Ein Kampf um Rom
Aber ich kann nicht lange mehr warten. Heute früh kam
Nachricht, daß der tolle Hildebad in wütigem Ausfall Bessas so geschlagen, daß er kaum die Einschließung noch aufrecht hält.
Überall flackern gotische Erhebungen empor. Ich muß fort und ein Ende machen und diese Funken auslöschen mit dem Wasser der
Enttäuschung, besser als mit Blut. Dazu muß ich des gefangnen Königs Erklärung und Schatzgeheimnis haben. Ich sage dir also:
wenn du bis morgen mittag nicht des Prinzen Begleiterin nach Byzanz und mir vorher nicht die Unterschrift des Gefangnen verschaffst,
die Echtheit von dir selbst bezeugt, so werd’ ich den Gefangnen – – ich schwöre es dir beim Styx,– werd’ ich den Gefangnen –«
Entsetzt von seinem furchtbar drohenden Ausdruck fuhr Mataswintha von ihrem Sitz empor und legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Du wirst ihn doch nicht töten?«
»Ja, das werd’ ich. Ich werd’ ihn erst foltern. Dann blenden. Und dann töten.«
»Nein, nein!« schrie Mataswintha auf.
»Ja, ich hab’s beschlossen. Die Henker stehen bereit. Und
du
wirst ihm das sagen: dir, dieser händeringenden Verzweiflung wird er glauben, daß es ernst. Du vielleicht rührst ihn: mein
Anblick härtet seinen Trotz. Er wähnt vielleicht noch, in Belisars, des Weichherzigen, Hand zu sein. Du wirst ihm sagen, in
wessen Gewalt er ist. Hier die beiden Pergamente. Hier die Schlüssel – du sollst deine Stunde frei wählen – zu seinem Kerker.«
Ein Strahl freudiger Hoffnung blitzte aus Mataswinthens Seele durch ihr Auge. Cethegus bemerkte es wohl. Aber ruhig lächelnd
schritt er hinaus.
Achtundzwanzigstes Kapitel
Bald, nachdem der Präfect die Königin verlassen, war es dunkel geworden über Ravenna. Der Himmel war dicht mit zerrissnem
Gewölk bedeckt, welches heftiger Wind an dem Neumond vorüberjagte, so daß kurzes, ungewisses Licht mit desto tieferem Dunkel
wechselte. Dromon hatte seinen Abendrundgang in den Zellen der übrigen Gefangnen vollendet und kam müde und traurig in sein
Vorgemach zurück. Er fand kein Licht brennend. Mit Mühe nur nahm er Rauthgundis wahr, welche noch immer reglos an der Halbtür
lehnte, das Beil in der Hand, den Blick auf die Gangtür geheftet.
»Laß mich Licht schlagen, Frau, den Kienspan im Herdeisen entzünden: und teile das Nachtmahl mit mir. Komm, du harrest hier
umsonst.«
»Nein, kein Licht, kein Feuer in dem Gemach! Ich sehe so besser, was draußen im Hofe, im Mondlicht naht.«
»Nun so komm wenigstens hier herein und ruhe auf dem Dreifuß. Hier ist Brot und Fleisch.«
»Soll ich essen, während er Hunger leidet?«
»Du wirst erliegen! Was denkst, was sinnst du den ganzen Abend?«
»Was ich denke?« wiederholte Rauthgundis, immer hinausblickend: »Ihn! Und wie wir so oft gesessen in dem Säulengang vor unsrem
schönen Hause, wenn der Brunnen plätscherte in dem Garten und die Cikaden zirpten auf den Bäumen. Und die kühle Nachtluft
strich frei um sein liebes Haupt. Und ich schmiegte mich an seine Schulter. Und wir sprachen nicht. Und oben gingen die Sterne
mit Schweigen. Und wir lauschten den vollen, tiefen Atemzügen des Kindes, das eingeschlafen war auf meinem Schoß, die Händchen,
wie weiche Fesseln, um den Arm des Vaters geschlungen. Jetzt trägt sein Arm andre Fesseln. Eisenfesseln trägt er,– die schmerzen
– –«
Und sie drückte die Stirn an das Eisengitter, fest und fester, bis sie selbst Schmerz empfand.
»Herrin, was quälst du dich? Es ist doch nicht zu ändern!«
»Ich will es aber ändern! Ich muß ihn retten und – Ha, Dromon, hieher! Was ist das?« flüsterte sie und wies in den Hof.
Der Alte sprang geräuschlos an ihre Seite. In dem Hofe stand eine hohe, weiße Gestalt, die lautlos an der Mauer dahinglitt.
Rasch nur, aber scharf, fiel das Mondlicht darauf.
»Es ist eine Lemure! Ein Schatten der hier Ermordeten«, sprach der Alte bebend. »Gott und die Heiligen schützet mich!« Und
er bekreuzte sich und verhüllte das Haupt.
»Nein«, sprach Rauthgundis, »die Toten kommen nicht wieder vom Jenseits. Jetzt ist’s verschwunden – Dunkel ringsum – Ha, da
bricht der Mond durch – da ist es wieder! Es schwebt voran gegen die Gangtür. Was schimmert da rot im weißen Licht? Ha, das
ist die Königin – ihr rotes Haar! Sie hält an der Gangtür. Sie schließt auf! Sie will ihn im Schlaf ermorden!«
»Weiß Gott, es ist die Königin! Aber ihn ermorden! Wie könnte sie!«
»
Sie
könnte es! Aber sie soll
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