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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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kommen auf den Pfiff im Trabe nach.«
    Ein heftiger Krampf schüttelte Narses: seine Züge verzerrten sich. »Langbart«, sprach er, als er wieder seiner mächtig geworden,
     »ärgere mich nicht. Ärger und Schreck bringen mir das böse Schütteln. Wenn du wagst, Caprä anzugreifen, ehe mein Fußvolk ganz
     heran ist, schicke ich dich nach der Schlacht nach Hause.« –
    »Das wäre allerdings die härteste Strafe.«
    »Du, Anzalas, führst das armenische Fußvolk und du, Cethegus, das illyrische, samt deinen trefflichen isaurischen Söldnern,
     zum Sturm auf Caprä und Taginä. Ich folge mit der Masse der Makedonen und der Epiroten nach.« Abermals rüttelte den Feldherrn
     ein Schauer. »Ich fürchte, morgen kehrt das Übel stärker wieder. Du, Liberius, vertrittst dann meine Stelle, bis ich wieder
     sprechen und befehlen kann.«
    Cethegus furchte die Stirn.
    »Ich hätte dir, Präfect«, fügte Narses, dies bemerkend, bei, »die Vertretung übertragen: aber du wirst nicht müßig in Helvillum
     zusehn wollen: ich brauche dich und dein gefürchtet Schwert beim Sturm der beiden Städte.«
    »Und wenn ich dabei falle«, lächelte Cethegus, »wird des Kaisers Feldherr den Verlust überleben.«
    »Wir sind alle sterblich«, sprach Narses, »o Präfect: unsterblich sind nur wenige – nach ihrem Tod.«

Dreißigstes Kapitel
    An dem Abend desselben Tages erging sich Valeria in dem ummauerten Garten des Klosters unter Thujen und Cypressen. Sie wußte
     oder ahnte, daß die lang erwartete Schlacht morgen bevorstand. Und ihr Herz war bang.
    Sie bestieg ein Türmchen an der Ecke der Gartenmauer, zu welchem eine gewundene, schmale Marmortreppe emporführte. Von hier
     aus konnte sie das ganze Talgefilde überschauen, in welchem morgen die Entscheidung über Italiens, über ihr eignes Geschick
     fallen sollte. Im Westen, ihr gegenüber grade, weit hinter dem Clasiusflusse, versank die Sonne in blutroten Wolken. Im Norden
     lag das langgestreckte, tiefe Lager des Narses mit seinen zahllosen Zelten aus dunkeln Fellen und Häuten und geschwärztem
     grobem Segeltuch. Es zog sich unabsehbar weit, den ganzen Horizont umspannend, von Busta Gallorum im Osten bis Eugubium (das
     alte Iguvium) im Westen: es ruhte schon in schwarzen, kalten Schatten: drohend und still: wie die Notwendigkeit.
    Unmittelbar zu ihren Füßen schlossen sich die gotischen Zelte dicht hinter den kleinen Ort Taginä: die geringe Zahl erschreckte
     das Auge der Jungfrau: doch hatte ihr Totila beschwichtigend gesagt, seine Leute lägen großenteils in den Häusern von Caprä
     und Taginä. Auch diese Niederung ruhte schon im Schatten. Nur auf sie selbst, ihre weiße Gestalt, die sich von den Zinnen
     der Türme scharf abhob, auf die Höhe, wo das Kloster ragte und seine Mauern, sowie auf die noch etwas höher und östlicher
     gelegne Kapelle bei dem Grab des Numa Pompilius, die Spes bonorum, fiel noch voll und leuchtend der Widerschein der sinkenden
     Sonne.
    Lange blickte Valeria, schwerer Ahnungen voll, hinaus in die heute noch friedlich ruhende Landschaft. Welches Ansehn würde
     sie wohl morgen um diese Stunde zeigen? Wie viele Herzen, welche heute noch trotzig, freudig, heißblutig pochten, waren bis
     dahin still und kalt.– So träumte sie hinaus in den Himmel und in das Gefilde.– Sie beachtete es kaum, daß die Sonne längst
     gesunken, daß es raschdunkelte: schon brannten einzelne Wachtfeuer in beiden Lagern.
    »Wundersames Geschick«, sprach die Jungfrau zu sich selbst. »Fröhlich, fast vergessen des Gelübdes, das mich an diesen Ort
     knüpft, lebe ich jahrelang. Da ergreift mich plötzlich eine Hand aus den Wolken und führt mich, wie mit zwingender Gewalt,
     hieher, an den Ort meiner Bestimmung, nicht meiner Wahl. Und nach bangem, trübem Harren folge ich, wieder hoffend, wieder
     diesen Mauern entrinnend, dem lockenden Ruf des Freundes hinaus in die Freude, in die Welt der Glücklichen: ich vertausche
     diese Grabesstille mit dem rauschenden Brautfest in seiner Königsburg.
    Und abermals faßt mich, an der Schwelle der Ehefeier, plötzlich die Hand des Geschickes, reißt uns alle aus Freude und Jubel
     und führt mich und den Geliebten zur Entscheidung – grade hieher, an den Ort meines Verhängnisses. Ist das eine Mahnung, eine
     Vorverkündung? Soll auch den Freund, der sein Geschick an meines gebunden, hier der auf mir lastende, unheimliche Bann ergreifen?
     Kann ich ihn davon lösen, wenn ich ihm entsage? Soll er mit dafür büßen, daß

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