Ein Kater in geheimer Mission - Winston: [1]
nicht, was für ein schönes Hobby eure neue Freundin hat? Hat sie nicht von unserem kleinen Ausflug zu TK Moritz erzählt?« Leonie schnaubt die letzten Worte fast. Emilia steht neben ihr und grinst doof.
»Ich … äh …«, will ich mich stammelnd verteidigen, doch Leonie macht einfach weiter.
»Geklaut hat sie da. Und erwischt worden ist sie auch noch. Voll peinlich, die Nummer. Ich dachte, ich sehe nicht richtig, als sie einfach das T-Shirt eingesteckt hat.«
Tom und Pauli starren erst mich an, dann wandert ihr Blick zu Leonie.
»Tja, da seid ihr platt, was? Na ja, ich dachte, es sei wichtig, dass ihr mal davon erfahrt. Man will doch wissen, mit wem man es so zu tun hat, nicht wahr?«
Heiliger Kratzbaum, ich würde am liebsten vor Scham im Boden versinken. Oder mich in einer Ölsardinendose verkriechen, wenn ich denn eine zur Hand hätte. Blut schießt mir in die Wangen. Ich bin bestimmt schon ganz rot im Gesicht.
»Also, Leonie«, beginnt Tom ganz langsam und mir graut schon davor, was jetzt kommt, »ich weiß überhaupt nicht, was du hier für ein Fass aufmachst. Natürlich hat uns Kira davon erzählt. Schließlich sind wir Freunde!«
Hä? Ich traue meinen Ohren nicht! Und auch Leonie sieht völlig verdattert und außerdem ziemlich enttäuscht aus. Jetzt gähnt Tom sogar, als wäre die Geschichte von mir und dem T-Shirt so ziemlich das Langweiligste, was er jemals gehört hat. Nun mischt sich Pauli ein.
»Tom hat recht. Kira hat uns sofort alles erzählt. Gewundert hat es mich allerdings überhaupt nicht. Schließlich war sie mit euch da. Und was man so hört, lasst ihr ganz gern mal was mitgehen. Wahrscheinlich war das sowieso eure Idee. Kennt man ja von euch.«
Leonie macht den Mund erst auf, als wolle sie antworten, macht ihn dann aber ohne ein Wort wieder zu. Eine sprachlose Leonie: eigentlich ein ganz schöner Anblick.
In der Mittagspause sitzen wir endlich ohne Leonie und Emilia zusammen. Eine gute Gelegenheit, Pauli und Tom noch einmal auf die Sache mit dem T-Shirt anzusprechen – schließlich ist mir die Geschichte immer noch richtig peinlich!
»Also, wegen eben – das würde ich euch gern erklären. Es ist nämlich nicht so, als würde ich ständig klauen. Im Gegenteil. Aber …«
Weiter komme ich nicht, denn Tom legt seine Hand auf meine und schaut mich ernst an.
»Kira, du musst das nicht erklären. Jeder baut mal Mist. Ich, du und natürlich auch Pauli. Aber eine Sache ist unter Freunden wichtig: dass man sich vertraut. Und dass man dem anderen erzählt, wenn man was vergeigt hat oder wenn einen was bedrückt. Verstehst du? Wahrheit ist wichtig unter Freunden!«
Ich nickte langsam. Obwohl ich als Kater so gut wie keine Erfahrung mit Freundschaft habe, erscheint mir das einleuchtend. Es ist ja auch schwierig, eng befreundet zu sein, wenn man Geheimnisse vor dem anderen hat. Leider ist es für mich unmöglich, hier gleich alle Geheimnisse auf den Tisch zu packen. Ich seufze schwer.
»Gibt’s noch etwas, das du gern erzählen würdest?« Pauli ist wirklich schlau und hat sofort gemerkt, dass mir noch etwas auf der Seele liegt. Aber ich kann den beiden unmöglich erzählen, dass ich in Wirklichkeit Winston bin. Die würden mich für komplett durchgeknallt halten! Ich schüttle also den Kopf und murmele etwas, das wie nein, nein klingt. Tom mustert mich.
»Kira, irgendetwas hast du! Was ist los? Nun sag schon!«
Miau, es ist doch zum Schnurrbarthaareausreißen! Was soll ich bloß machen? Soll ich vielleicht doch …? Ich gebe mir einen Ruck und beschließe, Tom und Pauli einzuweihen.
»Ich habe tatsächlich etwas auf dem Herzen. Allerdings ist die Geschichte ziemlich unglaublich und ihr müsst mir versprechen, dass ihr mich nicht für verrückt erklärt.«
Tom und Pauli heben gleichzeitig eine Hand in die Luft, was ziemlich lustig aussieht. Dann rufen sie mit feierlicher Stimme wie im Chor:
»Großes Indianerehrenwort!«
Dann mal los!
»Ähm, was würdet ihr sagen, wenn ich euch erzähle, dass ich in Wirklichkeit gar nicht ich bin? Sondern jemand anderes?«
Die beiden gucken ratlos. Tom räuspert sich.
»Du meinst, du bist gar nicht Kira Kovalenko?«
»Ja. Äh, ich meine, nein. Also, doch, schon irgendwie. Aber andererseits auch nicht.« Himmel, das ist ja völlig wirr! So kriege ich das nie vernünftig erklärt. Ich setze noch mal zu einem Versuch an. »Was ich meine, ist Folgendes: Äußerlich bin ich schon Kira Kovalenko. Aber innerlich, innerlich bin ich kein Mädchen,
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