Ein Kapitän von 15 Jahren
vierundzwanzig Tage lang krank darnieder. Am 21. Juli 1871 reiste er endlich nach dem Taganyika zurück und traf erst am 23. October in Ujiji wieder ein. Er war nur noch ein Skelet!
Lange vor diesem Zeitpunkte blieben alle Nachrichten von dem Reisenden aus. In Europa konnte man ihn wohl für todt halten. Er selbst gab fast jede Hoffnung auf, sein Werk durchzuführen.
Elf Tage nach seiner Ankunft in Ujiji, am 3. November, knattern Gewehrschüsse etwa eine Viertelmeile vor der Stadt. Der Doctor eilt hinaus. Ein Mann, ein Weißer, steht vor ihm.
»Doctor Livingstone, wie ich annehmen muß?
– Gewiß!« antwortete dieser, mit höflichem Lächeln die Mütze lüftend.
Die Hände der beiden Männer fanden sich.
»Ich danke Gott, nahm der Weiße wieder das Wort, daß er mir vergönnt hat, Sie aufzufinden.
– Und ich schätze mich glücklich, erwiderte dieser, gerade jetzt hier zu sein, um Sie zu empfangen.«
Jener Weiße war der Amerikaner Stanley, der Reporter des New-York Herald, den M. Bennet, der Eigenthümer des Blattes, zur Aufsuchung David Livingstone’s ausgesendet hatte.
Im October 1870 schiffte sich genannter Amerikaner ohne Zögern, ohne davon viel Aufsehen zu machen, ein Held im besten Sinne des Wortes, in Bombay nach Zanzibar ein und kam, indem er etwa der Reiseroute Speke’s und Bourton’s folgte, nach zahllosen Strapazen und unter wiederholt drohender Lebensgefahr in Ujiji an.
Die beiden Reisenden, welche schnell zu Freunden wurden, unternahmen alsbald eine Expedition nach dem nördlichen Theile des Taganyika. Sie schifften sich ein, segelten bis zum Cap Magala und kamen nach genauester Besichtigung zu der Ansicht, daß der Abfluß des großen Sees einen Nebenarm des Lualaba speise. Wenige Jahre später bestimmten dies Cameron und Stanley selbst mit voller Sicherheit. Am 12. December waren Livingstone und sein Begleiter wieder in Ujiji zurück.
Stanley bereitete sich zur Rückreise. Am 27. December kamen er und der Doctor nach achttägiger Wasserfahrt in Urimba an und gelangten am 23. Februar nach Kuihara.
Mit dem 12. März kam der Tag des Abschieds.
»Sie vollbrachten, sagte der Doctor zu seinem Gefährten, was nur wenige Menschen ausgeführt hätten, und das besser als manche große und erfahrene Reisende. Ich danke Ihnen herzlich dafür. Gott geleite Sie, mein Freund, und nehme Sie in seinen mächtigen Schutz!
– Und möge er Sie, sagte Stanley, Livingstone’s Hand ergreifend, einst frisch und gesund zurückführen, bester Doctor!«
Dann zog er seine Hand rasch zurück und wandte sich um, seine Thränen zu verbergen.
»Leben Sie wohl, Doctor, mein lieber Freund! rief er mit halb erstickter Stimme.
– Leben Sie wohl«’ wiederholte Livingstone schwach.
Am 12. Juli 1872 reiste Stanley nach Marseille ab.
Livingstone nahm seine Untersuchungen wieder auf. Am 25 August, nach fünfmonatlichem Aufenthalte in Kuihara, brach er in Begleitung seiner schwarzen Diener Souzi, Chouma und Amoda, zwei anderer Träger, ferner Jakob Wainwright’s und weiterer 56 Mann, welche Stanley geschickt hatte, nach dem Süden des Taganyika auf.
Einen Monat später erreichte die Karawane unter heftigen, durch außergewöhnliche Trockenheit erzeugten Gewittern die Stadt M’oura. Immer strömte der Regen herab, murrten die Eingebornen, und unter den Stichen der Tetses erlagen die meisten Saumthiere. Am 24 Januar 1873 war die kleine Truppe in Tchitunkue. Am 27. April wandte sie sich, nach Umschreitung des Bangueolo-Sees, nach dem Dorfe Tchitambo.
Das war der Ort, wo mehrere Sklavenhändler Livingstone verlassen hatten. Von ihnen erfuhren dann Alvez und sein College aus Ujiji etwa Folgendes: Man war allgemein sehr ernstlich besorgt, daß der Doctor nach Erforschung des südlichen Theiles des Sees sich nach Loanda begeben und die Gegenden besuchen würde, wo der Sklavenhandel seinen Hauptsitz hat. Dabei sollte er nach Kazonnde kommen, wohin ihn der Weg ganz naturgemäß führte, und nur zu wahrscheinlich folgte er auch dieser Route.
Auf die bald bevorstehende Ankunft des berühmten Reisenden konnte Mrs. Weldon um so mehr rechnen, als er nun schon vor zwei Monaten den südlichen Theil des Bangueolo erreicht haben mußte.
Da verbreitete sich am 13. Juni, am Tage bevor Mrs. Weldon Negoro den Brief übergeben sollte, der hunderttausend Dollars in dessen Hände lieferte, unerwartet eine traurige Nachricht, über welche sich freilich Alvez und die anderen Händler nur freuen konnten.
Mit dem Morgenrothe des 1. Mai
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