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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Pinienhain im ersten Dunkel der Nacht nach der Stadt zurück.
     Da springt aus dem Taxusgebüsch hinter mir ein Mann auf mich her, und ich fühle kaltes Eisen an meinem Halse. Aber im nächsten
     Augenblick lag der Mörder zu meinen Füßen, Totilas Schwert in der Brust.
    Nur leicht verwundet beugte ich mich zu dem Sterbenden nieder und fragte ihn, welcher Grund ihn habe zum Haß, zum Morde gegen
     mich treiben können. Er aber starrte mir ins Antlitzund hauchte: ›Nicht dich – Totila, den Goten‹ – und er zuckte und war tot. Man sah’s an Tracht und Waffen – es war ein isaurischer
     Söldner.«
    Cethegus senkte den Brief und drückte die linke Hand vor die Stirn. »Wahnsinn des Zufalls«, sagte er, »wohin konntest du führen!«
     Und er las zu Ende.
    »Totila sagte, er habe der Feinde viele am Hofe zu Ravenna. Wir zeigten den Vorfall Uliaris, dem Gotengrafen zu Neapolis,
     an. Dieser ließ die Leiche durchsuchen und Nachforschungen anstellen – ohne Erfolg. Uns beiden aber hat diese ernste Stunde
     die junge Freundschaft befestigt und mit Blut geweiht für alle Zeit. Ernster und heiliger hat sie uns verbunden. Das Siegel
     der Dioskuren, das du mir zum Abschied geschenkt, war ein freundlich Omen, das sich freundlich erfüllt hat.
    Und wenn ich mich frage, wem dank’ ich all dies Glück? Dir, dir allein, der mich in diese Stadt Neapolis gesendet, in der
     ich all mein Glück gefunden. So mögen dir es alle Götter und Göttinnen vergelten! Ach, ich sehe, dieser ganze Brief redet
     nur von mir und dieser Freundschaft – schreibe doch bald, wie es um dich steht. Vale.«
    Ein bitteres Lächeln zuckte um des Präfecten ausdrucksvollen Mund. Und wieder durchmaß er das Gemach in nur mit Mühe gehaltenen
     Schritten. Endlich blieb er stehen, das Kinn in die linke Hand stützend.
    »Wie kann ich nur so – jugendlich sein, mich zu ärgern. Es ist alles sehr natürlich, wenn auch sehr einfältig. Du bist krank,
     Julius. Warte: ich will dir ein Rezept schreiben.« Und mit einem Anflug von grausamer Freude im Ausdruck, setzte er sich auf
     den Schreib-Lectus, nahm eine Papyrosrolle aus der Bronzevase, ergriff die gnidische Schilffeder und schrieb mit der roten
     Tinte, aus einem Löwenkopf von Achat, der an dem Lectus angeschraubt war:
    »An Julius Montanus, Cethegus, der Präfect von Rom. Deine rührende Epistel aus Neapolis hat mir viel Spaß gemacht. Sie zeigt,
     daß du in der letzten Kinderkrankheit steckst. Hast du sie abgetan, wirst du ein Mann sein. Die Krisis zu beschleunigen, verschreibe
     ich dir das beste Mittel. Du suchst sogleich denPurpurhändler Valerius Procillus, meinen ältesten Gastfreund in Neapolis, auf. Er ist der reichste Kaufherr des Abendlandes,
     ein grimmiger Feind der Kaiser von Byzanz, welche ihm Vater und Brüder getötet, ein Republikaner wie Cato und schon deshalb
     mein vertrauter Freund.
    Seine Tochter Valeria Procilla aber ist die schönste Römerin unserer Zeit und eine echte Tochter der alten, der heidnischen
     Welt. Antigone oder Virginia würden sich der Freundin freuen. Sie ist nur drei Jahre jünger und folglich zehnmal reifer als
     du. Gleichwohl wird sie dir der Vater nicht versagen, erklärst du ihm, daß Cethegus für dich wirbt. Du aber wirst dich beim
     ersten Anblick sterblich in sie verlieben. Du wirst das: obgleich ich es dir vorhersage, und obgleich du weißt, daß ich es
     wünsche. In ihren Armen wirst du alle Freunde der Welt vergessen: geht die Sonne auf, erbleicht der Mond.
    Übrigens, weißt du, daß dein Kastor einer der gefährlichsten Römerfeinde ist? Und ich habe einmal einen gewissen Julius gekannt,
     der geschworen: Rom über alles. Vale.«
    Cethegus rollte den Papyros zusammen, umschnürte ihn mit den Bändern von rotem Bast, befestigte diese an der Schleife mit
     Wachs und drückte seinen Amethystring mit dem herrlichen Jupiterkopf auf dasselbe. Dann berührte er einen aus dem Marmorgetäfel
     hervorschauenden silbernen Adler – draußen an der Wand des Vestibulums schlug ein eherner Donnerkeil auf den Silberschild
     eines niedergeworfenen Titanen mit glockenhellem Ton. Der Sklave trat wieder ein:
    »Laß den Boten in meinen Thermen baden, gib ihm Speise und Wein, einen Goldsolidus und diesen Brief. Morgen mit Sonnenaufgang
     geht er damit zurück nach Neap olis.« – –

Siebentes Kapitel
    Mehrere Wochen darauf finden wir den ernsten Präfecten in einem Kreise, der sehr wenig zu seinem hohen Trachten, ja zu seinem
     Alter zu passen schien. In

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