Ein Kampf um Rom
zufallen.
Mit guten Aussichten hatten wir eines Mittags den Kaiser und den Palast verlassen. Die Audienz war günstiger ausgefallen als
alle früheren. Aber am Abend des gleichen Tages wurden wir überrascht durch den Curopalata Marcellus, welcher uns von den
Palastsklaven die üblichen Abschiedsgeschenke überreichen ließ:– das unverkennbare Zeichen des Abbruchsder Verhandlungen. Bestürzt über diese plötzliche Wendung«, fuhr Julius in seinem Bericht fort, »beschloß Cassiodorius, gleichwohl,
um des Friedenswerkes willen, das Äußerste zu wagen: nämlich, nach Überreichung der Abschiedsgeschenke, noch eine Audienz
bei dem Kaiser zu suchen. Der hochangesehne Tribonianus, von jeher ein Gegner dieses Krieges und Cassiodors verehrungsvoller
Freund, ließ sich bewegen, für uns um diese unerhörte Gnade nachzusuchen. Die Antwort war die höchst ungnädige Drohung der
Verbannung, wenn er noch einmal gegen den klar angedeuteten kaiserlichen Willen etwas erbitten werde. Nie, niemals werde der
Kaiser mit den Barbaren Frieden schließen, bis sie nicht jede Scholle des Reiches verlassen: nie werde er die Goten in Italien
anders denn als Feinde betrachten.
Vergebens bemühten wir uns«, schloß Julius seine Erzählung, »eine Ursache des plötzlichen Umschwungs zu entdecken. Nur das
erfuhren wir, daß nach unserer Mittagsaudienz die Kaiserin, welche jetzt vielfach leidend sein soll, ihren Gemahl zur Tafel
in ihre Gemächer geladen. Aber es steht fest, daß die Kaiserin, früher bekanntlich die eifrigste Schürerin des Krieges, seit
geraumer Zeit nicht mehr für den Kampf, sondern für den Frieden sprach.«
»Und was«, fragte der König, der ernst, aber eher drohend, als besorgt, der Erzählung zugehört hatte – »was verschaft mir
die Ehre einer solchen Umstimmung der Circusdirne?«
»Man flüstert: für ihr Seelenheil immer mehr besorgt, will sie alle Geldmittel nicht mehr auf den Krieg verwendet wissen,
dessen Ausgang sie kaum noch zu erleben hoft, sondern auf Kirchenbauten, zumal auf Vollendung der Sophienkirche – mit deren
Grundriß auf der Brust will sie begraben sein.«
»Wohl als mit ihrem Schild gegen den Zorn des Herrn bei der Auferstehung der Toten! Die Dirne will den lieben Gott mit den
hundert Kirchen entwaffnen und mit den bezahlten Kostenrechnungen bestechen. Welchen Wahnsinn brütet dieser Glaube aus«, sprach
finster für sich Teja.
»Und so fanden wir keinerlei Spur. Denn keine Spur darf iches nennen, was nur wie ein Schatten, obendrein vielleicht eines Irrtums Schatten, an mir vorüberhuschte.«
»Was war das?« forschte Teja aufmerksam.
»Als ich spätabends den Palast verließ, Tribonians ungünstigen Bescheid bei mir erwägend, ward eine vergoldete Sänfte der
Kaiserin von deren kappadokischen Sklaven rasch von dem Viereck der Gärten her – das ist Theodoras Palast – an mir vorübergetragen.
Der vergitterte Laden ward etwas in die Höhe geschoben von dem Getragenen – ich sah hin: und es war mir, als erkenne ich –«
»Nun?« fragte Teja.
»Meinen unsel’gen väterlichen Freund, den verschollnen Cethegus«, schloß Julius traurig.
»Schwerlich«, meinte der König. »Er ist gefallen. Es war wohl Täuschung, daß Teja in seinem Hause noch seine Stimme zu vernehmen
glaubte.«
»Ich diese Stimme mißkennen! Und sein Schwert, das Adalgoth an der Straßenecke fand?«
»Kann früher, kann bei dem Forteilen des Mannes nach dem Tiber aus seinem Hause verloren sein. Deutlich sah ich ihn dort auf
seinem Schiff die Verteidigung leiten. Der Speerwurf gegen meinen Hals war mit des Hasses bester Kunst und Kraft geführt.
Ich traf ihn, ich sah’s, mit dem zurückgeschleuderten Speer. Auch sagte mir Gunthamund, der treffliche Schütz: er sei gewiß,
ihn getroffen zu haben am Halse. Man fand am Fluß seinen purpurgesäumten Mantel, von vielen Pfeilen durchlöchert und von Blut
ganz überströmt.«
»Er ist wohl dort gestorben«, sprach Julius tiefernst.
»Seid ihr so gute Christen«, fragte Teja, »und wißt nicht, daß der Teufel unsterblich ist?«
»Mag sein«, sprach der König, »aber auch das Licht!«
Und mit drohenden Brauen fuhr er fort:
»Auf, mein tapfrer Teja, jetzt gibt es neue Arbeit für dein Schwert. Hört, Herzog Guntharis, Wisand, Grippa, Markja, Aligern,
Thorismuth, Adalgoth – bald hab’ ich vollauf zu schaffen für euch alle. Ihr habt’s gehört: Kaiser Justinian verweigert uns
den Frieden und Italiens ruhigen
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