Ein Kampf um Rom
Schritte
seitwärts fiel der Speer harmlos nieder.
»Heil Belisarius! Heil«, schrien die Byzantiner ermutigt und drangen auf die Goten ein.
»Ein guter Hieb«, lachte Hildebad grimmig. »Laß sehen, ob dir deine Fechtkunst auch gegen
den
hilft.«
Und sich bückend hob er aus dem Ackerfeld einen alten, zackigen Grenzstein, schwang ihn mit zwei Armen erst langsam hin und
her, hob ihn dann über den Kopf mit beiden Händen und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den heransprengenden Helden –: ein
Schrei des Gefolges – rücklings stürzte Belisar vom Pferd.– Da war es aus.
»Belisarius tot! wehe! Alles verloren, wehe!« schrien sie, als die hochragende Gestalt verschwunden, und jagten besinnungslosnach dem Lager zu. Einzelne flohen unaufhaltsam bis an und in die Tore Roms. Umsonst war’s, daß sich die Lanzen- und Schildträger
todesmutig den Goten entgegenwarfen: sie konnten nur ihren Herrn, nicht die Schlacht mehr retten. Den ersten tödlichen Schwerthieb
Hildebads, welcher herangestürmt war, fing der treue Maxentius auf mit der eignen Brust.
Aber hier sank auch ein gotischer Reiter endlich vom Roß, der erst nach Hildebad Belisar erreicht und sieben Leibwächter erschlagen
hatte, um bis zum Magister Militum durchzudringen. Mit dreizehn Wunden fanden ihn die Seinen. Aber er blieb am Leben. Und
er war einer der wenigen, welche den ganzen Krieg durchkämpften und überlebten –, Wisand, der Bandalarius.
Belisar, von Aigan und Valentinus, seinem Hippokomos (Roßwart), wieder auf den Rotschecken gehoben und rasch von der Betäubung
erholt, erhob umsonst den Feldherrnstab und Feldherrnruf: sie hörten nicht mehr und wollten nicht hören. Umsonst hieb er nach
allen Seiten unter die Flüchtigen: er wurde fortgerissen von ihren Wogen bis ans Lager. Hier gelang es ihm noch einmal, an
einem festen Tor, die nachdringenden Goten aufzuhalten.
»Die Ehre ist hin«, sagte er unwillig, »laßt uns das Leben wahren.«
Mit diesen Worten ließ er die Lagertore schließen, ohne Rücksicht auf die großen Massen der noch Ausgeschlossnen. Ein Versuch
des ungestümen Hildebad, ohne weitres einzudringen, scheiterte an dem starken Eichenholz des Pfahlwerks, das dem Speerwurf
und den Schleudersteinen trotzte. Unmutig auf seinen Speer gelehnt, kühlte er sich einen Augenblick von der Hitze. Da bog
Teja, der längst, wie der König und Totila, abgesessen, prüfend und das Pfahlwerk messend, um die Ecke des Walls.
»Die verfluchte Holzburg«, rief ihm Hildebad entgegen.
»Da hilft nicht Stein, nicht Eisen.«
»Nein«, sagte Teja, »aber Feuer!«
Er stieß mit dem Fuß in einen Aschenhaufen, der neben ihm lag.
»Das sind die Wachtfeuer, samt dem Reisig, von heute nacht. Hier glimmen noch Gluten! Hierher, ihr Männer, steckt die Schwerter
ein, entzündet den Reisig! werft Feuer in das Lager!«
»Prachtjunge«, jubelte Hildebad, »flugs, ihr Bursche, brennt sie aus, wie den Fuchs aus dem Bau! der frische Nordwind hilft.«
Und rasch waren die Wachtfeuer wieder entfacht, Hunderte von Bränden flogen in das trockne Sparrenwerk der Schanze. Und bald
schlugen die Flammen lodernd gen Himmel. Der dichte Qualm, vom Wind ins Lager getragen, schlug den Byzantinern ins Gesicht
und machte die Verteidigung der Wälle unmöglich. Sie wichen in das Innere des Lagers.
»Wer jetzt sterben dürfte!« seufzte Belisar.– »Räumt das Lager! Hinaus zur Porta Decumana. In gut geschlossner Ordnung zu
den Brücken hinter uns!«
Aber der Befehl, das Lager zu räumen, zerriß das letzte Band der Zucht, der Ordnung und des Mutes. Während unter Tejas dröhnenden
Axthieben die verkohlten Torbalken niederkrachten und mitten durch Flammen und Qualm der schwarze Held, wie ein Feuerdämon,
der erste, durch das prätorische Tor ins Lager sprang, rissen die Flüchtenden alle Tore, auch die seitwärts aus dem Lager
nach Rom zu führten, die Portä Principales rechts und links, auf einmal auf und strömten in wirren Massen nach dem Fluß.
Die ersten erreichten noch sicher und unverfolgt die beiden Brücken; sie hatten großen Vorsprung, bis Hildebad und Teja Belisar
aus dem brennenden Lager herausgedrängt. Aber plötzlich – neues Entsetzen! – schmetterten die gotischen Reiterhörner ganz
nahe. Witichis und Totila hatten sich, sowie sie das Lager genommen wußten, sogleich wieder zu Pferd geworfen und führten
nun ihre Reiter von beiden Seiten, links und rechts vom Lager her, den Flüchtenden in die
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