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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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entsetzlichen Lande eben Alles möglich sei.
    »Sie haben mich verstanden? begann Negoro wieder.
    – Wer ist der Mann, von dem Sie glauben, daß er mich kaufen werde?
    – Sie kaufen oder wiederkaufen!… Ich setze das wenigstens voraus! fügte der Portugiese grinsend hinzu.
    – Der Name dieses Mannes? fragte Mrs. Weldon.
    – Ei… das ist James W. Weldon, Ihr Gatte.
    – Mein Mann! rief Mrs. Weldon, welche nicht recht gehört zu haben glaubte.
    – Er selbst, Mistreß Weldon, Ihr Mann, dem ich seine Frau und sein Kind zwar nicht zurückgeben, aber doch verkaufen will; den Vetter Benedict erhält er bei dem Handel dann als Zugabe!«
    Mrs. Weldon fragte sich, ob Negoro ihr nicht blos eine Falle stelle, doch schien es ihr, als spreche er im Ernste. Einem elenden Wicht, dem das Geld Alles ist, darf man wohl trauen, wenn es sich um ein Geschäft für ihn handelt, und hier lag ja ein solches vor.
    »Und wann gedenken Sie dieses Geschäft abzuschließen? fragte Mrs. Weldon.
    – Sobald als möglich.
    – Wo?
    – Hier auf der Stelle. James W. Weldon wird sich gewiß nicht besinnen, bis nach Kazonnde zu kommen, um seine Frau und sein Kind abzuholen.
    – Nein, er würde nicht zögern! – Doch, wer giebt ihm Nachricht?
    – Ich. Ich werde nach San Francisco gehen und Herrn Weldon aufsuchen. Das Geld zu dieser Reise fehlt mir nicht.
    – Das vom »Pilgrim« gestohlene Geld?
    – Ja, …. eben das…. und noch anderes obendrein, antwortete Negoro prahlend. Doch ich will Sie schnell verkaufen und theuer an den Mann bringen. Ich denke, James Weldon wird so einhunderttausend Dollars nicht ansehen.
    – Er wird sie nicht ansehen, wenn er sie geben kann, bestätigte Mrs. Weldon frostig. Nur wird mein Mann, wenn Sie ihm sagen, daß ich als Gefangene in Kazonnde, im Innern Afrikas zurückgehalten werde…
    – Natürlich werde ich ihm das sagen.
    – Mein Mann wird Ihnen ohne Beweise nicht glauben und nicht so unklug sein, auf Ihr bloßes Wort hin, hierher nach Kazonnde zu kommen.
    – Er wird schon kommen, entgegnete Negoro, wenn ich ihm einen von Ihnen geschriebenen Brief bringe, in dem Sie Ihre Lage schildern und mich für einen treuen Diener ausgeben, dem es gelang, den Händen dieser Wilden zu entfliehen…
    – Nie werden meine Hände diesen Brief schreiben! antwortete Mrs. Weldon bestimmt.
    – Sie schlagen es ab? rief Negoro.
    – Ja, gewiß!«
    Der Gedanke an die Gefahren, welche ihrem Gatten drohten, wenn er nach Kazonnde kam, das wenige Vertrauen, das sie in die Versprechungen Negoro’s setzen konnte, die Leichtigkeit für diesen, auch Mr. Weldon nach eingezogenem Lösegeld zurückzuhalten, alle diese Gründe wirkten zusammen, daß Mrs. Weldon, die im ersten Augenblicke nicht an ihr Kind dachte, den Vorschlag Negoro’s rundweg ablehnte.
    »Sie werden diesen Brief schreiben! begann der Portugiese noch einmal.
    – Nein! antwortete Mrs. Weldon wiederholt.
    – Ah, nehmen Sie sich in Acht! rief Negoro. Sie sind hier nicht allein! Ihr Kind ist ebenso in meiner Gewalt wie Sie selbst!«
    Mrs. Weldon wollte antworten, daß ihm das unmöglich sei. Ihr Herz schlug zum Zerspringen und die Stimme versagte ihr.
    »Mistreß Weldon, begann Negoro noch einmal, Sie werden sich mein Anerbieten überlegen. Binnen acht Tagen werden Sie mir einen Brief mit der Adresse des Herrn Weldon übergeben haben oder sie dürften es bereuen!«
    Mit diesen Worten zog der Portugiese sich zurück, ohne seiner Wuth freien Lauf zu lassen, an Allem aber zeigte es sich, daß er vor keinem Mittel zurückschrecken werde, Mrs. Weldon zum Nachgeben zu zwingen.
Vierzehntes Capitel.
Einige Nachrichten von Dr. Livingstone.
    Als sie allein war, bewegten sich Mrs. Weldon’s Gedanken nur darum, daß acht Tage vergehen sollten, bis Negoro eine endgiltige Antwort von ihr verlangte. Jetzt galt es also zu überlegen und einen Entschluß zu fassen. Um die Ehrlichkeit des Portugiesen handelte es sich bei dieser Angelegenheit ja nicht, sondern nur um sein Interesse. Der Handelswerth, den er seiner Gefangenen beimaß, gewährte dieser offenbar einen gewissen Schutz und sicherte sie wenigstens vorläufig vor jeder drohenden Gefahr. Vielleicht machte sie ein Mittel ausfindig, ihrem Gemal zurückgegeben werden zu können, ohne daß dieser sich nach Kazonnde begab. Sie wußte wohl, daß James W. Weldon auf einen Brief seiner Frau hin sofort abreisen und allen Gefahren dieser Reise durch die verrufensten Gegenden Afrikas trotzen werde. War er aber einmal in Kazonnde und hatte

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