Ein Kampf um Rom
hassest diesen schwarzlockigen Helden.«
»Gern«, sprach dieser, »solang’ ich noch hier bin. Aber ich werde das Lager hier bald mit dem Capitol vertauschen.«
Ein seltsames, spöttisches Lächeln flog über des Archonten Antlitz, das Cethegus nicht entging. Aber er deutete es nicht richtig.
»An meinem Mute kannst du, nach deinen eignen Worten, nicht wohl zweifeln«, sagte er. »Aber es gibt für mich noch Wichtigeres,
als hier die letzten glimmenden Kohlen des Gotenkrieges auszutreten. Die verwaiste Stadt verlangt ihren Präfecten. Mich ruft
das Capitol.«
»Das Capitol!« wiederholte Johannes. »Ich dächte, Cethegus, ein frischer, schöner Heldentod ist auch was wert.«
»Ja, nachdem des Lebens Ziele erreicht sind.«
»Keiner aber von uns weiß, o Cethegus, wie nah ihm dieses Ziel gerückt ist. Aber noch Eins. Es kommt mir vor, als ob sich
bei den Barbaren Etwas vorbereite auf ihrem verfluchten Feuerberg. Von dem Hügel auf meiner Lagerseite kann man ein klein
wenig durch eine Spalte über die Lavaspitzen gucken. Dein geübtes Auge möchte ich dahin richten. Sie sollen uns doch mit ihrem
Hervorbrechen wenigstens nicht überraschen. Folge mir dorthin. Aber schweige von jenem Bund vor Narses:– er liebt das nicht
–: ich wählte die Stunde seines Bades zu diesem Besuch bei dir.«
»Ich folge«, sagte Cethegus, vollendete seine Bewaffnung und ging, nachdem er vergeblich bei der isaurischen Schildwache nach
Syphax gefragt, mit Johannes quer durch sein eignes, dann durch des Narses Mittellager und bog endlich in das äußerste rechte,
das Lager des Johannes ein.
Auf der Krone des von diesem erwähnten Hügels standen bereits mehrere Heerführer, welche eifrig über eine kleine Senkung der
Lavawälle hinweg in den hier sichtbaren schmalen Teil der gotischen Lagerungen spähten.
Nachdem Cethegus einige Zeit hinübergeblickt, rief er: »Kein Zweifel! sie räumen diesen Teil, den östlichsten, ihres Lagers:
sie fahren die ineinandergeschobnen Wagen auseinander und ziehen sie weiter nach rechts, nach Westen: das deutet auf Zusammendrängung,
vielleicht auf ein Hervorbrechen.«
»Was meinst du«, – fragte da rasch den Johannes ein junger, offenbar eben erst aus Byzanz angelangter Heerführer, den Cethegus
nicht kannte – »was meinst du? könnten die neuen Ballisten nicht von jener Felsennase aus die Barbaren erreichen? Weißt du,
des Martinus letzte Erfindung – die mein Bruder nach Rom schaffen mußte?«
»Nach Rom?«
rief Cethegus und warf einen blitzenden Blick auf den Frager und auf Johannes.
Heiße und kalte Schrecken jagten urplötzlich ihm durch Herz und Mark –: erschütternder, als da er die Nachricht von Belisars
Landung, von Totilas Erhebung, von Totilas Abschwenkung nach Rom bei Pons Padi, von Totilas Eindringen auf dem Tiber, von
Narses’ Ankunft in Italien erfahren. Ihm war, als kralle sich eine zerdrückende Hand ihm um Herz und Hirn. Scharf erkannte
er, daß Johannes mit einem grimmigen Furchen der Brauen dem jungen Frager Schweigen gewinkt.
»Nach Rom?«
wiederholte Cethegus tonlos, bald den Fremden, bald Johannes mit seinem Auge durchbohrend.
»Nun ja, freilich nach Rom!« rief endlich Johannes. »Zenon, dieser Mann ist Cethegus, der Präfect von Rom.«
Der junge Byzantiner neigte sich mit dem Ausdruck, mit welchem man etwa ein vielgenanntes Ungetüm zum ersten Mal vor sich
sieht.
»Cethegus, Zenon hier, der Archon, der bisher am Euphrates gefochten, ist erst gestern abend mit persischen Bogenschützen
aus Byzanz angekommen.«
»Und sein Bruder?« frug Cethegus, »ist
nach Rom
!«
»Mein Bruder Megas«, antwortete, nun gefaßt, der Byzantiner, »hat den Auftrag, dem Präfecten von Rom« – und hier neigte er
abermals das Haupt – »die neuerfundenen Doppelballisten für die Wälle Roms zur Verfügung zu stellen. Er hat sich lange vor
mir eingeschifft: – so glaubt’ ich ihn schon vormir eingetroffen und mit dir nach Rom abgezogen. Aber seine Fracht ist schwer. Und ich freue mich, den gewaltigsten Mann des
Abendlands, den glorreichen Verteidiger des Hadrianusgrabes, von Angesicht kennenzulernen.«
Aber Cethegus warf noch Johannes einen scharfen Blick zu und wandte sich dann, mit kurzem Abschiedsgruß an alle Versammelten,
zum Gehen. Nach einigen Schritten sah er rasch, plötzlich sich wendend, um und bemerkte, wie Johannes mit beiden Fäusten drohend
auf den geschwätzigen jungen Archonten vom Euphrat hineinschalt. Ein kalter
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