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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nach den Opfern. Zwanzig Sklaven waren verschwunden.
    Mit Tagesanbruch suche ich nach Tom und seinen Gefährten. Gelobt sei Gott, sie leben noch! Doch ach, soll man Gott dafür dankbar sein? Ist nicht Der glücklicher zu preisen, der all’ diesem Jammer entgangen ist?
    Tom befindet sich an der Spitze des Zuges. Als sein Sohn Bat sich einmal bückte, stellte sich die Gabel schräg und jener konnte meiner ansichtig werden.
    Die alte Nan hab’ ich vergeblich gesucht. Befindet sie sich unter dem Menschenknäuel in der Mitte, oder ist sie in jener Schreckensnacht mit umgekommen?
    Am nächsten Tag die Grenze des überschwemmten Gebietes erreicht nach vierundzwanzigstündigem Waten durch das Wasser. Auf einem Hügel Halt gemacht. Die Sonne trocknet uns nothdürftig. Es wird gegessen doch welch’ erbärmliche Nahrung! Etwas Manioc, einige Hände voll Mais! Zum Trinken nur schlammiges Wasser. Wie viele der auf der Erde hingestreckten Gefangenen werden nicht wieder aufstehen?
    Nein, unmöglich haben Mrs. Weldon und ihr Sohn solche Strapazen überstehen können! Gott wird ihnen wenigstens die eine Gnade erwiesen haben, sie auf besserem Wege nach Kazonnde führen zu lassen. Die unglückliche Mutter wäre hier zu Grunde gegangen!
    In der Karawane neue Fälle von Spitzpocken, »Ndue«, wie sie sagen. Die Kranken werden nicht weit gehen können. Wird man sie einfach ihrem Schicksale überlassen?
    – Am 9. Mai. – Mit dem Morgenrothe weiter gezogen. Keine Nachzügler. Die Peitsche des Havlidars hat Alle fortgetrieben, welche vor Anstrengung oder Krankheit erschlafften. Sklaven haben ja einen Werth. Sie entsprechen einer Münze. Die Agenten werden keinen zurücklassen, so lange er noch ein Restchen von Kraft besitzt.
    Ich bin von lebenden Skeleten umgeben. Es fehlt ihnen sogar schon die Stimme, um sich zu beklagen.
    Endlich hab ich auch die alte Nan entdeckt. Es ist ein Jammer, sie zu sehen. Das Kind, welches sie früher trug, ruht nicht mehr in ihrem Arme. Sie hat jetzt wenigstens nur für sich allein zu sorgen. Das ist doch eine Erleichterung; aber die Kette, deren Ende sie über die Schulter geworfen trägt, hängt noch an ihrem Gürtel.
    Ich verdoppelte meine Schritte und es gelang mir, mich ihr zu nähern. Es schien, als erkenne sie mich nicht wieder. Sollte ich mich so sehr verändert haben?
    »Nan!« rief ich sie an.
    Die alte, brave Dienerin starrte mich lange an; endlich sagte sie:
    »Sie, Herr Dick! Ich… ich… ich werde bald todt sein!
    – Nein, nein, nur Muth! antwortete ich, während ich die Augen niederschlug, um die Jammergestalt der Unglücklichen nicht zu sehen.
    – Todt! wiederholte sie; nun werd’ ich meine gute Herrin und meinen kleinen Jack nicht wiedersehen! Gott, ach Gott, hab’ Erbarmen mit mir!«
    Ich wollte die alte Nan unterstützen, da sie in ihren zerfetzten Kleidern vor Schwäche zitterte. Wie dankbar hätte ich es empfunden, mit ihr zusammengefesselt zu werden und die Kette mit zu tragen, deren Last seit dem Tode der Gefährtin sie allein bedrückte.
    Da stößt mich ein kräftiger Arm zurück, ein Peitschenhieb saust auf die arme Nan herab und treibt sie wieder mitten in den Haufen der Sklaven. Ich will mich auf den rohen Menschen stürzen… es erscheint der arabische Chef, er ergreift mich am Arme und hält mich zurück, bis die letzten Reihen der Karawane an uns heran kommen.
    Dann ruft er mir nur ganz kurz zu:
    »Negoro!«
    Negoro! Auf Anordnung des Portugiesen handelt er also wirklich und benimmt sich mir gegenüber anders als gegen die anderen Unglücklichen.
    Welches Schicksal mag mich noch erwarten?
    – Am 10. Mai. – An zwei brennenden Dörfern vorübergekommen. Die Hütten alle in Flammen. An den noch nicht verkohlten Bäumen hängen Leichen. Alle sonstigen Bewohner entflohen. Die Felder verwüstet. Hier hat eine Razzia stattgefunden. Zweihundert ermordet, um vielleicht ein Dutzend Sklaven zu fangen.
    Der Abend ist da. Es wird Halt gemacht. Nachtlager unter großen Bäumen. Am Waldsaume bilden hohe Gräser wirkliche Gebüsche.
    Tags vorher entwischten einige Gefangene, denen es gelungen war, ihre Gabelsessel zu zerbrechen. Man fing sie wieder ein und bestrafte sie mit unerhörter Grausamkeit. Die Havildars und die Soldaten verdoppeln ihre Wachsamkeit.
    Die Nacht sank herab. Gebrüll von Löwen und Bellen von Hyänen. In der Ferne Schnauben von Hyppopotamus. Gewiß ist ein See oder Wasserlauf in der Nähe.
    Trotz aller Ermüdung kann ich nicht schlafen. Ich denke an so

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