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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Besitz. Offenbar darum, weiler uns für zu friedlich hält. Er meint: es könne ihm nie schaden, uns zu Feinden zu haben. Schlimmstenfalls säßen wir ruhig,
     seine Angriffe abwartend, in Italien. Und Byzanz könne jederzeit den Augenblick wählen, uns anzugreifen, so oft den Versuch
     wiederholend, bis er gelingt. Wohlan: zeigen wir ihm, daß wir als unversöhnte Feinde gefährlich werden können. Daß es wohl
     geraten sein mag, uns Italien friedlich zu belassen, um uns nicht zum Angriff zu reizen. Er will uns nicht in Italien leben
     lassen? Wohlan, er soll die Goten wieder, wie unter Alarich und Theoderich, im eignen Lande sehen. Einstweilen nur dies: denn
     das Geheimnis ist der Mutterschoß des Siegs: auf linnenen Flügeln, auf hölzernen Brücken dringen wir, wie in Rom, in das Herz
     des Ostreichs ein. Jetzt, Justinianus, schirm den eignen Herd!«

Sechstes Kapitel
    Geraume Zeit nachdem die Abweisung der Friedensvorschläge nach Rom gelangt war, finden wir in dem Speisegemach eines einfach,
     aber geschmackvoll gebauten und eingerichteten Hauses auf dem Forum Strategii zu Byzanz, das, nahe gelegen dem unvergleichlichen
     Küstensaum des »goldnen Horns«, den Blick über die Meerenge hin und auf die jenseitige, prachtvoll angelegte Neustadt »Justiniana«
     gewährte, zwei Männer in vertrautem Gespräch. Der Herr des Hauses war unser alter – und hoffentlich nicht unlieber – Bekannter
     Prokopius, der nunmehr in hohem Ansehen als Senator zu Byzanz lebte. Er schenkte seinem Gast eifrig ein, aber er bediente
     sich dabei der linken Hand. Der rechte Arm verlief in einen verhüllten Stumpf.
    »Ja«, sagte er, »bei jeder Bewegung mahnt mich der fehlende rechte Vorderarm an eine Torheit. Zwar ich bereue die Torheit
     nicht: ich folgte ihr abermals, und kostete es die Augen aus dem Kopf. Sie war eine Torheit des Herzens. Und Eine solche zu
     haben ist des Menschen großes Glück. Zu Frauenliebe hab’ ich’s nie recht gebracht. Meine Liebe heißt und hieß:– Belisarius!
     Ich erkenne recht gut – du brauchst nicht so höhnisch den Mundzu verziehn, Freund – ich durchschaue recht gut die Schwächen und Unvollkommenheiten meines Helden. Aber das ist gerade das
     Süße an der Herzenstorheit: sie liebt die Fehler des Geliebten mit, ja mehr als andrer Leute Vorzüge.
    Und so denn – um’s kurz zu machen – warnte ich bei dem letzten Perserkrieg den Mann mit dem Löwenmut und mit dem Kindesherzen
     wieder einmal, mit geringer Bedeckung durch einen unsichren Wald zu reiten. Bei Dara war’s. Natürlich tat er’s nun erst recht,
     der dumme, liebe Tor. Und natürlich ritt Prokopius, der kluge Tor, nun auch mit. Und es kam alles, wie ich vorausgesehen und
     gesagt. Der ganze Wald ward auf einmal lebendig von lauter Persern. Es war, als schüttelte der Wind sein dürres Laub von den
     Wipfeln. Aber alle Blätter waren Pfeile und Speere. Es ging wieder ganz wie vor dem tiburtinischen Tor. Balion, der treue
     Scheck, tat dort seinen letzten Sprung. Gespickt von Speeren brach er tot zusammen. Ich hob den Helden auf mein eigen Roß.
     Dabei hieb aber ein Perserfürst, der fast so lang war wie sein Name   – Adrastaransalanes hieß der liebe Mann – auf den Magister Militum einen Hieb, den ich in der Eile nur mit dem rechten Arm
     auffangen konnte –: denn mein Schild deckte den Feldherrn gegen einen Saracenen. Der Hieb war gut: traf er Belisars helmloses
     Haupt,– es wäre gespalten gewesen wie eine Klaffmuschel. So schnitt er mir nur den Vorderarm so haarscharf ab, als wär’ er
     nie angewachsen gewesen.«
    »Belisarius natürlich entkam, und Prokopius natürlich ward gefangen«, sagte der Gast kopfschüttelnd.
    »Beides richtig, o du Gebietiger des Scharfsinns, wie dich mein Freund Adrastaransalanes nennen würde. Aber derselbe Mann
     mit dem langen Leibe, Säbel und Namen – auf dessen Wiederholung du nicht bestehen wirst – war so gerührt von meiner ›elefantenhaften
     Großherzigkeit‹, wie er sich ausdrückte, daß er mich alsbald ohne Lösegeld freiließ: nur einen Ring, der an einem Finger meiner
     ehemaligen rechten Hand steckte, erbat er sich: zum Andenken, wie er sagte. Seitdem ist es mit den Kriegsfahrten vorbei«,
     fuhr Prokop ernster fort. »Ich erblicke aber in dem Verlust der Schreibhand auch eine Strafe. Ich habe manches unnütze oder
     nicht ganz aufrichtige Wortdamit geschrieben. Freilich: träfe gleiche Strafe alle Schriftsteller von Byzanz, es gäbe keinen zweiarmigen Menschen

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