Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Vieles.
    Jetzt scheint es mir, als hörte ich etwas durch das hohe Gras schleichen. Vielleicht ein Raubthier? Sollte es einen Angriff wagen?
    Ich horche. Nichts! Doch, irgend ein Thier schlüpft durch das Schilf. Ich habe keine Waffe. Ich will mich dennoch vertheidigen. Ich werde rufen. Mein Leben kann Mrs. Weldon und meinen Gefährten wohl noch von Nutzen sein.
    Ich bemühe mich, in der tiefen Finsterniß zu sehen. Kein Mond am Himmel. Die Nacht ist außerordentlich dunkel.
    Da… da glühen zwei Augen im Schatten, zwischen den Papyrus, die Augen einer Hyäne oder eines Leoparden! Sie verschwinden… kommen wieder zum Vorschein…
    Endlich… es knackt im Röhricht. Ein Thier springt auf mich zu!…
     

    Es enthält ein Billet… (S. 321.)
     
    Schon wollt’ ich einen Schrei ausstoßen, Alarm schlagen…
    Zum Glück vermochte ich mich noch zu beherrschen!
     

    Man hatte sie einfach Hungers sterben lassen. (S. 323)
     
    Noch wage ich nicht, meinen Augen zu trauen… es ist Dingo, Dingo; der bei mir ist!… Braver Dingo!… Welch’ gutes Schicksal giebt ihn mir wieder? Wie konnte er mich wieder auffinden? O, der Instinct! Sollte der Instinct wirklich solche Wunder von treuer Anhänglichkeit schon allein erklären?
    Er leckt mir die Hände. Ach, du guter Hund, jetzt mein einziger Freund! Sie haben dich also nicht getödtet!…
    Ich erwidere seine Liebkosungen. Er versteht mich. Er möchte bellen vor Freude…
    Ich beruhige ihn. Besser, es hört ihn Keiner. Möchte er der Karawane unbemerkt nachfolgen und vielleicht… Doch wie?… er reibt seinen Hals beständig an meinen Händen. Er sieht aus, als wolle er sagen: »Suche doch!«… Ich suche und finde wirklich etwas an seinem Halse… ein Stück Rohr steckt quer unter dem Halsband mit den eingravirten Buchstaben
S. V
., welche uns noch immer ein unaufgeklärtes Geheimniß blieben.
    Da… ich zog das Rohrstück hervor… ich zerbrach es. Richtig, es enthält ein Billet…
    Leider vermag ich letzteres jetzt nicht zu lesen und muß dazu erst den Tag abwarten… den Tag… ich möchte ja Dingo gern zurückbehalten, das gute Thier scheint aber, obwohl es mir immer die Hände leckt, große Eile zu haben, mich zu verlassen. Dingo weiß offenbar, daß er seinen Auftrag ausgerichtet hat. Mit einem Seitensprunge verschwindet er geräuschlos in dem Schilfe. Gott bewahre ihn vor dem Zahne der Löwen oder Hyänen!
    Der Hund kehrte unzweifelhaft zu Dem zurück, der ihn zu mir sendete.
    Dieser Zettel, den ich jetzt nicht lesen kann, brennt mir ordentlich in den Händen! Wer mag ihn geschrieben haben? Sollte er von Mrs. Weldon kommen? Oder von Herkules? Wie vermochte das treue, schon für todt gehaltene Thier die Eine oder den Anderen aufzufinden? Was werden mir diese Zeilen sagen? Deuten sie mir vielleicht einen Plan zur Entweichung an, oder bringen sie nur Nachricht von Denen, die mir theuer sind? Wie dem auch sei, die Sache erregt mich außerordentlich und hat die Empfindung meines eigenen Elendes gänzlich unterdrückt.
    O, wie lange zögert heute die Sonne!
    Ich harre dem ersten Morgenscheine am Horizont entgegen. Ich vermag kein Auge zu schließen. Noch höre ich das Brüllen der Raubthiere. Mein armer Dingo, mögest du ihnen glücklich entgehen!
    Endlich, endlich kommt der Tag, und unter dieser Tropenzone fast ohne vermittelnde Dämmerung. Ich gebe mir Mühe, unbeobachtet zu sein.
    Ich versuche zu lesen… ich kann es noch nicht.
    Jetzt, jetzt endlich war es möglich, die Schrift zu erkennen. Das Billet rührt von Herkules her.
    Es ist mit Bleistift auf ein abgerissenes Stück Papier geschrieben…
    Sein Inhalt lautet:
    »Mrs. Weldon ist mit dem kleinen Jack in einer Kitanda weggeführt worden. Harris und Negoro begleiten dieselbe. Sie sind mit dem Vetter Benedict der Karawane um drei bis vier Tagemärsche voraus. Ich fand Dingo wieder, der durch einen Flintenschuß verwundet schien, aber wieder hergestellt ist. Guten Muth, Herr Dick. Ich denke an Sie Alle und bin nur entwichen, um Ihnen mehr nützen zu können.
    Herkules.«
    Ach, Mistreß Weldon und ihr Söhnchen sind noch am Leben! Gott sei gelobt! Sie haben nicht so wie wir von den Strapazen dieser Reise zu leiden. Eine Kitanda ist, so viel ich weiß, eine mit dürrem Laube bedeckte, an langen Bambusstengeln befestigte Tragbahre, welche zwei Männer auf den Schultern tragen. Sie hat wohl auch ein Verdeck, wie ein Planwagen. Mistreß Weldon und mein kleiner Jack sitzen in einer solchen Kitanda. Was mögen Harris und

Weitere Kostenlose Bücher