Ein Kampf um Rom
und was ist dein Begehr?«
»Herr, ich bin eines Bergbauern Enkelin und Kind. Ich bin erwachsen auf dem Iffaberg unter Blumen und Einsamkeit. Ich hatte
nichts Herzliebes auf Erden als einen Bruder. Der ist mir davongezogen, dich zu suchen. Und als der Großvater zu sterben kam,
schickte er mich zu dir: bei dir soll ich den Bruder, Recht und Schicksalslösung finden. Und er gab mir zur Begleitung den
alten Hunibad mit von Teriolis: aber dessen Wunden waren nicht ausgeheilt, und sie brachen bald wieder auf, und schon in Verona
blieb er liegen. Und lange Zeit hatt’ ich ihn zupflegen, bis auch er starb. Und dann zog ich ganz allein, nur mit Brun, dem treuen Hunde, quer durch all dies weite, heiße
Land, bis ich endlich Romaburg und dich gefunden.
Und gute Ordnung hältst du, Herr König, in deinem Land:– man muß dich loben. Deine Königsstraßen sind Tag und Nacht bewacht
von deinen Sajonen und Lanzenreitern. Und gar freundlich und gut waren sie mit dem einsam wandernden Kinde. Und wiesen mich
jede Nacht zu einem Hause guter Goten, wo die Hauswirtin mein pflegte. Und sie sagen ja: solchen Rechtsfrieden schirmst du
im Lande, daß man goldne Spangen auf deine Königsstraßen legen und sie nach vielen, vielen Nächten dort sicher wiederfinden
kann. Und in einer Stadt, Mantua, glaub’ ich, hieß sie, war, gerade als ich über den Marktplatz schritt, groß Gedräng, und
alles Volk lief zusammen. Und deine Sajonen führten einen Römer in ihrer Mitte zum Tode und riefen: ›Marcus Massurius muß
des Todes sterben auf König Totilas Befehl: er hatte ihn freigegeben, den Kriegsgefangnen: da raubte der Freche mit Gewalt
ein jüdisches Mädchen: König Totila hat des großen Theoderich Gesetz erneut.‹ Und sie schlugen ihm den Kopf ab auf offnem
Markt, und alles Volk erschrak vor König Totilas Gerechtigkeit. Nun, treuer Brun, hier darfst du schon rasten, hier tut mir
niemand was zuleide. Auch seinen Hals hatt’ ich, euch zu Ehren, heut mit Blumen bekränzt.«
Und sie schlug den gewaltigen Hund leise auf sein zottiges Haupt: mit einem klugen Blick trat er vor an des Königs Thron und
legte die linke Vorderpranke zutraulich auf dessen Knie. Und der König gab ihm zu trinken aus flacher, goldner Schale.
»Für goldne Treue«, sprach er, »goldnen Becher. Wer aber ist dein Bruder?«
»Ja«, sagte sie nachdenklich, »nach vielem, was mir Hunibad unterwegs und auf dem Krankenbett erzählt, glaub’ ich, daß sein
Name nicht der rechte. Aber er ist leicht zu kennen«, fuhr sie errötend fort. »Goldbraun wogt sein Gelock: und sein Auge ist
blau wie dieser lichte Stein: und seine Stimme ist hell wie die der Lerche: und wenn er Harfe schlägt, blickt er nach oben,
als sähe er den Himmel offen –«
»Adalgoth«, rief der König! – »Adalgoth!« wiederholten alle Goten.
»Ja, Adalgoth heißt er«, sprach sie.
Da flog dieser,– sein Name schlug, laut gerufen, an sein Ohr – die Stufen herauf:
»Meine Gotho!« jubelte er.
Und sie hielten sich umschlungen.
»Die gehören zusammen«, sagte Herzog Guntharis, der dem Jüngling gefolgt war.
»Wie Morgenrot und Morgensonne«, sprach Teja.
»Nun aber laß mich«, sprach das Mädchen, sich losmachend, »meinen Auftrag erfüllen: des sterbenden Großvaters Gebot. Hier,
Herr König, nimm diese Rollen und lies sie: Da soll alles Schicksal drinstehen für Adalgoth und Gotho: Vergangenheit und Zukunft,
sprach der Ahn.«
Siebzehntes Kapitel
Und der König entsiegelte die äußeren Schnüre und las:
»Dies hat geschrieben Hildegisel, des Hildemuth Sohn, den sie den Langen nennen, ehemals Priester, dermalen Burgmann zu Teriolis.
Geschrieben auf Vorsprechen des alten Iffa: und ist alles wahrhaftig aufgeschrieben. Also: Nun kommt’s.
Das Latein ist wohl oft nicht, wie es in der Kirche gesungen wird. Aber Ihr werdet’s schon verstehn, Herr König. Denn wo’s
schlecht Latein, da ist’s gut Gotisch. Also. Nun kommt’s aber wirklich.
So spricht Iffa, der Alte:
›Herr König Totila. Was in dieser hier eingewickelten Rolle geschrieben steht, ist die Niederschrift des Mannes Wargs, der
aber nicht mein Sohn war und nicht Wargs hieß – sondern Alarich hieß er und war der Balte, der verbannte Herzog von –!‹«
Ein Ruf des Staunens ging durch die Versammlung der Goten. Der König hielt inne. Herzog Guntharis aber sprach:
»Dann ist Adalgoth, der sich den Sohn des Wargs nannte,der Sohn des Balten Alarich, den er selber als
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