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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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umhauen wird«, sagte sie.
    »Du bist eine Reiseführerin ganz nach meinem Geschmack, Dawny Sole«, sagte er und verneigte sich leicht vor ihr.
    Sie fütterten die hungrigen Enten und besichtigten dann die entzückende alte Hoppleton Hall mit ihrer umfangreichen Militaria-Sammlung, und Dawn ließ ihrer Fantasie freien Lauf und stellte sich vor, sie wären ein Paar auf einem seiner vielen Ausflüge. Wie Ben und Raychel. Calum ließ sich nie zu einem Ausflug überreden, es sei denn in den Pub oder manchmal, wenn seine Kumpel ihn mitnahmen, ins Fußballstadion. Selbst als sie letztes Jahr ans Meer gefahren waren, hatte er jeden Nachmittag im Biergarten gesessen und gesagt, es sei viel zu heiß, um durch die Gegend zu laufen. Und der Sand langweile ihn. Er hatte sie angesehen, als sei sie von allen guten Geistern verlassen, als sie vorgeschlagen hatte, die Schuhe auszuziehen und durch das seichte Wasser zu waten.
    Bis zur Küste war es nur eine gute Stunde. Cleethorpes war kein allzu belebter Ort am Meer, aber dort gab es Sonne und Meer und Sand – ein paar der Dinge, die Dawn gern mit Al teilen wollte. Sie hatte schon immer am Meer oder wenigstens in der Nähe von Wasser leben wollen. Al lebte an einem so großen See, dass es dort wie am Meer sei, sagte er, und Dawn seufzte auf. Wieder einmal. Sie seufzte oft in seiner Gegenwart. Sie plauderten und spielten auf der ganzen Fahrt alberne Spiele wie »Lieblingsdinge vergleichen« und »Wer entdeckt als Erster …«, während sie über Straßen fuhren, die für einen solch herrlichen Tag – und erst recht für ein langes Wochenende – erstaunlich frei waren. In Cleethorpes selbst herrschte viel Trubel, aber sie fanden einen guten Parkplatz, als eine Familie mit einem schreienden Kleinkind eben abfuhr.
    Dawn steuerte sofort auf den nächstbesten Souvenirladen zu und kaufte zwei Küss-mich-schnell-Hüte.
    »Es ist verboten, ohne einen solchen Hut am Strand zu sein«, sagte sie und zerrte Al dann zu seiner ersten Kostprobe englischer Fish and Chips, kräftig mit Salz und Essig gewürzt, und sie aßen sie gleich aus dem Papier, während sie auf einer Bank saßen und aufs Meer hinaussahen, auf Kinder mit Eimern und Spaten, Esel mit bimmelnden Glöckchen und Jugendliche, die mit knappen Bikinis, lässigen Shorts und Volleybällen voreinander angaben.
    »Ich liebe das Wasser«, sagte Al, während er die Hälfte von Dawns Fisch aufaß, die sie nicht mehr schaffte. »Der See, an dem ich lebe, ist voller Fische. Warst du schon mal fischen, Dawny?«
    »Mein Dad ist oft mit mir fischen gegangen.« Dawn gab sich einer Erinnerung hin, die so wohltuend wie ein Paar alte Pantoffeln war.
    »Hat deine Mom je wieder geheiratet?«, fragte Al, während er sich die Finger ableckte.
    »Mum und Dad sind zusammen ums Leben gekommen. Ein Autounfall. Irgendein jugendlicher Raser.« Sie schüttelte den Kopf, während sie an die »Strafe« gemeinnütziger Arbeit dachte, zu der dieser gefährliche kleine Teenager »verurteilt« worden war, nachdem er das Leben dreier Menschen zerstört hatte. Er war mit einer ach so reumütigen Miene und einer theatralischen Halskrause vor Gericht erschienen. Die Miene hatte er abgelegt, sobald er das Gericht mit seinen jubelnden Kumpels verließ.
    »Es tut mir so leid«, sagte Al. »Das habe ich nicht gewusst.«
    »Sie sind nebeneinander begraben. Dad mit seiner Gitarre, und Mum mit ihrem Klavier.« Dawn lächelte liebevoll und traurig zugleich. »Das war natürlich ein Witz. Obwohl, das war das Einzige, was nicht in ihrem Sarg war. Er sah aus wie ein Kofferraumverkauf, mit den ganzen Blumen und Musiksachen und Gedichten und dem Zeug, das ihre ganzen Musikerfreunde dazugelegt hatten.«
    »Wie alt warst du damals?«
    »Siebzehn.«
    »Das ist jung.«
    »Jedes Alter ist zu jung, um Leute wie sie zu verlieren.« Dawn spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten, und sie schüttelte leicht den Kopf, um sie zurückzudrängen.
    »Komm, lass uns an den Strand gehen.« Al knüllte die leeren Fish and Chips-Papiere zusammen und schleuderte sie zielsicher in den nächstbesten Abfalleimer. Er nahm Dawns Hand und zog sie über die Stufen auf den Sand. Er hielt ihre Hand nur, solange sie auf diesen sechs Stufen waren, aber die Wirkung auf Dawn war dennoch verheerend. Es wirbelte alles durcheinander, was sie jetzt tat und was sie Ende Juni tun würde. Es weckte in jedem Körperteil von ihr Gefühle, die sie nicht haben sollte, Gefühle, die sie für den Mann, den sie heiraten

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