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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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dem seltsamen Nebeneinander von Heidentum und Christentum, welches in den erstenJahrhunderten nach Constantins Bekehrung das Leben und die Sitten der Römerwelt mit grellen Widersprüchen erfüllte, spielte
     besonders die friedliche Mischung von Festen der alten und der neuen Religion eine auffallende Rolle.
    Neben den großen Feiertagen des christlichen Kirchenjahres bestanden auch noch größtenteils die fröhlichen Feste der alten
     Götter fort, wenn auch meist ihrer ursprünglichen Bedeutung, ihres religiösen Kernes beraubt. Das Volk ließ sich etwa den
     Glauben an Jupiter und Juno nehmen und die Kultushandlungen und die Opfer, aber nicht die Spiele, die Feste, die Tänze und
     Schmäuse, welche mit jenen Handlungen verbunden waren; und die Kirche war von jeher klug und tolerant genug, zu dulden, was
     sie nicht ändern konnte. So wurden ja sogar die echt heidnischen Lupercalien, mit welchen sich derber Aberglaube und wüster
     Unfug aller Art verband, erst im Jahre vierhundertsechsundneunzig und nur mit Mühe abgeschaft. Viel länger natürlich behaupteten
     sich harmlose Feste wie die Floralien, die Palilien, und zum Teil haben sich ja manche von ihnen in den Städten und Dörfern
     Italiens mit veränderter Bedeutung bis auf diese Stunde erhalten.
    So waren denn die Tage der Floralien gekommen, welche, früher auf der ganzen Halbinsel, als ein Fest besonders der fröhlichen
     Jugend, mit lauten Spielen und Tänzen gefeiert, auch in jenen Tagen noch wenigstens mit Schmaus und Gelage begangen wurden.
     Und so hatten sich denn die beiden Licinier und ihr Kreis von jungen Rittern und Patriziern an dem Hauptfesttag der Floralien
     zu einem Symposion zusammenbestellt, für welches jeder der Gäste, wie bei unsern Picknicks, seinen Beitrag in Speisen oder
     Wein zu liefern hatte.
    Die Fröhlichen versammelten sich bei dem jungen Kallistratos, einem liebenswürdigen und reichen Griechen aus Korinth, der
     sich im Genuß künstlerischer Muße zu Rom niedergelassen und nahe bei den Gärten des Sallust ein geschmackvolles Haus gebaut
     hatte, das als der Mittelpunkt heitern Lebensgenusses und feiner Bildung galt. Außer der reichen Aristokratie Roms verkehrten
     dort vornehmlich die Künstler und Gelehrten: und dann auch jene Schichten der römischen Jugend, denen überihren Rossen und Wagen und Hunden wenige Zeit und Gedanken für den Staat übrigblieb, und die daher bis jetzt dem Einfluß des
     Präfecten unzugänglich gewesen waren. Deshalb war es diesem sehr erwünscht, als ihm der junge Lucius Licinius, jetzt sein
     glühendster Anhänger, die Einladung des Korinthers überbrachte.
    »Ich weiß wohl«, sagte er schüchtern, »wir können deinem Geist nicht ebenbürtige Unterhaltung bieten, und wenn dich nicht
     die alten Kyprier und Falerner locken, welche Kallistratos spenden wird, lehnst du ab.«
    »Nein, mein Sohn, ich komme«, sagte Cethegus, »und mich locken nicht die alten Kyprier, sondern die jungen Römer.« –
    Kallistratos, der sein Hellenentum mit Stolz zur Schau trug, hatte sein Haus mitten in Rom in griechischem Stil gebaut. Und
     zwar nicht in dem des damaligen, sondern des freien, des perikleischen Griechenlands, und dies machte im Gegensatz zu der
     geschmacklosen Überladung jener Tage den Eindruck edler Einfachheit. Durch einen schmalen Gang gelangte man in das Peristyl,
     den offenen, von Säulengängen umschlossnen Hof, dessen Mittelpunkt ein plätschernder Springbrunnen in braunem Marmorbecken
     bildete. Die nach Norden offne Säulenhalle enthielt außer andern Gelassen auch den Speisesaal, welcher heute die kleine Gesellschaft
     versammelt hielt.
    Cethegus hatte sich vorbehalten, nicht schon zu der Coena, dem eigentlichen Schmause, sondern erst zu der Commissatio, dem
     darauffolgenden nächtlichen Trinkgelag, zu kommen. Und so fand er denn die Freunde in der eleganten Trinkstube, wo längst
     schon die zierlichen Bronzelampen an den schildpattgetäfelten Wänden brannten und die Gäste, mit Rosen und Eppich bekränzt,
     auf den Polstern des hufeisenförmigen Trikliniums lagerten. Eine betäubende Mischung von Weinduft und Blumenduft, von Fackelglanz
     und Farbenglanz drang ihm an der Schwelle entgegen.
    »Salve, Cethege!« rief der Wirt dem Eintretenden entgegen. »Du findest nur kleine Gesellschaft.«
    Cethegus befahl dem Sklaven, der ihm folgte, einem herrlich gewachsnen jungen Mauren, dessen schlanke Glieder durch denScharlachflor seiner leichten Tunica mehr gezeigt als verhüllt

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