Ein Kapitän von 15 Jahren
weniger mißhandelt, d.h. weniger besucht worden seien; die Reisenden-Epidemie gewann aber an Ausbreitung; war Kazonnde auch noch verschont geblieben, so war das doch nicht mit Cassange und Bihe der Fall, wo Alvez ja auch Factoreien besaß. Man erinnert sich wohl der Mittheilung Harri’s gegen Negoro über einen gewissen Lieutenant Cameron, der die Frechheit haben konnte, Afrika von einer Küste zur anderen zu durchreisen und von Zanzibar ausgehend es in Angola verlassen wollte.
Der Sklavenhändler hatte in der That allen Grund, zu fürchten, denn man weiß ja, daß Cameron im Süden und Stanley im Norden wenige Jahre später die noch ziemlich unbekannten Provinzen des Westens durchforschten, die fortdauernden Gräuel des Sklavenhandels an den Pranger stellten, die schändliche Mitschuld der fremden Agenten darlegten und Alle zur Verantwortung zu ziehen suchten.
Von diesen Reisen Camerons und Stanley’s konnten jetzt freilich weder Alvez noch der Mestize etwas wissen; doch was sie wußten, was sie einander mittheilten, was Mrs. Weldon hörte und was für sie ein so großes Interesse hatte, mit einem Worte, was sie veranlaßt hatte, sich den Anforderungen Negoro’s nicht sofort zu unterwerfen, das war die Nachricht, daß Doctor Livingstone binnen Kurzem nach Kazonnde kommen werde.
Die Ankunft Livingstone’s mit seinem Gefolge, das weitreichende Ansehen, das er in Afrika genoß, der Beistand der portugiesischen Behörden von Angola, der ihm nicht fehlen konnte – das zusammen konnte ja recht wohl die Befreiung Mrs. Weldon’s und der Ihrigen, gegen Negoro’s und gegen Alvez’ Willen, herbeiführen. Jetzt winkte den Gefangenen vielleicht die Rückkehr nach dem Vaterlande in nahe bevorstehender Zeit, und ohne daß James W. Weldon sein Leben erst bei einer Reise wagte, deren guter Erfolg noch nicht einmal sicher war.
Lag denn aber die Wahrscheinlichkeit nahe, daß Livingstone diesen Theil des Continents binnen Kurzem besuchen werde? Ja, denn wenn er seiner eingehaltenen Reiseroute weiter folgte, kam er bei der Durchforschung Central-Afrikas nun sicher hierher.
Die Heldenlaufbahn des Sohnes jenes kleinen Theehändlers in Blantyre, einem Dorfe der Grafschaft Lamark, ist wohl schon ziemlich bekannt. David Livingstone, als das zweite von den sechs Kindern seines Vaters am 13. März 1813 geboren, bildete sich durch theologische und medicinische Studien, absolvirte sein Noviziat in der »
London missionary Society
« und schiffte sich im Jahre 1840 nach dem Cap in der Absicht ein, im südlichen Afrika den Missionär Moffat in Kuruman aufzusuchen.
Vom Cap aus begab sich der zukünftige Reisende nach dem Lande der Bechuanas, welches er als der Erste durchforschte, kehrte nach Kuruman zurück, heiratete Moffat’s Tochter, die sich als muthige Lebensgefährtin seiner würdig zeigen sollte, im Jahre 1843, und gründete eine Mission im Thale von Mobatsa.
Vier Jahre später finden wir ihn in Kalobeng wieder, 225 Meilen nördlich von Kuruman, im Gebiete der Bechuanas.
Zwei Jahre nachher, im Jahre 1849, verließ Livingstone Kalobeng in Begleitung seiner Frau, seiner drei Kinder und zweier Freunde, MM. Oswell und Murray. Am 1. August desselben Jahres entdeckte er den Nyami-See und kam, dem Laufe des Zouga folgend, nach Kalobeng zurück.
Bei dieser Reise vermochte Livingstone, durch die Eingebornen gehindert, den Nyami nicht zu überschreiten. Ein zweiter Versuch fiel nicht glücklicher aus. Erst der dritte sollte gelingen. Wiederum schlug er mit seiner Familie und M. Oswell den Weg nach Norden ein und erreichte nach unsäglichen Mühsalen bei mangelnden Lebensmitteln und fehlendem Wasser, wodurch selbst das Leben seiner Kinder bedroht ward, längs des Chobe, eines Nebenflusses des Zambesi, hinwandernd, das Land der Makololos. In Linyanti begegnete er auch deren Häuptling Sebituane. Ende Juni 1851 wurde dann der Zambesi entdeckt und der Doctor kehrte nach dem Cap zurück, um seine Familie nach England heimzuführen.
Der unerschrockene Livingstone wollte allein sein, um sein Leben für die gefahrvollen Reisen wagen zu können, die er noch beabsichtigte.
Zuerst handelte es sich darum, vom Cap ausgehend, Afrika von Süden nach Westen schräg zu durchwandern und auf diesem Wege nach San Pablo de Loanda zu gelangen.
Mit wenigen Eingebornen reiste der Doctor am 3. Juni 1852 ab. Er erreichte zunächst Kuruman und zog längs der Wüste von Kalafari hin. Am 31. December betrat er Litubaruba und fand das Land der Bechuanas
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