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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Abkömmling weißer Race. Er hatte eben nichts Portugiesisches als seinen Namen, den er wahrscheinlich einst nur mit Rücksicht auf seine Handelsthätigkeit annahm. Er war in der That ein Neger, wohl bekannt unter der ganzen dortigen Handelswelt, und nannte sich eigentlich Kenndele. Geboren in Dondo, an den Ufern der Coanza, begann er seine Laufbahn als ein einfacher Agent für Sklavenmäkler und brachte es bis zum Händler von größtem und bestem Rufe, d.h. in der Haut eines alten Spitzbuben, der sich als den ehrlichsten Mann der Welt hinzustellen liebte.
    Derselbe Alvez war es, den Cameron im Jahre 1874 in Kliemmba, der Hauptstadt von Kassongo, traf und der ihn mit seiner Karawane bis zu den Etablissements von Bihe, eine Strecke von 700 Meilen, dahinleitete.
    Nach dem Eintreffen in Kazonnde hatte man den ganzen Sklavenzug nach dem großen Platze der Stadt geführt.
    Es war am 26. Mai. Dick Sands Berechnungen erwiesen sich demnach als richtig. Von dem am Ufer der Coanza aufgeschlagenen Lager aus hatte die Reise 38 Tage in Anspruch genommen. Fünf der entsetzlichsten Wochen, welche Menschen wohl überhaupt zu durchleben im Stande sind.
    Der Einzug in Kazonnde fand gegen Mittag statt. Die Tamboure wirbelten und die Cudu-Hörner ertönten mitten unter dem Knattern der Feuerwaffen. Die Soldaten der Karawane feuerten zum Gruße ihre Flinten in die Luft ab und die Diener Antonio Alvez’ ließen nicht auf die gleiche Antwort warten. Das ganze Raubgesindel schien über das Wiedersehen nach viermonatlicher Trennung ordentlich glücklich zu sein. Jetzt sollten sie auch ausruhen können, um durch Ausschweifung und Völlerei die verlorene Zeit wieder einzuholen.
    Die in der Mehrzahl bis auf’s Aeußerste erschöpften Gefangenen zählten noch etwa 250 Köpfe. Nachdem man sie wie eine Viehheerde vor sich her getrieben, wurden sie nun in Baracken eingepfercht, welche die Farmer Amerikas nicht einmal als Ställe benutzt hätten. Dort warteten ihrer schon 12-bis 1500 andere Sklaven, die am zweitnächsten Tage mit ihnen auf dem Markte von Kazonnde zum Verkauf gestellt werden sollten. Die Baracken füllten sich nun mit den Sklaven der Karawane bis zum Uebermaß. Die lästigen Gabelhölzer hatte man ihnen zwar abgenommen, ihre Ketten mußten sie aber auch jetzt noch weiter tragen.
     

    Gleichzeitig mit Alvez erschien sein Freund Coïmbra. (S. 332.)
     
    Die Pagazis waren auf dem Platze geblieben, nachdem sie ihre Elfenbeinlast für die Händler von Kazonnde daselbst niedergelegt hatten. Sie wurden mit einigen Yards zu möglichst hohem Preise berechneten Callicots oder anderer Stoffe abgelohnt, und zogen sich zurück, um sich einer anderen Karawane anzuschließen.

    Der alte Tom und seine Gefährten sahen sich also endlich von der Halsfessel befreit, welche sie fünf Wochen lang getragen hatten. Bat und sein Vater konnten einander doch einmal wieder in die Arme sinken. Alle drückten sich wehmüthig die Hände. Zu sprechen wagten sie kaum. Was hätten sie auch Anderes über die Lippen bringen sollen als Worte der fast hoffnungslosen Verzweiflung? Bat, Acteon und Austin, drei Männer im kräftigsten Alter, hatten den Strapazen wohl zu widerstehen vermocht; der durch Entbehrungen aller Art geschwächte alte Tom aber war am Ende seiner Kräfte. Nur wenige Tage noch, und sein Leichnam wäre, gleich dem der alten Nan, liegen geblieben als Beute für die Raubthiere des Landes.
    Sogleich nach ihrer Ankunft hatte man jene Vier in eine enge Baracke eingesperrt, deren Thür sich unmittelbar hinter ihnen schloß. Dort fanden sie einige Nahrungsmittel vor und erwarteten den Eintritt des Sklavenhändlers, dem gegenüber sie, wiewohl voraussichtlich ohne Erfolg, unter Betonung ihrer Nationalität als Amerikaner gegen ihre Vergewaltigung protestiren wollten.
    Dick Sand selbst war unter besonderer Aufsicht eines Havlidars zurückgeblieben.
    Endlich befand er sich in Kazonnde und bezweifelte keinen Augenblick, daß Mistreß Weldon, der kleine Jack, sowie Vetter Benedict schon vor ihm angelangt seien. Er hatte sie begierig gesucht auf dem Wege durch die Stadt, und die Blicke gesandt bis in’s Innere der »Tembes« an der Straße, wie über die weite, jetzt ziemlich menschenleere Tchitoka.
    Mrs. Weldon war nicht zu finden.
    »Sollte man sie doch nicht hierher gebracht haben? fragte sich Dick Sand. Aber wo wäre sie dann? Nein, Herkules wird mich nicht falsch berichtet haben. Uebrigens spielen ja hierbei Harris’ und Negoro’s heimliche Absichten

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