Ein Kampf um Rom
ein breites, blitzendes Dolchmesser gerade vor sich hin streckend.
»Nieder! Nieder! heiß Eisen sonst droht!«
So rief er in persischer Sprache dem knurrenden Untier entgegen, noch einen Schritt vortretend. Da brach der Leopard in ein
winselndes Heulen der Furcht aus: die zum Sprung gekrümmten Muskeln erschlafften: winselnd kroch er, auf allen vieren sich
vorschiebend, heran und leckte, zitternd vor Furcht, dem Manne die Sandale des linken Fußes, indes ihm dieser den rechten
Fuß fest auf den Nacken setzte.
Antonina war vor Entsetzen auf die Kline gesunken: starr blickte sie jetzt auf das furchtbar schöne Bild.
»Das Tier – die Proskynese!« stammelte sie.
»Dareios hatte sie immer verweigert:– er wurde wütend, wenn Belisar sie erzwingen wollte:– wo hast du, Cethegus, das gelernt?«
»In Persien natürlich«, sagte dieser.
Und er stieß dem ganz gebrochnen Tier so heftig den Fuß in die Rippen, daß dieses, laut aufschreiend vor Schmerz, hinwegfuhr
und in der fernsten Ecke des Zimmers Schutz suchte, wo es zitternd, die Augen ängstlich auf den Mann gerichtet, liegenblieb.
»Belisarius hat nur die Burgen, nie die Sprache der Perser bemeistert«, sagte Cethegus: »diese Bestien aber verstehen nicht
griechisch. Du bist ja grimm gehütet, wenn Belisar fern ist«, fuhr er fort, den Dolch wieder in den Brustfalten bergend.
»Was führt dich in sein Haus?« fragte, noch bebend, Antonina.
»Die oft verkannte Freundschaft. Es gilt, deinen Gatten zu retten, der den Mut des Löwen, aber nicht die Geschicklichkeit
der Maus besitzt! Prokop ist leider fern. Sonst hätt’ ich diesen ihm vertrauteren Berater gesendet. Ich weiß, daß Belisar
vondem Kaiser ein schwerer Schlag droht. Es gilt, ihn abzuwenden. Des Kaisers Gunst –«
»Ist wankelhaft, ich weiß es. Aber die Verdienste Belisars –«
»Gerade diese sind sein Verderben. Einen Unbedeutenden würde Justinian nicht fürchten. Aber er fürchtet Belisarius –«
»Das haben wir oft erfahren«, seufzte Antonina.
»Wisse denn – du zuerst von allen, was niemand außerhalb des Palastes ahnt –: des Kaisers Schwanken ist seit heut entschieden
–:
für
den Gotenkrieg.«
»Endlich!« rief Antonina, und ihr Antlitz hellte sich auf.
»Ja, aber – bedenke die Schmach! –: nicht Belisar ist zum Feldherrn bestimmt.«
»Wer sonst?« fragte Antonina zornig.
»Ich bin der Eine Feldherr –«
Mißtrauisch blickte sie auf ihn.
»Ja, das war mein Streben schon lang: ich gestehe es. Aber der zweite soll Areobindos sein. Ich kann mit diesem Schattenmann
nichts anfangen. Ich kann nicht neben ihm, mit ihm, gehemmt durch seinen Unverstand, die Goten besiegen. Die Goten besiegt
niemand als Belisarius. Deshalb muß ich ihn wieder neben mir, meinetwegen über mir, als Oberfeldherrn, mit mir haben. Sieh,
Antonina, ich halte mich für den größeren Staatsmann –«
»Mein Belisar ist ein Held, kein Staatsmann«, sagte die stolze Gattin.
»Aber lächerlich wäre es, mich als Feldherrn mit dem Vandalen-, Perser- und Gotenbesieger zu vergleichen. Sieh, ich gestehe
dir ja ganz offen: nicht bloß Wohlwollen für Belisarius, auch Selbstsucht leitet mich dabei. Ich
muß
Belisar zum Waffengenossen haben.«
»Das leuchtet mir ein«, sagte sie wohlgefällig.
»Justinian ist aber nicht zu bewegen, Belisarius zu ernennen. Noch mehr: er mißtraut ihm aufs neue: und zwar mehr denn je.«
»Weshalb aber, bei allen Heiligen?«
»Belisarius ist zwar unschuldig, aber auch sehr unvorsichtig. Seit Monden erhält er heimlich Briefe, Zettel, Mahnungen zugesendet,
in den Mantel im Bade gesteckt, in den Garten geworfen,–die ihn zur Teilnahme an einer Verschwörung auffordern.«
»Himmel, du weißt davon?« stammelte Antonina.
»Leider nicht nur ich:– auch andre Leute –: der Kaiser selbst!«
»Es gilt aber nicht des Kaisers Leben oder Thron«, beschwichtigte Antonina.
»Nein, nur seiner Freiheit, seiner Selbstbestimmung: ›Krieg gegen die Goten‹ – ›Belisar Feldherr‹ – ›schmählich ist’s, den
Undankbaren dienen‹ – ›zwing den Herrn zum eignen Vorteil‹ – So und ähnlich lauteten die Zettelchen, nicht wahr? Nun, Belisar
hat zwar nicht Folge geleistet. Aber er hat auch, der Unkluge, nicht gleich den ersten Wink von diesen Aufforderungen dem
Kaiser angezeigt! – Das kann Belisars Kopf kosten!«
»O alle Heiligen!« rief Antonina händeringend, »er unterließ es auf meinen Rat, auf mein Bitten. Prokop riet
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