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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mit listig-boshaften Blicken betrachtet, rief er in schlechtem Englisch:
    »Aha, der kleine Yankee!
    – Gewiß, Yankee! antwortete Dick Sand. Was soll nun hier mit mir und meinen Gefährten werden?
    – Yankee! Yankee! Kleiner Yankee!« wiederholte Alvez.
    Hatte er die an ihn gerichtete Frage nicht verstanden oder nur nicht verstehen wollen?
    Dick Sand wiederholte auch seine Anfrage und wandte sich dabei gleichzeitig an Coïmbra, dessen Gesichtszüge, so sehr diese auch durch den Mißbrauch starker alkoholischer Getränke entstellt waren, es doch verriethen, daß er kein Eingeborner sei.
    Coïmbra begnügte sich einfach, die früher an Austin gerichtete, drohende Handbewegung zu wiederholen, gab aber keine Antwort.
    Inzwischen führte Alvez mit dem Araber Ibn Hamis ein lebhaftes Gespräch, dessen Inhalt offenbar die Angelegenheit Dick Sand’s und seiner Freunde berührte. Jedenfalls wollte man sie auch fernerhin gesondert halten, und wer konnte wissen, ob sich ihnen jemals wieder Gelegenheit bieten würde, einige Worte zu wechseln.
    »Meine lieben Freunde, begann Dick Sand halblaut, als ob er nur mit sich selbst spräche, ich erhielt durch Dingo eine Nachricht von Herkules Er ist der Karawane nachgefolgt. Harris und Negoro führten damals Mistreß Weldon, Jack und Herrn Benedict davon. Wohin? – wenn sie nicht hier in Kazonnde sind, weiß es ich dann nicht. Geduld und Muth! Haltet Euch für jeden Augenblick bereit. Gott habe endlich Erbarmen mit uns!
    – Und Nan? fragte der alte Tom.
    – Nan ist todt!
    – Die Erste!
    – Und die Letzte!….. erwiderte Dick Sand, dafür wollen wir sorgen!…«
    In diesem Augenblicke legte sich eine Hand auf seine Schulter und er hörte die, mit einem ihm wohlbekannten, freundlichen Tone gesprochenen Worte:
    »Ah, wenn ich nicht irre, mein junger Freund. Sehr erfreut, Sie wiederzusehen!«
    Dick Sand wandte sich um.
    Harris stand vor ihm.
    »Wo ist Mistreß Weldon? rief Dick Sand, dem Amerikaner näher rückend.
    – O weh, antwortete Harris, der ein ihm gänzlich fernliegendes Mitgefühl erheuchelte, die arme Mutter! Wie hätte sie es erleben können…
    – Todt! schrie Dick Sand. Und ihr Kind?
    – Das arme Baby, fuhr Harris in dem nämlichen Tone fort, mußten es solche Strapazen nicht tödten?…«
    Alles, was Dick Sand liebte, war also nicht mehr! Was geht da aber in ihm vor? Eine unwiderstehliche Erregung edlen Zornes und ein Bedürfniß nach Rache, das er um jeden Preis befriedigen mußte, erfüllen seine ganze Seele.
    Dick Sand stürzt sich auf Harris, reißt ein Jagdmesser aus dem Gürtel des Amerikaners und gräbt es ihm in’s Herz.
    »Verflucht!…« rief Harris zusammenbrechend.
    Der schändliche Verräther war todt!

Zehntes Capitel.
Ein großer Markttag.
    Dick Sand’s Bewegung war eine so schnelle gewesen, daß Niemand ihn aufzuhalten vermochte.
     

    Dick Sand reißt ein Jagdmesser heraus und gräbt es ihm in’s Herz. (S. 335.)
     
    Einige Eingeborne fielen über ihn her und hätten ihm auf der Stelle den Garaus gemacht, wenn nicht Negoro hinzugekommen wäre.
     

    Eng gefesselt ward Dick Sand in eine fensterlose Baracke eingesperrt. (S. 338.)
     
    Ein Zeichen des Portugiesen entfernte die Eingebornen, welche nun Harris’ Leichnam aufhoben und wegtrugen. Alvez und Coïmbra verlangten Dick Sand’s schnellste Hinrichtung, doch beschwichtigte sie Negoro mit der Versicherung, daß sie durch einiges Zuwarten nichts verlieren würden, und gab Befehl, den jungen Leichtmatrosen abzuführen, denselben aber nie einen Augenblick aus den Augen zu lassen.
    Endlich also sah Dick Sand Negoro wieder, zum ersten Male, seitdem sie die Küste verließen. Er wußte, daß dieser Schurke allein die Katastrophe des »Pilgrim« verschuldete. Ihn mußte sein Haß noch schwerer treffen als dessen Spießgesellen. Und doch würdigte er Negoro, nachdem er den Amerikaner niedergestoßen, auch nicht eines Wortes.
    Harris hatte gesagt, daß Mrs. Weldon und ihr Kind nicht mehr am Leben seien!…. Jetzt reizte nichts mehr sein Interesse, nicht einmal sein eigenes ihm bevorstehendes Schicksal.
    Eng gefesselt, ward Dick Sand in eine fensterlose Baracke eingesperrt, in eine Art Kerker, in welchem der Sklavenhändler Alvez die wegen Rebellion oder anderer Vergehen zum Tode verurtheilten Sklaven verwahrte. Hier war ihm jede Verbindung mit der Außenwelt abgeschnitten, ohne daß das auch nur sein Bedauern erregte. Er hatte sie ja gerächt, die er liebte und die jetzt nicht mehr waren! Welch’ Loos

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