor wiedergekommen.
    »Auch ich muß dich verlassen, Valeria«, sprach er. »Rusticiana,des Boëthius Witwe, ruft mich

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